Dorwort. Der nachſtehende Bericht über die Entwickelung der Gemeindeangelegenheiten im Verwaltungsjahre 1900 (vom 1. April 1900 bis 31. März 1901) iſt wiederum im Statiſtiſchen Amt bearbeitet worden. Dasſelbe war bemüht, auch die weſentlichen Vorgänge auf den der ſtädtiſchen Verwaltung nicht unterliegenden Gebieten zur Darſtellung zu bringen, nicht nur wegen des natürlichen Zuſammenhangs aller die Bürgerſchaft berührenden Angelegenheiten, ſondern auch weil die beſondere Lage der Stadt Charlottenburg in der unmittelbaren Nachbarſchaft von Berlin und von größeren Vororten eigenartige Verhältniſſe mit ſich bringt, welche ſich nur zum Theil durch die einſeitige Würdigung der ſtädtiſchen Verwaltungs⸗ thätigkeit würden darſtellen laſſen. Während z. B. auf dem Gebiete der Kanaliſation die wechſelſeitigen Beziehungen der Nachbargemeinden Gegenſtand der Fürſorge des Magiſtrats ſind, iſt die Waſſerverſorgung privater Thätigkeit vorbehalten; bei den Bildungsanſtalten iſt ein Theil ſtädtiſchen, ein anderer Theil ſtaatlichen Urſprungs, und überdies dienen dieſe Anſtalten keineswegs alle ſpeziell der Charlottenburger Einwohnerſchaft. Auf anderen Gebieten ſind überhaupt die Gemeindegrenzen verwiſcht worden. Dies trifft vor allem für die Poſtverwaltung zu, und es iſt in dem Berichte dargethan worden, wie durch die willkürliche Abgrenzung der Poſt⸗ bezirke eine irrige Vorſtellung von der geographiſchen Grenze der Stadt innerhalb und außerhalb verbreitet wird. Wenn von den Einwohnern unſerer Stadt erwartet werden muß, daß ſie ſich gemäß der Städteordnung und der Geſetzgebung überhaupt als Bürger der Stadt bethätigen, in welcher ſie ihren Wohnſitz gewählt und ihre ſtaatsbürgerlichen Rechte und Pflichten zu erfüllen haben, ſo fällt es auf, wenn ſtaatliche Einrichtungen (poſtaliſche, forenſiſche, kirchliche) dem geradezu entgegenwirken. Dies läßt ſich zum Theil nur hiſtoriſch erklären aus einer Zeit, in welcher Charlottenburg noch unbedeutend, die Nachbarſchaft von Berlin noch wenig debaut war, und man die Eingemeindung ſämmtlicher Vororte nach Berlin für ſelbſtver⸗ ſtändlich hielt. Rachdem indeſſen die Entwickelung dieſer Verhältniſſe einen ganz anderen Gang genommen hat, wird es Pflicht, auch für Charlottenburg überall diejenige Berückſichtigung zu beanſpruchen, welche anderen Großſtädten von ſelber zukommt. Den Bemühungen des Magiſtrats in dieſer Richtung, unterſtützt und veranlaßt zum Theil durch entſprechende Arbeiten und Anregungen aus der Bürgerſchaft, insbeſondere des neu entſtandenen Vereins für Handel und Induſtrie, iſt es u. A. gelungen, der Stadt eine beſondere Reichsbanknebenſtelle zu beſchaffen, Erleichterungen in der Zoll⸗ und Güterabfertigung auf dem Gebiet der zollamt⸗ lichen Organiſation und die ausdrückliche Bezeichnung des Charlottenburger Güterbahnhofs als ſolchen durchzuſetzen. In anderer Beziehung freilich, ſo bei dem Beſtreben die Gemeinde⸗ grenzen als gegebene Grundlage der Gerichtsorganiſation beachtet zu ſehen, und der Stadt das bisherige Handelsregiſter und die hiermit im Zuſammenhang ſtehenden Einrichtungen zu erhalten, hatten die Bemühungen bisher leider keinen vollen Erfolg; zur Geltendmachung der nöthigen Rückſichtnahme auf die Stadt Charlottenburg bei der geplanten Neuorganiſation des Oberpräſidiums Berlin iſt das Nöthige gethan und hierüber im vorliegenden Bericht Näheres mitgetheilt worden. Auch für die im Entſtehen begriffene Berliner Handelskammer iſt die Herbeiführung einer beſonderen Vertretung innerhalb dieſer Kammer für Charlotten⸗ burg verlangt worden, und es wird ſchließlich auch dringender Vorſtellungen wegen der Ab⸗ änderung der poſtaliſchen Eintheilung und Beſeitigung der daraus reſultirenden unmittelbaren und mittelbaren Nachtheile bedürfen. Allerdings iſt bei alledem nicht außer Acht zu laſſen, daß Charlottenburg nur ein Glied des großen Körpers bildet, welcher zuſammen mit Berlin und den um Berlin ge⸗ lagerten Städten und Gemeinweſen wirthſchaftliche und ſoziale Aufgaben zu erfüllen hat, zu deren Verwirklichung ein gleichmäßiger Zuſammenſchluß aller Kräfte erforderlich iſt; aber es kann dem Ganzen nur zu Gute kommen, wenn die Theile kräftig ſind und ſich zu der⸗ jenigen Selbſtſtändigkeit entwickeln, welche ihrer eigenen Bedeutung entſpricht. Charlottenburg, den 12. November 1901. Der Magiſtrat. Schuſtehrus. Matting.