— 18 ſtärktem Maße für Charlottenburg. Denn dieſe Stadt iſt nicht mehr nur eine Gartenſtadt, ſie iſt nicht mehr bloß eine Stadt der Rentner; Charlottenburg hat einen anſehnlichen Handel und eine Induſtrie, deren Erzeugniſſe den deutſchen Namen über das ganze Erdenrund tragen. Und wie die ſtädtiſchen Körperſchaften gern bereit waren und gern bereit ſind, alles das und mehr als das zu tun, was auf dem Gebiete der Arbeiterfürſorge und des Arbeiterſchutzes die Reichsgeſetz⸗ ebung vorſchreibt, ſo iſt dieſe Stadt auch gewillt, alles das, was in ihrer Macht ſtec. im Intereſſe der Förderung von Handel und Induſtrie zu veranlaſſen. Die ſtädtiſchen Beſtrebungen nach dieſer Richtung werden um ſo nachhaltiger, um ſo intenſiver ſein, je mehr in immer ſteigendem Maße die Fabrik⸗ und Handels⸗ herren fſich entſchließen, an der ſtädtiſchen Verwaltung aktiv ſich zu beteiligen. Denn darin beruht die Stärke der ſtädtiſchen Selbſtverwaltung, darin ihre Be⸗ deutung für die Stadt, darin auch liegt der Segen für die Allgemeinheit, und um deswillen iſt ſie das ſtarke Fundament für den Staat, wenn alle Bürger bereit und entſchloſſen ſind, ein Stück ihrer freien Zeit und ihrer Arbeitskraft den ſtädtiſchen Intereſſen zu weihen. Wenn ſo der Gemeinſinn beſchaffen iſt, daß er alle Bürger ohne Unterſchied der politiſchen Richtung gleichermaßen durchdringt, dann iſt es wohl um die Stadt beſtellt. Dieſem hohen Ziele ſtreben wir alle, die wir gegenwärtig der Stadtverwaltung Charlottenburgs angehören, zu, und daß dieſe anſehnliche Feſtverſammlung dieſes unſer Streben unterſtützt, dieſes unſer Ziel begrüßt, des können wir gewiß ſein. Arbeiten wir doch ſo zu uaſerem beſcheidenen Teil, innerhalb der Grenzen des uns gezogenen Wirkungskreiſes mit zu des deutſchen Volkes Ehre, zu des Vaterlandes Heil! Und ſo darf ich mich der Hoffnung hingegeben, daß dieſe hohe Verſammlung geneigt ſein wird, die ehrerbietige Huldigung gütigſt anzunehmen, welche ich hiermit namens der Stadt ihr darzubringen die Ehre habe, indem ich die Herren vom Magiſtrat und von der Stadtverordnetenverſammlung auffordere, mit mir einzu⸗ ſtimmen in den Ruf: Charlottenburgs Gäſte, ſe leben hoch! — abermals hoch! — und zum dritten Male hoch!“ Namens der Gäſte erwiderte hierauf der Finanzminiſter Exzellenz Freiherr von Rheinbaben: „Meine geehrten Herren! Ich glaube, ein mandatum praesumptum aller derer, die hier anweſend ſind, annehmen zu dürfen, daß ich für Sie alle den herzlichen Dank ſage für die freundlichen Worte, die der Herr Stadtverordneten⸗ vorſteher an uns gerichtet hat, und den Dank anfüge dafür, daß es uns vergönnt iſt, dieſen feſtlichen und erhebenden Tag unter Ihnen zu begehen. Meine Herren, in dem nervenaufreibenden Drängen und Treiben des Tages wirkt es für jeden von uns angenehm, einmal halt zu machen und vor ſeiner Seele vorüberziehen zu laſſen jene Strecke, die er bisher zurückgelegt hat, und ſich zu überlegen, wohin der Weg weiter führt. Doppelt gilt dies für ein Ge⸗ meinweſen wie Charlottenburg, das mit einer fieberhaften Anſtrengung voran⸗ ſtrebt und in kürzeſter Friſt erſtaunliche Erfolge erzielt hat. Es gibt in Deutſch⸗ land kaum eine Stadt, die in verhältnismäßig ſo kurzer Zeit auf die Höhe der Entwicklung gelangt iſt wie das Gemeinweſen, deſſen Gaſtfreundſchaft wir heute genießen. Meine Herren, denken wir daran zurück, daß, als der große Friedrich den Thron beſtieg, dieſe Stadt ganze 1681 Einwohner hatte und auch an der Wende des Jahrhunderts ſich kaum verdoppelt hatte, nur etwas über 3300 Einwohner zählte! Und ſelbſt als die großen Schlachten geſchlagen waren, die unſeres Reiches Einheit begründeten, im Jahre 1871, hatte die Stadt Charlotten⸗ burg noch nicht 20 000 Seelen, — und heute, im Jahre 1905, zählt ſie 226 000 Seelen, mehr als eine Viertelmillion! Alſo in der kurzen Spanne Zeit von 1871 bis 1905 hat ſich die Einwohnerſchaft der Stadt nahezu verelffacht, eine Ent⸗ wicklung, wie ſie kaum von einer amerikaniſchen Stadt erreicht worden iſt. Nun, meine Herren, vergleichen Sie mit dieſer numeriſchen Entwicklung die materielle Entwicklung, die Leiſtungsfähigkeit der Stadt, die mir als Finanz⸗ miniſter natürlich am nächſten liegt (Heiterkeit), meine Herren, im Jahre 1892/93 wurden in Charlottenburg an Einkommenſteuer gezahlt 1 400 000 ℳ, im Jahre 1904 5 400 000 ℳ! — und Sie werden es begreifen. daß dieſer metalliſche Bei⸗ geſchmack mein Herz der Stadt beſonders zugewandt hat. (Heiterkeit.) Und wenn ich nun dieſes prachtvolle Gebäude hier ſehe und den Luxus, der uns um⸗ ibt, ſo gehe ich darin nicht fehl, wenn ich behaupte, daß Sie noch viel zu wenig Steuern zahlen. (Heiterkeit.) Meine Herren, damit Sie mich nicht gleich hinaus⸗ ſetzen, will ich keine Konſequenzen aus dieſem Diktum ziehen! (Heiterkeit.) Für Sie kommt es aber viel weniger darauf an, was Sie an Geſamtſteuern zahlen, ſondern wie das Verhältnis der Leiſtungefähigkeit Charlottenburgs zu anderen großen Gemeinweſen iſt. Und da darf Charlottenburg ſich mit Stolz deſſen rühmen, daß ſie die reichſte Stadt Preußens iſt, daß ſie mit faſt 27 ℳ auf den Kopf der Bevölkerung nicht nur das reiche Wiesbaden geſchlagen hat, ſondern ſelbſt die reiche Stadt Frankfurt, die 25 ℳ auf den Kapf der Bevölkerung auf⸗ bringt. Alſo, meine Herren, wir befinden uns in der reichſten Stadt Preußens und