— 121 — nicht in genügender Zahl vorhanden waren, zurzeit wohl als überwunden angeſehen werden Die Zahl der in den ſtädtiſchen Unterkunftsräumen als obdachlos untergebrachten Perſonen hat ſich, wie die folgende Tabelle zeigt, fortgeſetzt vermindert. Die Belegung hat aut 1 4. 1904 25 Männer, 49 Frauen, 203 Kinder, zuſammen 277 Köpfe am 1. 10. 1911 63 , 103 407 7 1, 573 aur 1. 4. 1992:: 54 , 93 357 7 , 504 „, am 1. 10. 1992:: 39 73 , 265 % 377 „ am 1. 4. 1903 28 * 56 2 192 % 276 „ betragen und iſt ſeitdem in dem jetzt laufenden Jahre noch weiter geſunken. Dagegen be⸗ ſteht eine Wohnungsnot in dem Sinne, daß die Mietpreiſe außerordentlich geſtiegen und mindeſtens bei den kleinen Wohnungen auch jetzt noch nicht niedriger geworden ſind, unver⸗ ändert fort. Nach der von unſerer Auskunftſtelle ſeit einer längeren Zeit geführten Nach⸗ weiſung hat der monatliche Durchſchnittspreis von 86 im Jahre 1902 neu gezählten, von Armen bewohnten Einzimmer⸗Wohnungen 19,92ℳ, von 58 ſeit dem 1. April 1903 weiter gezählten gleichen Wohnungen ſogar 21,07 %ℳ betragen. Unter den 86 Wohnungen befinden ſich 3a im Preiſe von über 20 ℳ, 15 im Preiſe von über 25 ℳa und 2 im Preiſe von über 30 ℳ, unter den 58 im Jahre 1903 gezählten Wohnungen 30 im Preiſe von über 20 ℳ., 12 im Preiſe von über 25 ℳ und 1 im Preiſe von über 30 ℳ.,. Die Armenver⸗ waltung iſt durch das unveränderte Fortbeſtehen ſolcher hohen und in keinem Verhältnis zu dem Einkommen der arbeitenden Bevölkerung ſtehenden Mietpreiſe nicht nur außer Stande geweſen, in den laufenden Unterſtützungen, die vielfach infolgedeſſen eine weſentliche Er⸗ höhung erfahren hatten, eine Herabſetzung eintreten zu laſſen, ſondern hat auch, wie im Vorjahre, Unterſtützungen für Perſonen bewilligen müſſen, die bei niedrigen Mietpreiſen überhaupt nicht genötigt geweſen wären, ihre Hilfe anzurufen. Zur Beſchaffung eines neuen Unterkommens haben daneben in 92 Fällen zuſammen 1994 ℳ, zur Abwendung der Exmiſſion in 232 Fällen 6430,88 J bewilligt werden müſſen. Auch in der Zeit vom 1. April bis 30. September 1903 haben noch in 28 Fällen 461 ℳ zur Beſchaffung eines ueuen Unterkommens und in 31 Fällen 917,60 zur Vermeidung der Ermiſſion gewährt werden müſſen: gegen das Jahr 1902, wo in dieſen 6 Monaten in 64 Fällen 1495,25 ℳ. und in 169 Fällen 5063,72 ℳ bewilligt werden mußten, iſt hier allerdings eine weſentliche Verminderung eingetreten. Die Arbeitsloſigkeit hat ſich im Jahre 1902 verhältnismäßig wenig als Urſache zum Eingreifen der Armenpflege bemerkbar gemacht. Es ſind nur 161 Fälle gezählt worden, in denen wegen Arbeitsloſigkeit allein oder in Berbindung mit anderen Urſachen unterſtützt werden mußte. Allerdings ſind noch 443 Fälle (davon 327 bei weiblichen Perſonen) ge⸗ zählt worden, in denen wegen zu geringen Verdienſtes Unterſtützungen eintreten mußten. Freilich muß hier, wie überhaupt bei der Auszählung der Unterſtützungsurſachen, daran er⸗ innert werden, daß eine ſichere Feſtſtellung der wirklichen Urſachen der Hilfsbedürftigkeit, wie von allen Statiſtikern anerkannt wird, ſehr ſchwierig iſt, ſodaß die Zahlen faſt durch⸗ weg auf völlige Zuverläſſigkeit keinen Anſpruch machen können. Die Unterſtützungen wegen Krankheit, Altersſchwäche und Gebrechen dürften eine Ausnahme bilden, weil hier die Urſache klar zu Tage liegt und daher auch ſtatiſtiſch erfaßt werden kann. Für die Erhöhung der Ausgaben für Pflegegelder in der Waiſenpflege iſt die Urſache zu einem Teil in der notwendig gewordenen Erhöhung der Pflegegeldſätze, auf die ſchon im vorigen Bericht hingewieſen iſt, zu ſuchen. Welche Unterſchiede hier in verſchiedenen Städten beſtehen, und wie wenig dabei die Zahlen aus verſchiedenen Orten einfach vergleich⸗ bar ſind, zeigt beiſpielsweiſe die Tatſache, daß wir und ebenſo Berlin, um geeignete und unſeren Anforderungen entſprechende Pflegeſtellen für Säuglinge zu finden, zu einer Er⸗ höhung der Pflegeſätze auf 21 ℳ monatlich gezwungen geweſen ſind, während Breslau nach einer Mitteilung in den Blättern für das Breslauer Armenweſen regelmäßig nur 12 ℳ ahlt. Daß die Zahl der Pflegekinder, die ſich allerdings zum Teil nur kurze Zeit in ſtatiſcher Pflege befunden haben, zugenommen hat, wird auch in dieſem Jahre ſicher zu einem Teil, wenn auch beſtimmte Angaben nicht gemacht werden können, auf den Ein⸗ fluß der Wohnungsnot ſowie auf die vermehrte Zahl der Krankenhaus⸗Aufnahmen die nicht ſelten eine vorübergehende Unterbringung der Kinder bedingen, zurückzuführen ſein. Daneben darf aber auch der Einfluß des Fürſorgeerziehungs⸗Geſetzes nicht unter⸗ ſchätzt werden. Nach der ſtändigen Rechtſprechung des Kammergerichts, der ſich das Bundes⸗ amt für das Heimatweſen angeſchloſſen hat, iſt es Aufgabe der Armenpflege, Kinder, die ſelbſt noch nicht verwahrloſt, aber durch das Verhalten ihrer Eltern der Gefahr der Ver⸗ wahrloſung ausgeſetzt ſind, unterzubringen, ſobald die Trennung von den Eltern im Intereſſe der Kinder geboten erſcheint. Haben ſich auch die größeren Armenverbände und auch wir dieſer Pflicht ſchon vor dem. Inkrafttreten des Fürſorgeerziehungs⸗Geſetzes nicht entzogen, ſo iſt die Zahl ſolcher Fälle doch erheblich gewachſen, ſeitdem die Auf⸗ merkſamkeit der Organe der Armen⸗ und Waiſenpflege und der Schule mehr als bisher auf ſolche häuslichen Mißſtände gelenkt worden iſt. Veränderungen in der Organiſation der Armenpflege und der Waiſenpflege ſind im letzten Jahre nicht eingetreten.