— 107 — 2. Invalidenverſicherung. Die noch immer zahlreichen mündlichen und ſchriftlichen Anfragen über die Anwen⸗ dung und Auslegung des Geſetzes haben auch in dieſem Jahre wiederum erkennen laſſen, wie ſchwer ſich die Allgemeinheit in das Geſetz einlebt. Insbeſondere herrſcht noch nicht völlige Klarheit darüber, inwieweit die Hauswarte und Portiers uſw. dem Verſicherungs⸗ wange unterliegen. Nach der Rechtſprechung des Reichsverſicherungsamts liegt eine Ver⸗ ſcgerungeſchr nicht vor, wenn die gewöhnlich als Entgelt gewährte freie Wohnung das perſönliche Bedürfnis des Betreffenden nicht überſchreitet und die daneben bezogene bare Geldvergütung nur als ein Taſchengeld oder als Entſchädigung für die Beſchaffung der Rei⸗ nigungsmittel anzuſehen iſt. Von dem Rechte der Wei terverſicherung und Sel bſtverſicherung wird noch kein ausgiebiger Gebrauch gemacht; die jungen Ehefrauen namentlich laſſen ſich trotz aller Be⸗ lehrung faſt ausnahmslos die Hälfte der Verſicherungsbeiträge erſtatten, ſelbſt wenn ſie in der Ehe bald weiter arbeiten; kleine Handwerksmeiſter verſichern ſich faſt gar nicht. Anträge auf Altersrenten ſind 14 (1901: 15, 1900: 20) geſtellt; die bewilligten Jahresrenten beliefen ſich zwiſchen 140,40 bis 208,80 ℳ Von den Rentenbewerbern ſind 1 im Jahre 1831, 11 1832 und 2 1833 geboren und gehörten folgenden Berufsarten an: 1 der Holzinduſtrie, 1 der Kommunalverwaltung (Laternenwärter), 1 dem Tiſchlergewerbe, 1 war Techniker, 1 Fabrikarbeiter, 1 Bauarbeiter und § waren gewöhnliche Handarbeiter. In einem Falle wurde ſtatt der Altersrente die höhere Invalidenrente bewilligt. Invalidenrentenanträge ſind 362 (1901 315, 1900 200) geſtellt: unter Hinzu⸗ rechnung der 74 (34) am Schluſſe des Vorjahres unerledigt gebliebenen, waren mithin 436 (319) Anträge zu bearbeiten, gegen das Vorjahr demnach ein Mehr von 24,9% (44,22 /%,). Erledigt ſind hiervon 367 (245) oder rund 84,2% (70%) durch Bewilligung einer Jahres⸗ rente von 124,20 ℳ bis zum Höchſtbetrage von 208,20 ℳ, 24 (29) durch Abweiſung bezw. Zurücknahme wegen Nichterfüllung der geſetzlichen Vorbedingungen, 5 (1) durch Tod bezw. Verzug nach außerhalb, 40 (74) Anträge blieben am Schluß des Jahres noch unerledigt. Seit dem 1. Januar 1901 erhalten die Arzte für jedes der für Rentennachſucher ausgeſtellten Gutachten eine Zuſchußvergütung von 5,00 ℳ, welche von der Stadtgemeinde für die Landesverſicherungsanſtalt vorſchußweiſe gezahlt und in Zwiſchenräumen von 2 Mo⸗ naten erſtattet wird. Im Berichtsjahre wurden an derartigen Vergütungen an die Arzte 1732,15 ℳ, im Vorjahre 1612,30 ℳ gezahlt. Anträge auf Befreiung von der Verſicherungspflicht gemäß § 6 des Geſetzes ſind 28 (1901: 28, 1900: 41) geſtellt. Dieſe Anträge ſind ſämtlich (im Vorjahre 27) ge⸗ nehmigt, und zwar 3 (8) auf Grund der Vollendung des 70. Lebensjahres, 25 (19) auf Grund des Bezuges von Ruhegehalt uſw. bezw. Unfallrenten im Mindeſtbetrage von 116,40 ℳ. (der niedrigſten Invalidenrente). Seitens weiblicher Perſonen, welche eine Ehe eingingen, ſind in 673 Fällen (1901: 684, 1900: 586) die Erſtattung der Beiträge beantragt. Erſtattungsanträge von Hinterbliebenen verſtorbener Verſicherter ſind 105 (1901: 95, 1900: 72) geſtellt, ferner ſind an 3 (im Vorjahre 4) Unfallrentenempfänger Beiträge erſtattet; auch an einen Invalidenrentenempfänger, welcher ſeit dem Jahre 1895 irrtümlich Marken weiter verwendet hatte, mußten die zu Unrecht verwendeten Beiträge er⸗ ſtattet werden. Die Zahl der von der Königlichen Polizeidirektion uſw. zur Berichtigung einge⸗ ſandten Quittungs karten (§§s 157—160 des Geſetzes) ſtieg gegen das Vorjahr (544) wie⸗ der auf 636, d. i. um 16,9%; im Jahre 1900 betrug die Zahl allerdings 725. Gutachten in mündlicher Verhandlung unter Zuziehung je eines Vertreters der Arbeitgeber und Arbeimehmer (§ 59 des Geſetzes) wurden in 48 (1901 46, 1900 21) Fällen abgegeben. Anträge auf Entſcheidung gemäß § 155 des Geſetzes ſind beim Magiſtrat, als untere Verwaltungsbehörde, geſtellt: 1902: 47 (einſchließlich der 3 im Vorjahre unerledigt ge⸗ bliebenen), 1901: 40, 1900: 20. Erledigt wurden dieſe Streitigkeiten 1902 1901 1900 4) durch förmliche Entſcheidungg 8 2 6 D) durch Vorbeſchä⸗ 6 12 2 c) durch Zurücknahme und auf andere Weiſe 33 23 11 4) unertedigt vuieben — 3 3 Gegen dieſe Entſcheidungen iſt in einem Falle (im Vorjahre auch in 1 Falle) Be⸗ ſchwerde erhoben worden, die diesſeitige Entſcheidung wurde aufgehoben.