IV. Anterricht und gildung. 1. Das ſtädtiſche Schulweſen. Allgemeines. Die Zahl der hieſigen ſtädtiſchen höheren Lehranſtalten für Knaben, die ſich durch Errichtung des Reform⸗Realgymnaſiums im Jahre 1903 auf 6 erhöht hatte, hat im Laufe des Berichtsjahres keine Veränderung erfahren. Es beſtehen alſo in Charlottenburg an ſtädtiſchen Anſtalten: 1 Gymnaſium, 1 Real⸗ gymnaſium, eine Oberrealſchule, 1 Realſchule, 1 Reformgymnaſium und 1 Reformreal⸗ gymnaſium, mithin ſämtliche Arten der in Preußen vorhandenen höheren Lehranſtalten. Zufolge eines Erſuchens der Stadtverordneten⸗Verſammlung, bei Errichtung weiterer Realſchulen zu erwägen, ob der öftliche Stadtteil hierbei zu berückſichtigen ſei, haben zwar Verhandlungen über die Errichtung einer neuen Realſchule ſtattgefunden; der Magiſtrat hat jedoch beſchloſſen, die Mittel für eine ſolche Anſtalt in die im Jahre 1905 aufzunehmende Anleihe noch nicht einzuſetzen und die Angelegenheit zu vertagen. Dagegen iſt für Bereit⸗ ſtellung von Anleihemitteln zum Bau und zu der Ausſtattung des Reform⸗Realgymnaſiums mit einem Grundſtock von Lehrmitteln Sorge getragen worden, wenngleich es bisher noch nicht gelungen iſt, ein für den Bau geeignetes Grundſtück, das im Südweſteu der Stadt belegen ſein müßte, ausfindig zu machen. Das Reform⸗Realgymnaſium iſt die einzige unſerer höheren Knabenſchulen, die noch kein eigenes Schulgebäude hat; ſeine Klaſſen ſind zur Zeit in den Reſervezimmern der Realſchule in der Guericke⸗Straße gaſtweiſe untergebracht. Mit dem 1. April 1904 ſind neue Vorſchriften über die Bewilligung ſchulgeldfreien Unterrichts an den ſtädtiſchen Schulen in Kraft getreten. Nach dieſen wird der Erlaß des ganzen oder halben Schulgeldes nur gewährt, wenn a) die Schüler oder die Schülerinnen durch gutes Betragen und Fleiß der Ver⸗ günſtigung würdig ſind und in ihren Leiſtungen befriedigende Fortſchritte zeigen, b) die Eltern bezw. Pflegeeltern der Vergünſtigung bedürftig und c) in Charlottenburg wohnhaft ſind. Nur ausnahmsweiſe darf auf Grund eines beſonderen Beſchluſſes der zuſtändigen Deputation auch auswärtigen Schülern und Schülerinnen Schulgeldfreiheit gewährt werden. Den Schülern der Vorſchulklaſſen der höheren Lehranſtalten für Knaben, ſowie den Schülerinnen der drei unterſten Klaſſen der höheren und mittleren Mädchenſchulen wird ſchulgeldfreier Unterricht überhaupt nicht gewährt. Die Schüler der Realſchule können auch im erſten Halbjahr Schulgeldfreiheit erhalten, wenn ſie vorher eine hieſige Gemeindeſchule mit gutem Erfolg beſucht haben; den Schülern der übrigen Anſtalten kann in der Regel erſt nach halbjährigem Beſuch derſelben Schulgeldfreiheit gewährt werden. Die Mittel für Freiſtellen, welche in Höhe von 15%, der Schulgeldeinnahme (ausſchl. Vorſch.) durch den Etat zur Verfügung geſtellt werden, haben pro 1904 38 868 ℳ] betragen. Während die für das Realgymnaſium, die Oberrealſchule und Reformrealgymnaſium bewilligten Freiſtellen nahezu verbraucht bezw. reichlich in Anſpruch genommen worden ſind, iſt bei dem im Oſten der Stadt belegenen Mommſen⸗Gymnaſium und der Kaiſer Friedrich Schule die Nachfrage nach Freiſtellen geringer geweſen, insbeſondere beim Mommſen⸗ Gymnaſium, wo nur 3 Freiſtellen vergeben, alſo nur etwa ,„ der bereit geſtellten Mittel verbraucht worden ſind. Die auf der Realſchule entfallenden Freiſtellen waren am meiſten begehrt und ſind vollſtändig zur Verleihung gelangt; wegen Erſchöpfung der hierfür dieſer Schule überwieſenen Mittel mußten ſogar einige Nachtragsgeſuche um Freiſtellen ab⸗ gelehnt werden. Das von der Stadtgemeinde geſtiftete Stipendium für ehemalige Schüler des Real⸗ gymnafiums iſt dem stud. phil. Kretſchmer, das für die Oberrealſchule je zur Hälfte dem stud. phil. Siebert und dem stud. jur. Leppin zuerkannt worden. Statt der in früheren Jahren durch den Etat bewilligten Beihilfe an einen Ober⸗ lehrer für neuere Sprachen zu einer Studienreiſe im Betrage von 600 ℳ iſt diesmal eine ſolche für zwei Oberlehrer im Geſamtbetrage von 1200 ℳ bewilligt worden. Dieſelbe wurde an die Oberlehrer Nauſchütz vom Realgymnaſium und Dr. Hellgrewe von der Oberrealſchule in Höhe von je 600 ℳ verliehen. Die Schüler der oberen Klaſſen beſuchten wieder wie in früheren Jahren die in der Urania veranſtalteten Vorträge und beſichtigten die naturwiſſenſchaftlichen Sammlungen dieſes Inſtituts. Zur Belebung des neuſprachlichen Unterrichts wurde auch wieder den Schülern der Prima des Realgymnaſiums und der Oberrealſchule Gelegenheit geboten, die Sprach⸗ weiſe von Franzoſen und Engländern in Form von Vorträgen zu hören. Mit Hülfe der für naturwiſſenſchaftliche Ausflüge durch den Etat bewilligten Mittel unternahmen die Primaner des Realgymnaſiums unter Führung des Profeſſors Dr. Henninger während der Pfingſtferien eine Studienfahrt nach Schöneberg⸗Elmen⸗Staßfurt. Dem Ober⸗ lehrer Pahl von derſelben Anſtalt konnte eine Reiſebeihilfe dar Teilnahme an dem inter⸗ nationalen Mathematiker⸗Kongreß in 4 1 dem Oberlehrer Seiffert II, welcher in den oberen Klaſſen der Oberſchule den Phyſik⸗Unterricht gibt, eine ebenſolche zur Teilnahme