§ 24. Beaufſichtigung der Mündel. Der Waiſenrath hat in Unterſtützung des Vormundſchaftsgerichts darüber zu wachen, daß die Vormünder der in ſeinem Bezirk befindlichen Mündel für die Perſon der Mündel, insbeſondere für ihre Erziehung und ihre körperliche Pflege pflichtmäßig Sorge tragen. (§ 1850 Abſ. 1 B. G. B.). Die Aufſicht des Waiſenraths erſtreckt ſich auf alle Mündel, ohne Unterſchied der Vermögenslage und des Standes. In welcher Weiſe dieſe wichtigſte Aufgabe des Waiſenrathes zu erfüllen iſt, muß ſeiner Umſicht, ſeiner Opferwilligkeit und ſeinem Takt überlaſſen bleiben. In möglichſt rück⸗ ſichtsvoller und ſchonender Weiſe wird er durch häufige perſönliche Beſuche bei den Mündeln, um die von ihm, insbeſondere bei unehelichen Kindern, auch die Waiſenpflegerin zu erſuchen iſt, ſowie nöthigenfalls durch Erkundigungen in der Schule oder dei Dienſtherrn und Arbeit⸗ gebern über Verhalten und Ergehen der Mündel alles Erforderliche zu ermitteln haben, um ſelbſt ein ſicheres Urtheil zu gewinnen und zur Auskunftertheilung im Stande zu ſein. Eine regelmäßige, fortdauernde perſönliche Ueberwachung wird zwar nicht überall, aber doch in zahlreichen Fällen, namentlich bei unehelichen Kindern, geboten ſein. § 25. Anzeige von Mängeln, Pflichtwidrigkeiten und Vermögensgefährdung. Der Waiſenrath hat dem Vormundſchaftsgericht Mängel und Pflichtwidrigkeiten, die er in Hinſicht der Erziehung und Körperpflege der Mündel wahrnimmt, anzuzeigen und auf Erfordern über das perſönliche Ergehen und das Verhalten eines Mündels Auskunft zu er⸗ theilen. (§ 1850 Abſ. 1 B. G. B.). Die Vermögensverwaltung eines Vormundes unterliegt nicht der Ueberwachung durch den Waiſem ath. Erlangt dieſer aber Kenntniß von der Gefährdung des Vermögens eines Mündels, ſo hat er dem Vormundſchaftegericht Anzeige zu machen. (§ 1850 Abſ. 2 B. G. B.). § 26. Wohnungsveränderungen der Mündel. Von einer Verlegung der Wohnung des Mündels hat der Vormund dem Waiſenrath Kenntniß zu geben. Von der Unterlaffung dieſer Anzeige hat der Waiſenrath eintretenden Falls dem Vormundſchaftsgericht Mittheilung zu machen, das den Vormund zur Erfüllung ſeiner Pflicht nöthigenfalls durch Ordnungsſtrafen anzuhalten befugt iſt. Die Wohnungsveränderung hat der Waiſenrath, in deſſen Bezirk das Mündel bis⸗ her gewohnt hat, durch Vermittelung der Armen⸗Direktion dem Waiſenrath mitzutheilen, in deſſen Bezirk die neue Wohnung gelcgen iſt. Zu dieſem Behuf iſt die Mündelkarte, auf der die neue Wohnung zu vermerken iſt, an die Armen⸗Direktion zu überſenden. C. Anzeigepflicht behufs Beſtellung eines Vormundes, Gegenvormundes oder Pflegers. § 27. Die Einleitung einer Vormundſchaft erfolgt in der Regel auf Grund einer Anzeige des Standesbeamten. Wird bei einem Standesbeamten der Tod einer Perſon, die ein minder⸗ jähriges Kind hinterlaſſen hat, oder die Geburt eines ehelichen Kindes nach dem Tode des Vaters oder die Geburt eines unchelichen Kindes oder die Auffindung eines Minderjährigen, deſſen Familienſtand nicht zu ermitteln iſt, angezeigt oder wird vor einem Standesamten von einer Frau, die ein minderjähriges eheliches Kind hat, eine Ehe geſchloſſen, ſo hat der Standesbeamte hiervon dem Vormundſchaftsgericht Anzeige zu machen. (§ 48 des Reichs⸗ geſetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit). Erlangt der Waiſenrath ſelbſt von einem Falle Kenntniß, in dem ein Vormund, Gegenvormund oder Pfleger zu beſtellen iſt, ſo hat er dem Vormundſchaftsgericht Anzeige zu machen und gleichzeitig die geeignete Perſon vorzuſchlagen (§ 49 a. a. O.); insbeſondere hat es zu geſchehen, wenn eine Perſon in ſeinen Bezirk zieht, die, ſoweit feſtzuſtellen, ungeſetz⸗ licherweiſe ohne Vormund iſt. D. Anzeigepflicht bei beſtehender elterlicher Gewalt. § 28. Der Waiſenrath hat auch bei beſtehender ellerlicher Gewalt dem Vormundſchafts⸗ gericht Anzeige zu machen, wenn ein Fall zu ſeiner Kenntniß gelangt, wo das Gericht zum Einſchreiten berufen iſt. (§ 1675 B. G. B.). Das iſt namentlich der Fall: 6 — 4. 1 und Mutter an der Ausübung der elterlichen Gewalt verhindert ſind 1665 B. G. B). 2. Wenn das geiſtige oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet wird, daß treffen. Es kann insbeſondere anordnen, daß das Kind zum Zweck der Er iehung in einer geeigneten Familie 1 in einer Erziehungsanſtalt oder einer Beſſerungsanſtalt untergebracht 3.