IV. Anterricht und Bildung. 1. Das Städtiſche Schulweſen. Auf dem Gebiete des höheren Schulweſens ſind wichtige Veränderungen zu ver⸗ zeichnen. Die Berechtigungen, welche an das Beſtehen der Reifeprüfung geknüpft ſind, wurden für das Realgymnaſium und die Oberrealſchule weſentlich erweitert — insbeſondere iſt die ſeit Jahren erſehnte Zulaſſung der Real⸗Abiturienten zum mediziniſchen und juriſtiſchen Studium erfolgt. Neue Lehrpläne und Lehraufgaben traten für die höheren Schulen in Kraft, über die Verſetzung der Schüler wurden neue Beſtimmungen erlaſſen und die ſeit 1892 beſtehende Abſchlußprüfung bei der Verſetzung nach Oberſekunda an den Gymnaſien, Realgymnaſien und Ober⸗Realſchulen ward wieder aufgehoben. In unſerer Stadt wurde durch Errichtung eines Gymnaſiums im Oſtbezirke die Zahl der höheren Lehranſtalten auf 5 erhöht. Es ſind nunmehr alle Gattungen alten Syſtems und eine gymnaſiale Reformanſtalt vorhanden. Mit dem Königlichen Provinzialſchulkollegium wurde eine Neuordnung des katho⸗ liſchen Religionsunterrichts vereinbart. Während bisher die katholiſchen Schüler aller ſtäd⸗ tiſchen höheren Lehranſtalten mit denen des Kaiſerin Auguſta⸗Gymnaſiums gemeinſam in 4 Abtheilungen unterwieſen worden waren, wurde dieſer gemeinſame Unterricht nur auf die Schüler der Secunda und Prima beſchränkt; für die Quarten und Tertien einerſeits, die Serten und Quinten andererſeits wird der Unterricht fortan in 2 geſonderten Abtheilungen ertheilt, wobei die 3 ſtädtiſchen Realanſtalten des Weſtens und die 3 gymnaſialen des Oſtens eine Gemeinſchaft bilden. Für die Vorſchule jeder Anſtalt iſt geſonderter Unter⸗ richt vorgeſehen. Durch Gemeindebeſchluß wurde beſtimmt, daß fortan bis zu 15% der Schüler von Serta aufwärts Freiſchule erhalten können. Das von der Stadtgemeinde geſtiftete Stipendium für ehemalige Schüler des Real⸗ gymnaſiums wurde dem stud. phil. Kannenberg, das für die Ober⸗Realſchule dem stud. phil. Pleus und dem stud. rer. ing. Paul je zur Hälfte zuerkannt. a) Realgymnaſium. Das Lehrerkollegium beſtand aus 1 Direktor, 22 Oberlehrern, 2 wiſſenſchaftlichen Hilfslehrern, 1 Zeichenlehrer, 1 Geſanglehrer und 6 Vorſchullehrern. Außerdem war zur Verwaltung einer Hilfslehrerſtelle der Lehrer Born von der Gemeindeſchule XVIII überwieſen. Am 1. April 1901 wurde der wiſſenſchaftliche Hilfslehrer Dr. Jahn und am 1. Januar 1902 der wiſſenſchaftliche Hilfslehrer Dr. Gumlich als Oberlehrer angeſtellt. Am Beginn des Sommerhalbjahres trat auch der Lehrer Hanniſch, bisher an Ge⸗ meindeſchule XVI thätig, als Vorſchullehrer an die Anſtalt über. Dem Oberlehrer Dr. Keller wurde durch Verfügung des Herrn Miniſters vom 17. Dezember 1901 der Profeſſortitel 11 4 Allerhöchſten Erlaß vom 12. Februar 1902 der Rang der Räthe 4. Klaſſe verliehen. Oſtern 1901 wurde die Oberſekunda in zwei geſonderte Cöten getheilt, ſodaß nun⸗ mehr die Klafſen Serta bis Ober⸗Tertia in dreifacher, die beiden Secunden in zweifacher, die Primen in einfacher Zahl vorhanden waren. Da auch die 3 Vorſchulklaſſen je 2 ge⸗ ſonderte Cöten zählten, ſo beſtand das Realgymnaſium aus 27 Klaſſen, die zuſammen 937 Schüler umfaßten. Die Anſtalt zählt ſomit zu den allergrößten des Staates. Zur Entlaſtung des Direktors wurde der älteſte Oberlehrer mit der Wahrnehmung eines Theiles der Verwaltungsgeſchäfte betraut. Die Reifeprüfung beſtanden Michaelis 1, Oſtern 7 Oberprimaner. Die für die Realgymnaſien ſehr günſtige Aenderung des Berechtigungsweſens zeigte bereits inſofern ihre Wirkung, als von 30 Schülern, welche nach Oberſekunda verſetzt wurden, 23 auf der Anſtalt verblieben, während ſonſt immer ein viel größerer Prozentſatz derſelben ins praktiſche Leben übertrat. Im Turnunterricht beſtanden 13 Abtheilungen mit 28 bis 52 Schülern. Auf Grund ärztlichen Zeugniſſes waren im Sommer 52 (6,3%), im Winter 75 (11,5%) Schüler vom 5 442 gänzlich befreit, von einzelnen Uebungsarten im Sommer § (1,3%), im Winter 8 (1,2 %). 2