122 — Im einzelnen ſei folgendes erwähnt: 1. Die ſeit über 2 Jahren beſtehende engere Verbindung der hieſigen Wohl⸗ tätigkeitsvereine mit der öffentlichen Armenpflege hat auch im Berichtsjahre fortgedauert und zur Vertiefung und ſachgemäßen Ausübung der geſamten Armen⸗ pflege beigetragen; die zahlreichen privaten Wohltäter zu einer engeren Fühlungnahme mit der organiſterten Wohltätigkeit zu veranlaſſen, hat ſich leider nur in ſehr geringem Maße als möglich erwieſen. 2. Die Lieferung der Krankenkoſt, über die in dem vorigen Jahresbericht ausführliche Mitteilungen gemacht worden ſind, iſt ſeit dem 1. März 1903 dem hieſigen Vater⸗ ländiſchen Frauenverein übertragen worden. 3. Der Fürſorge für Lungenkranke iſt auch weiterhin beſondere Aufmerkſamkeit ge⸗ widmet worden. Wie die unten abgedruckten Tabellen zeigen, ſind zahlreiche Per⸗ ſonen, zum Teil ganz auf unſere Koſten, zum Teil durch Vermittel ung der Landes⸗ Verſicherungs⸗Anſtalten mit einer Beihilfe unſererſeits, in Lungenheilſtätten unter⸗ gebracht worden. Daneben ſind Erwachſene und Kinder in vermehrter Zahl den Er⸗ holungsſtätten vom Roten Kreuz überwieſen und lungenkranke Kinder in größerer Zahl der Kinderheilſtätte vom Roten Kreuz in Lychen zugeführt worden. Die Landes⸗Verſicherungs⸗Anſtalt Brandendurg hat ſich auf unſer Erſuchen bereit erklärt, entſprechend der Beihilfe unſererſeits bei der Unterbringung in Heilſtätten durch ſie, unter beſtimmten Vorausſetzungen bei diretter Unterbringung verſicherter Perſonen durch uns ihrerſeits einen Teil der Koſten zu tragen. Unter der Bezeichnung „Lungenkranken⸗Fürſorge vom Roten Kreuz“ hat im Intereſſe einer noch wirkſameren Bekämpfung der Krankheit im Mai 1902 der hieſige Vaterländiſche Frauen⸗Verein eine Ermittelungs⸗, Beratungs⸗ und Unter⸗ ſtützungs⸗Stelle für Lungenkranke eröffnet, die mit der Geſchäftsſtelle der Vereini⸗ gung der Wohltätigkeitsbeſtrebungen verbunden iſt. Ihre Aufgabe iſt in erſter Reihe die Fürſorge für Lungenkranke in den Wohnungen, in engſter Fühlung und Hand in Hand mit der privaten Wohltätigkeit und der öffentlichen Armenpflege; geeig⸗ netenfalls ſtellt ſie die erforderlichen Anträge auf Unterbringung in Heilſtätten uſw. Bei den von uns in Heilſtätten entſandten Perſonen iſt unſer Eingreifen wiederholt durch dieſe Fürſorgeſtelle angeregt worden. Wir haben unſererſeits mehrfach ihre Hilfe für Lungenkranke in den Wohnungen in Anſpruch genommen. 4. Aus der Waiſenpflege iſt über die Neuregelung der Geſchäftsführung der Waiſenräte und der Auf ſicht über die Haltekinder ſchon im vorigen Jahre berichtet ſiclc Die zahlenmäßigen Einzelheiten ſind aus den unten mitgeteilten Überſichten erſichtlich. Am 20. Januar 1903 hat eine allgemeine Verſammlung der Waiſenräte und Waiſenpflegerinnen ſtattgefunden, in der Herr Waiſenrat Oberſt a. D. Galli einen Vortrag über das Leipziger Ziehkinder⸗Syſtem und die General⸗Vormundſchaft und Herr Gerichts⸗Aſſeſſor Otte, zurzeit Vormundſchaftsrichter in Charlottenburg, einen Vor⸗ trag über das Fürſorgeerziehungs⸗Geſetz unter Berückſichtigung der Rechtſprechung des Kammergerichts gehalten haben. Beide Vorträge ſind in den „Amtlichen Nachrichten“ mitgeteilt worden. Nach einem Beſchluß der ſtädtiſchen Behörden werden die Beiträge, die von dritter Seite für die in ſtädtiſche Pflege genommenen Kinder gezahlt werden, bis zum Betrage von 300 ℳ für jedes Kind zinsbar angelegt, um ſpäter zum Beſten der Kinder Verwendung zu finden. Im April 1902 ſind für 38 ſolche Kinder Sparkaſſen⸗ bücher über die im Jahre 1901 für ſie eingezahlten Beiträge von zuſammen 906,03 ℳ angelegt worden. 6 Bücher mit Beträgen von zuſammen 167 ℳ md wegen vorzeitigen Ausſcheidens aus der Pflege wieder aufgelöſt worden; auf die verbliebenen 32 Bücher ſind aus den im Jahre 1902 geleiſteten Beiträgen 889,08 ℳ, und auf 26 neue Bücher 1256,45 ℳ eingezahlt worden, ſodaß zurzeit 58 ſolche Sparkaſſenbücher mit einem Geſamtbetrage von 2897,39 ℳ vorhanden ſind. Im Freiwilligen Erziehungsbeirat der öffentlichen Waiſenpflege, über deſſen bisherige Tätigkeit die unten abgedruckte Tabelle Aufſchluß gibt, iſt im Winter 1902 zum erſten Mal der Verſuch gemacht worden, Un terhaltungsabende für unſere Pfleglinge zu veranſtalten, um dadurch in unſern Pfleglingen größeres In⸗ tereſſe für den Gcieeen zu wecken und ſie durch die Gewöhnung an edlere Genüſſe vom Beſuch der Wirtshäuſer und Tanzböden fern zu halten. Es hat bisher je ein Abend für die männlichen und weiblichen Pfleglinge im Wohlfahrtshauſe des Trinitatis⸗Wohltätigkeits⸗Vereins unter Leitung des Herrn Pfarrers Dr. Luther ſtattge⸗ funden. Der zahlreiche Beſuch unſerer Pfleglinge ſowie ihrer Pfleger und Pflegerinnen und die Aufnahme, die die Darbietungen gefunden haben, hat uns veranlaßt, für den laufenden Winter gleiche Abende in größerer Zahl, vorausſichtlich 3 für die Mädchen und 3 für die Knaben in Ausſicht zu nehmen.