— 24 — Geiſt Fritſches“. An ihn und ſeine Arbeit, durch die der feſte und ſichere Grund gelegt iſt für den ferneren Ausbau der Stadt, erinnern wir uns heute dankbaren Herzens. Ihm iſt es nicht vergönnt geweſen, das Werk, das er begonnen, zu errichten und ſich deſſen zu er⸗ freuen. Doch den Grundſtein des neuen Rathauſes legen wir mit einem warmen Segens⸗ ſpruch für ihn und ſeine Arbeit. Sein Andenken mauern wir ein in den Grundſtein des neuen Hauſes. Möge ſich in dem neuen Hauſe der Segen der Selbſtverwaltung erfüllen durch die Arbeit tüchtiger, ſelbſtloſer Männer, die mit Freudigkeit ihres Amtes walten. Möge Unfriede, Mißgunſt und Haß dieſem Hauſe fern bleiben. Möge nie die wechſelnde und trügeriſche Gunſt der Menge oder die Herrſchſucht eines Einzelnen hier beſtimmenden Einfluß gewinnen, ſondern immer nur Recht und Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Treue, ehrliche Uberzeugung und edles Wohlwollen die Richtſchnur des Handelns ſein und vor allem: mögen die Männer, die hier wirken werden, niemals vergeſſen, daß unſere Stadt nur ein Glied des ganzen großen Vaterlandes iſt, daß wir nur für das Vaterland arbeiten, indem wir für das Wohl der Stadt tätig find. Möge allen Beratungen in dieſem Hauſe dieſer Hinblick nie fehlen und möge die Treue für König und Vaterland, für Kaiſer und Reich ſich immer in dieſem Hauſe betätigen. Wir aber, die heute hier verſammelt ſind, geloben in dieſem Sinne zu wirken. he, 11 rufen: „Seine Majeſtät, unſer Kaiſer und König Wilhelm II., er lebe hoch, hoch, hoch!“ Der Stadtverordneten⸗ Vorſteher verlas nunmehr die in den Grundſtein einzulegende Urkunde, welche nachſtehenden Wortlaut hat: „Am heutigen Tage, dem 19. Juni 1902 wird bei Beginn des zweiten Bauabſchnittes des Neubaues des Rathhauſes für die Stadt Charlottenburg, der Grundſtein in feierlicher 2 gagt zu welcher Feier die in der Anlage verzeichneten Perſonen als Zeugen ge⸗ laden ſnd. Nachdem am 5. April 1705 Charlottenburg Stadtrechte erhalten hatte, ſchenkte der Königliche Gönner Friedrich 1. der Stadt bald zur Einrichtung ihrer Verwaltung das Haus Schloßſtraße Nr. 2. In dieſem war die Verwaltung bis zum Jahre 1569 untergebracht. Im Jahre 1882 wurde dieſes älteſte Rathaus abgebrochen und an ſeiner Stelle die jetzige Gemeindeſchule 111 errichtet. Inzwiſchen war die Verwaltung ſchon im Jahre 1860 in das für den Preis von 19300 Thalern in der Subhaſtation ſeitens der Stadt angekaufte Haus Berliner Straße 73 eingezogen. Beide bisherigen Rathäuſer Schloß⸗Straße 2 und Berliner Straße 73 waren als Wohn⸗ häuſer, nicht als Rathäuſer erbaut und konnten deshalb den Verwaltungszwecken nur dürftig genügen. Erſt durch Um⸗ und Anbauten konnten ſie im Laufe der Zeit für dieſen Zweck einigermaßen geeignet gemacht werden Infolge der außerordentlichen Zunahme der Ein⸗ wohnerzahl der Stadt und der damit eng verbundenen ſtetigen Vergrößerung der Verwaltung, die nach dem großen Kriege 1870/71 in einer bisher in Preußen ungekannten Weiſe wuchſen, waren die ſtädtiſchen Körperſchaften ſchon vom Jahre 1584 ab wegen des räumlichen Not⸗ ſtandes, der je länger, je mehr die Ausmietung einzelner Verwaltungszweige notwendig machte, gezwungen, ſich mit dem Gedanken der Einrichtung eines neuen Rathauſes zu be⸗ ſchäftigen. Demzufolge wurde ſchon im Jahre 1884 das Grundſtück Berlinerſtraße 72 für 150000 ℳ angekauft. Nach jahrelangen Erwägungen über die Bauſtelle, über die räumliche Ausdehnung und über die Koſten des nen zu errichtenden Verwaltungsgebäudes ent chloß man ſich endlich im Jahre 1897 auf der Bauſtelle Berliner Straße 72/73 und Lützower Straße 11/12 das neue Rathaus zu erbauen Zur Erlangung geeigneter Entwürfe wurde ein allgemeiner Wett⸗ bewerb ausgeſchrieben, bei welchem fünf Preiſe im Geſamtbetrage von 25000 ℳ ausgeſetzt wurden. Von den eingegangenen 52 Entwürfen erhielten den erſten Preis in Höhe von 10000 ℳ die Architeften Reinhardt & Süßenguth in Charlottenburg, denen auch die künſtleriſche Leitung des Geſamtbaues übertragen wurde. Begonnen wurde der Bau am 17. Juni 1899. Bis zum heutigen Tage ſind hergeſtellt das Haus in der Baufront der Lützower Straße, die anſtoßenden Seitenflügel und das Mittelgebäude, enthaltend eine Stadtiſche Kaſſe und die Sitzungsſäle für den Magiſtrat und die Stadtverordneten⸗ Verſammlung. 4 8 Es ſind dafür bisher verausgabt 1 940 00 %, während der ganze Bau auf 4147 000 ℳ veranſchlagt iſt. Das Gebäude ſoll bis zum 5. April 1905 fertiggeſtellt ſein, an welchem Tage die Stadt den Gedenktag ihres 200 jährigen Beſtehens feiern wird. Die Bevölkerung der Stadt Charlottenburg iſt, während ſie im Anfang des 19. Jahrhunderts etwa §000 Einwohner betrug, in neuerer Zeit wie folgt angewachſen: 1875 auf 25 847 Einwohner, 1880 auf 30 446 Einwohner, 1885 auf 42 371 Ein⸗ wohner, 1890 auf 76 573 Einwohner, 1895 auf 131 494 Einwohner, 1900 auf 189 300 Ein⸗ wohner, Ende Mai 1902 auf 197 581 Einwohner. Das wird zum ewigen Gedächtnis bekundet.