— 155 — Im einzelnen iſt aus dem Berichtsjahr hervorzuheben: 1. Die Verbindung mit der Privatwohltätigkeit durch die Vereinigung der Wohltätigkeitsbeſtrebungen hat auch im Jahre 1903 unverändert fortbeſtanden und auch in dieſem Jahre zur Förderung und Vertiefung der Armenpflege beigetragen. Ein eingehender Bericht der Vereinigung über ihre Tatigteit im Kalenderjahre 1903 iſt in der Februar⸗ Nummer der Amtlichen Nachrichten wiedergegeben. Uber die Verſtändigung bei der Weih⸗ nachtsbeſcheerung iſt unten Näheres mitgeteilt. 2. Der Fürſorge für Lungenkranke iſt auch im Jahre 1903 beſondere Auf⸗ merkſamkeit gewidmet worden, wobei die Armenpflege mit der ſchon im letzten Jahresbericht erwähnten Lungenkrankenfürſorge vom Roten Krenz des Vaterländiſchen Frauen⸗Vereins ſtändig Hand in Hand gearbeitet hat. In Lungenheilſtätten haben ſich im abgelaufenen Jahre ganz oder teilweiſe für Rechnung der Armenverwaltung 152 Erwachſene und Kinder befunden. Die Geſamtausgaben für ihre Verpflegung haben für die Armenpflege 19 578,97 ℳ betragen. 96 Perſonen, darunter zum großen Teil Lungenkranke, ſind im Sommer den Erholungsſtätten vom Roten Kreuz überwieſen worden; die Koſten für ihre Verpflegung haben 2161,85 betragen. Nicht mehr für die Heilſtätten geeignete männliche Lungenkranke ſind in dem Pflegeheim Bergfrieden in Oſtritz untergebracht worden; ein Pflegeheim für nicht heilbare weibliche Lungenkranke fehlt leider in Deutſchland bisher. 3. Auch der Bekämpfung des Alkoholismus hat die Armenverwallung Aufmerk⸗ ſamkeit gewidmet. 12 Männer und eine Frau haben ſich im Jahre 1903 auf Koſten der Armenpflege in Trinkerheilſtätten beſunden; die Koſten haben etwa 2500 ℳ betragen. Näheres ergibt die unten abgedruckte Tabelle. Um weiteres Verſtändnis für die Bedeutung der Alko⸗ holfrage zu wecken, iſt ein Stück des vom kaiſerlichen Geſundheitsamte herausgegebenen Alkohol⸗Merkblattes allen Armen⸗Kommiſſionsvorſtehern und Waiſenräten überſandt worden; weitere Exemplare des Merkblattes ſtehen ſtändig in unſerer Geſchäftsſtelle allen Intereſſenten unentgeltlich zur Verfügung. 4. Auf Beſchluß der ſtädtiſchen Körperſchaften ſind zum erſten Mal beſondere Mittel für zahnärztliche Hilfe in den Etat eingeſtellt worden. Ihre Verwendung iſt ſo geregelt worden, daß zahnärztliche Hilfe auf beſonders zu begründenden Antrag des Stadtarztes dann gewährt werden ſoll, wenn eine beſondere ſpezialiſtiſche Behandlung erforderlich iſt und durch die eigene Tätigkeit des Stadtarztes nicht erſetzt werden kann. 5. Zur Beſchäftigung ſtellenloſer Kaufleute, Beamten und ſonſtiger ſchreibkundiger Perſonen aus allen Ständen iſt im Laufe des Berichtsjahres 1903 mit ſtädtiſcher Unterſtützung eine öffentliche Schreibſtube für Stellenloſe ins Leben getreten, die zu vorübergehender Beſchäftigung Arbeitsloſer auch der öffentlichen Armenpflege nutzbar geworden iſt. Arbeitsloſe Handarbeiter ſind, wie bisber, durch Vermittelung des ſtädtiſchen Arbeitsnachweiſes, dem Lagerplatz der Tiefbau⸗Verwaltung zugewieſen worden. Minder erwerbsfähige Arbeits⸗ loſe, in erſter Reihe Unfallverletzte, haden in einzelnen Fällen dem Verein für Unfall⸗ Verletzte zur Beſchäftigung in deſſen Werkſtatt überwieſen werden können. 6. Aus der Waiſenpflege iſt hervorzuheben, daß am 8. März 1904 eine allgemeine Verſammlung der Organe der Waiſenpflege ſtattgefunden hat, in der Herr Amts⸗ gerichtsrat Dr. Köhne einen Vortrag über die Aufgaben des Waiſenrats hielt, an den ſich eine Beſprechung anknüpfte. Dem früheren Beſchluſſe der ſtädtiſchen Körperſchaften gemäß ſind auch 1903 die von dritter Seite für ſtädtiſche Koſtpflegekinder gezahlten Beiträge dis zum Betrage von 300 Jℳ für jedes Kind zinsbar angelegt worden, um ſpäter zum Beſten der Kinder Verwendung zu finden. Von den am Schluß des vorigen Jahres vorhandenen 58 ſolchen Sparkaſſenbüchern ſind 14 Bücher wegen vorzeitigen Ausſcheidens aus der Koſtpflege im Laufe des Jahres wieder aufgelöſt worden; auf 28 von den verbleibenden 44 Büchern ſind nene Beiträge von zuſammen 1446,55 ℳ geleiſtet worden, während 30 Bücher mit zuſammen 830 ℳ nen an⸗ angelegt werden konnten, ſo daß am Ende des Rechnungsjahres 1903 74 Sparkaſſenbücher mit einem Geſamtbetrage einſchlietßlich der aufgelaufenen Zinſen von 4629,79 ℳ vor⸗ handen waren. 0 Neu eingeführt worden ſind verſuchsweiſe auf eine Anregung aus dem Kreiſe der Waiſenpflegerinnen Pflegebogen für die in Charlottenburg in Koſtpflege befindlichen Kinder. Sie befinden ſich in der Hand der Waiſenpflegerin und ſollen das Kind beim Umzuge aus einem Bezirk in den andern begleiten und die Grundlage für die weitere Beaufſichtigung bilden. 8 Die vom Freiwilligen Erziebungsbeirat zum erſten Mal im Winter 1902 ver⸗ anſtalleten Unterhaltungsabende für die Pfleglinge ſind auch im Winter 1903 fortgeſetzt worden. Unter Leitung des Herrn Pfarrers Dr. Luther haben je 3 Abende für die Mädchen und die Knaben in der Aula einer Gemeindeſchule ſtattgefunden, an denen die Pfleglinge aus einer Schenkung mit Tee und Butterbrot bewirtet worden ſind. Die Abende, für die ſich dem Erziehungsbeirat zahlreiche künſtieriſche Kräfte zur Verfügung geſtellt hatten, werden auch weiterhin forigeſetzt werden.