103 — auf die Erhöhung der Wohnungsmiethen und die Steigerung der Lebensmittel⸗Preiſe ſeit dem 1. Januar 1901 zu einer Erhöhung der regelmäßigen Pflegegeldſätze geführt. Zur Zeit werden für Kinder unter einem Jahre 18 ℳ, für Kinder von 1—5 Jahren 15 ℳY und für Kinder über 6 Jahre 12 ℳ monatliche Pflegegelder gewährt. Um einen Theil der in die ſtädtiſche Pflege kommenden Kinder in geſundere Verhältniſſe zu verſetzen und dem nachtheiligen Einfluſſe der Großſtadt zu entziehen, iſt mit dem evangeliſchen Verein für Waiſenpflege in der Provinz Poſen im Berichtsjahre ein Abkommen dahin getroffen worden, daß verſuchsweiſe einzelne Kinder ſeiner Fürſorge überwieſen werden. Die Kinder werden von dem Verein, ſoweit ſie nicht in dem Waiſenhaus Neu⸗Zedlitz verbleiben, in ſorgfältig geprüften ländlichen Pflegeſtellen untergebracht und durch ſeine Organe dauernd überwacht. Der Verein erhält für jedes in Pflege genommene Kind jährlich 160 ℳs, von denen mindeſtens 60 ℳ zinstragend für das Kind angelegt und ſpäter nach dem Ausſcheiden aus der Pflege zu ſeinem beſſeren Fortkommen verwendet werden. Einer Anregung des Land⸗ armenverbandes der Provinz Brandenburg folgend, baben die ſtädtiſchen Körperſchaften übrigens beſchloſſen, auch bei den übrigen ſtädtiſchen Pflegekindern die von Angehörigen oder aus ſonſtigen Titeln für ſie gezahlten Pflegegeldbeiträge bis zur Höhe von 300 ℳ. für jedes Kind zinstragend als Sparanlage für die Kinder anzulegen. Die Organiſation der Armen⸗ und Waiſenpflege hat im abgelaufenen Jahre Aenderungen nicht erfahren. Auch eine Vermehrung der Zahl der Armen-⸗Kommiſſionen und der Armenpfleger, ſowie der Waiſenräthe und Waiſenpflegerinnen iſt trotz der erhöbten An⸗ forderungen an ihre Thätigkeit im Berichtsjahre nicht erfolgt. Nach Abſchluß des Jahres hat jedoch in Folge der Neu⸗Eintheilung der Stadtbezirke eine Umgeſtaltung der bisherigen Armen⸗Kommiſſions⸗ und Waiſenraths-Bezirke und gleichzeitig eine Vermehrung der Zahl der Armen⸗Kommiſſionen von 23 auf 32 und der Armenpfleger von 203 auf 319, ſowie der Waiſenraths⸗Bezirke von 31 auf 52 ſtattgefunden. Die neue Eintheilung iſt erſt mit dem 1. Oktober 1901 in Kraft getreten. Die zum Theil veraltete Geſchäftsanweiſung für die Armen⸗Kommiſſionen iſt im Laufe des Berichtsjahres neu bearbeitet und in der neuen Faſſung am 1. April 1901 ein⸗ geführt worden. Für die Waiſenpflege hat eine Neubearbeitung der Geſchäftsordnung erſt nach Abſchluß des Berichtsjahres ſtattgefunden. Der Fürſorge für Trunkſüchtige iſt von der Armenverwaltung ſeit dem abgelaufenen Jahre eine erhöhte Aufmerkſamkeit gewidmet worden. Die Armen⸗Kommiſſionen, ſowie die Stadtärzte ſind veranlaßt worden, den ihnen bekannt werdenden Fällen von Trunkſucht be⸗ ſondere Aufmerkſamkeit zu widmen, um in geeigneten Fällen Trunkſüchtige in Trinkerheil⸗ ſtätten überführen zu können. Der äußere Anlaß dazu iſt in erſter Linie durch die Er⸗ öffnung der von dem Berliner Bezirksverein gegen den Mißbrauch geiſtiger Getränke errichteten Trinkerheilſtätte „Waldfrieden“ bei Fürſtenwalde gegeben worden. Nähere Mittheilungen müſſen dem nächſten Jahresbericht vorbehalten werden. Die ſchon früher angeſtrebte Herbeiführung einer engeren Verbindung zwiſchen den einzelnen in Charlottenburg beſtehenden Wohlthätigkeitsvereinen unter ſich und mit der öffentlichen Armenpflege iſt in dem Berichtsjahre zur That geworden. Nahezu ſämmtliche in Charlottenburg befindliche Wohlthätigkeits⸗Vereine ſind auf Anregung der Armen⸗ verwaltung zu einer „Vereinigung der Wohlthätigkeits⸗Beſtrebungen“ zuſammengetreten, die ihre Thätigkeit am 1. Januar 1901 begonnen hat. Der Vereinigung, deren Satzungen unter den Anlagen mit abgedruckt werden, haben ſich bei ihrer Begründung nur 3 von denen, ſoweit ermittelt, in Charlottenburg überhaupt beſtehenden Wohlthätigkeits⸗Vereinen nicht angeſchloſſen. Inzwiſchen ſind 2 weitere Vereine hinzugetreten, ſodaß zur Zeit nur die Armenpflege der Kaiſer Wilhelm⸗Gedächtnißkirche in der Vereinigung nicht vertreten iſt. Die Geſchäftsſtelle der Vereinigung befindet ſich zur Zeit in den ihr von der Stadt über⸗ laſſenen Räumen Krumme⸗Straße 89 und iſt von 9—3 geöffnet. Allmonatlich finden regel⸗ mäßige Zuſammenkünfte der Vertreter der betheiligten Vereinigungen und ſonſtigen Organi⸗ ſationen ſtatt, in denen die inzwiſchen gemeldeten Fälle beſprochen werden. An den Sitzungen nehmen auch die Vorſteher der Armen⸗Kommiſſionen, aus denen Fälle zur Be⸗ ſprechung kommen ſollen, theil. Die Geſchäftsſtelle hat daneben ein vollſtändiges Karten⸗ Regiſter über alle bekannt werdenden Unterſtützungs⸗Fälle angelegt, in das die Eintragungen auf Grund der Mittheilungen der Auskunſtsſtelle der Armen⸗Direktion, der von den einzelnen Vereinen gemachten Meldungen, ſowie der bei den monatlichen Beſprechungen und ſonſt bekannt werdenden Thatſachen erfolgen. Das Kartenregiſter giebt ſchon jetzt über etwa 2500 Perſonen und Familien Auskunft. Das am 1. April in Kraft getretene Geſetz über die Fürſorgeerziehung Minder⸗ jähriger hat den Anlaß zur Herausgabe einer Sondernummer der amtlichen Nachrichten gegeben, in der die Organe der Armen⸗ und Waiſenpflege unter Mittheilung und Er⸗ läuterung des Geſetzes und der Ausführungsbeſtimmungen auf die Bedeutung des neuen Geſetzes hingewieſen und zur eifrigen Mitarbeit aufgefordert worden ſind. Das Beſtreben, eine erweiterte Fürſorge für die heranwachſende Jugend eintreten zu laſſen, hat im ab⸗ gelaufenen Jahre zu der Begründung eines „freiwilligen Erziehungs⸗Beiraths der öffentlichen Waiſenpflege“ im engſten Anſchluß an deren Thätigkeit geführt. Die Satzungen ſind gleichfalls unter den Anlagen abgedruckt. Da erfahrungsmäßig für einen