— 208 — ebenſo ſind ſie ſicherlich in der Lage, auch die Einrichtungen für die zur Zeit noch provinziellen Aufgaben der Irrenpflege, die Zwangserziehung u. ſ. w. zu treffen, dies um ſo mehr, als es ſich dabei um Anlagen handelt, die keineswegs beſonders umfangreich ſein werden. Zu. 2. Da die Provinz auf die dauernde Theilnahme der 3 Stadtkreiſe an ihren Einrichtungen gerechnet haben mag, ſo würden dieſelben bei einem plötzlichen Ausſcheiden der 3 Stadtkreiſe allerdings zunächſt, wenn auch nicht auf lange Zeit hinaus, nicht völlig ausgenutzt werden Einer Schädigung der Provinz kann nun dadurch vorgebeugt werden, daß entweder die 3 Stadtkreiſe durch Verträge vereinbaren, gegen Bezahlung die Anſtalten nach Maßgabe des verfügbaren Platzes auf eine beſtimmte Reihe von Jahren mitzubenutzen, oder daß dieſelben verpflichtet werden, der Provinz eine laufende oder einmalige Abfindung zu gewähren. Wir erkennen ohne Weiteres an, daß die 3 Stadtkreiſe nicht den Anſpruch erheben können, ohne Abfindung an die Provinz aus derſelben ausſcheiden zu können. Die Feſtſtellung der Abfindung macht keine Schwierigkeiten. Andere Gründe für das Verbleiben der 3 Stadtkreiſe bei dem Kommunalverbande der Provinz Brandenburg ſind nicht angeführt. Mit Rückſicht alſo darauf, daß durch den Geſetzentwurf ein Rechtszuſtand geſchaffen werden würde, der als unhaltbar allſeits anerkannt iſt, bitten wir, in das Geſetz Be⸗ ſtimmungen aufnehmen zu wollen, welche es den 3 Stadtkreiſen, mindeſtens aber dem Stadtkreiſe Charlottenburg ermöglichen, aus der Provinz Brandenburg auszuſcheiden. Da wir nicht berufen ſind, für die Stadtkreiſe Schöneberg und Rixdorf Anträge zu ſtellen, ſo müſſen wir es uns verſagen, die Verhältniſſe dieſer Gemeinden zu erörtern und uns vielmehr darauf beſchränken, für die Intereſſen des Stadtkreiſes Charlottenburg einzutreten. Es wird nicht in Zweifel gezogen werden können, daß der Stadttreis Charlotten⸗ burg leiſtungsfähig iſt, und daß es für denſelben zur Erfüllung der bisher der Provinz Brandenburg obliegenden Aufgaben nicht der Bildung eines weiteren Kommunalverbandes Berlin bedarf. Wie bereits hervorgehoben, verkennen wir nicht, daß das Ausſcheiden des Stadtkreiſes Charlottenburg aus dem Kommunalverbande der Provinz Brandenburg eine Auseinanderſetzung mit der Provinz zur Vorausſetzung hat. Für die Zwecke der Aus⸗ einanderſetzung dürfte es ſich empfehlen, eine dem § 4 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 nachgebildete Beſtimmung in das Geſetz aufzunehmen. In ähnlichen Fällen werden für das Auseinanderſetzungsverfahren regelmäßig 2 Inſtanzen vorgeſehen, eine vorbereitende Beſchlußbehörde und eine richterliche Entſcheidungsbehörde. Da hier an der Auseinander⸗ ſetzung eine Provinz betheiligt iſt, wird davon abgeſehen werden müſſen, den für den Fall des Ausſcheidens einer Stadt aus einem Kreiſe vorgeſehenen Bezirksausſchuß als Beſchluß⸗ behörde vorzuſehen, es dürfte vielmehr als eine höherſtehende Behörde der Oberpräſident hierfür in Ausſicht zu nehmen ſein. Da der Oberpräſident von Brandenburg, wenn auch nur mittelbar, Partei iſt, müßte in dieſem Fall der Oberpräſident von Berlin die erſte Inſtanz bilden. Die Anrufung des Oberverwaltungsgerichts als zweite Inſtanz unter Wahrung der üblichen Friſt rechtfertigt ſich danach analog. Eine Reihe geſetzlicher Beſtimmungen hat die Zugehörigkeit der Stadtkreiſe zu einer Provinz zur Vorausſetzung, es wird daher für den Fall des Ausſcheidens Char⸗ lottenburgs aus der Provinz dafür Vorſorge zu treffen ſein, welche Regelung dann Platz zu greifen hat. Dies wird einer Königlichen Verordnung überlaſſen werden können. Sollte zur Zeit das Ausſcheiden allein des Stadtkreiſes Charlottenburg aus dem Kommunalverbande der Provinz Brandenburg für angängig gehalten werden, ſo dürfte es doch angezeigt ſein, auf die Vildung eines neuen, Charlottenburg mitumfaſſenden großen Kommunalverbandes hinzuweiſen. Es iſt ſchon jetzt vorher zu ſehen, daß in der Zukunft die Bildung eines einer Provinz ähnlich zu geſtaltenden Kommunalverbandes von Berlin und Umgebung nicht zu entbehren ſein wird. Aus dem Grundgedanken des Geſetzentwurfes ergiebt ſich das von ſelbſt. Die Bildung eines ſolchen Kommunalverbandes iſt übrigens nichts Neues, ſie war vielmehr bereits im § 2 Abſatz 2 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 vorgeſehen. Auch hat die Staatsregierung mit derſelben Begründung 1875 dem Landtage einen Geſetzentwurf betr. die Verfaſſung und Verwaltung der Provinz Berlin unterbreitet (vergl. Druckſache 1875 Ar. 14, 1876 Nr. 102). Dem Intereſſe des Stadtkreiſes Charlottenburg würde dadurch entſprochen werden, daß in einem beſonderen Paragraphen Beſtimmungen etwa folgenden Inhalts getroffen werden: Das Ausſcheiden des Stadtkreiſes Charlottenburg aus dem bisherigen Provinzial⸗ Verband iſt geſtattet. Auf den Antrag des Stadtkreiſes wird derſelbe durch den Miniſter des Innern für ausgeſchieden erklärt. Es iſt jedoch zuvor eine Auseinanderſetzung darüber zu treffen, welchen Antheil die auszuſcheidende Stadtgemeinde an dem Aktiv⸗ und Paſſiv⸗ Vermögen der Provinz Brandenburg, ſowie an etwa fortdauernden Leiſtungen zu gemein⸗ ſamen Zwecken der Provinz Brandenburg und des Stadtkreiſes Charlottenburg zu über⸗ nehmen hat. Ueber die Auseinanderſetzung beſchließt der Oberpräſident von Berlin vorbehaltlich der der Provinz Brandenburg, ſowie dem Stadtkreiſe Charlottenburg innerhalb zwei Wochen gegen einander zuſtehenden Klage beim Oberverwaltungsgericht.