— 19 — werden uns daher nicht genieren, von ihren guten Weinen Gebrauch zu machen. (Heiterkeit.) Meine Herren, daß wir uns in einer glänzend aufſteigenden Stadt befinden, das lehrt jeder Blick in dieſe Stadt und jeder Schritt durch dieſe Stadt: ein Krankenhaus mit den wundervollſten modernen Einrichtungen, Straßenzüge von geradezu klaſſiſcher Großartigkeit, ein neu entſtehender Park, den ich übrigens Ihnen noch viel zu billig verkauft habe (Heiterkeit), überall zeigt ſich eine glänzende neue Entwicklung, eine Bautätigkeit, ſo lebhaft, daß die Stadt in kürzeſter Friſt in Wolken gehüllt ſein wird — ich meine: in die Wolken des Bauſchuttes. Aber auch dieſe Periode wird vorübergehen, Neues wird aus den Ruinen erblühen und immer weiter wird die Stadt ſich auf aufſtrebender Bahn befinden. Alſo, meine Herren, wenn Sie als Vertreter der Stadt dankbar des Weges gedenken können, den Sie und die Stadt mit Ihnen zurückgelegt haben, ſo gibt für die Zukunft doch nicht allein dieſer äußere, dieſer materielle Erfolg die Garantie, ſondern vor allem der Geiſt, der in der Stadt und in der Bevölkerung herrſcht. Das ſtolzeſte Gebäude eines Gemeinweſens wird den Stürmen der Zeit nicht widerſtehen, wenn es nicht zuſammengehalten wird durch den Mörtel wahrer Vater⸗ landsliebe und echten Bürgerſinnes. (Bravol) Und, meine Herren, beide Eigen⸗ ſchaften finden Sie zu unſer aller inniger Freude in Charlottenburg vereint. Es iſt in der Tat kein zufälliges Zuſammentreffen, daß wir heute das Denkmal des großen Dulders eingeweiht haben und zugleich das zweihundertjährige Jubiläum der Stadtwerdung der Stadt Charlottenburg feiern. Ich meine, es iſt nicht zu⸗ fällig, ſondern es iſt ein beredtes Zeugnis des Geiſtes, der dieſe Stadt allzeit beherrſcht hat. In der Tat hat Charlottenburg, ich möchte ſagen eine beſondere Aufgabe in unſerem öffentlichen Leben durch die nationalen Heiligtümer, die ihr anvertraut ſind. In ihren Mauern ruht König Friedrich Wilhelm III., in ihren Mauern ruht der große hochſelige Kaiſer Wilhelm I1. Und als Kaiſer Friedrich III. ſein müdes Haupt wieder auf die vaterländiſchen Gaue trug, da wußte er nirgends beſſer Hand und Herz zu finden für ſeine Aufgaben, die wenigen Aufgaben, die die kurze Lebensraſt ihm noch ſtellte, als hier in Charlottenburg. Und nun, meine Herren, haben Sie heute wieder geſehen die ſiegesfrohe, glänzende, in köſtlichſter Geſundheit ſtrahlende Geſtalt unſeres kaiſerlichen Herrn, von jener unbe⸗ zwinglichen Herzensgüte, die alle Menſchen unterwirft, wohin ſein Kiel ihn führt, wohin ſein Weg ihn leitet. Und halten Sie ſich dieſe vier Herrſchergeſtalten zu⸗ ſammen, überlegen Sie, welch ſchwere Schickſale der erſte König, deſſen ich ge⸗ dachte, Friedrich Wilhelm III., geſehen hat, wie unter ihm Preußen den tiefſten Punkt des Niederganges erfahren hat, um dann in einer Selbſtloſigkeit, einem Patriotismus der Bevölkerung ſonder gleichen die Feſſeln der Knechtſchaft zu brechen und wieder ein einiges Volk zu werden! Sehen Sie von dieſem ſchwer geprüften Herrſcher hinauf zu Kaiſer Wilhelm I., der unſer Vaterland wieder auf die Sonnenhöhe nationaler Ehre und nationalen Glückes führte! Und ſehen Sie wiederum von dem Dulder Kaiſer Friedrich III. auf unſeres jetzt regierenden Kaiſers Majeſtät, der des Reiches Glanz und Macht allezeit zu mehren befliſſen iſt! Von der Prüfung zum Erfolge, per aspera ad astra — das iſt allezeit der Wahlſpruch der Hohenzollern geweſen, und das auch das Merkzeichen dieſer Stadt, in deren Mauern wir weilen. Es kann nicht anders ſein, als daß eine ſo enge Verbindung einer Stadt mit dem Herrſchergeſchlecht auch in der Tat ein beſonderes, wenn ich ſo ſagen darf, perſönliches Band zwiſchen der Herrſcherfamilie und den Einwohnern der Stadt ſchlingt. Das iſt doch überhaupt der Grund, warum unſere Monarchie ſo feſt in den Herzen aller Preußen wurzelt, daß ein ſolches perſönliches Ver⸗ hältnis beſteht zwiſchen der Monarchie und allen Bürgern unſeres Vaterlandes, ein perſönliches Verhältnis begründet auf den perſönlichen Verdienſten unſerer Könige. Indem ſie als ihre Aufgabe bezeichnet haben, die erſten Diener des Vaterlandes zu ſein, haben ſie durch dieſen Dienſt am Vaterlande ſich in der Tat in jedes Einzelnen Herz die Stellung erworben, die ſie, Gott Lob, inne haben. (Bravo!l) Und, meine Herren, wenn das der Fall iſt, ſo bürgt dieſer Geiſt der perſönlichen Zugehörigkeit, wenn ich ſo ſagen darf, der perſönlichen Anhänglichkeit, der hier in der Bürgerſchaft lebt, zu ihrem Herrſcherhauſe, dafür, daß der Geiſt nicht ſchwinden wird, der bisher hier gelebt hat, daß der Geiſt dieſer wahren, herzlichen Königstreue allzeit die Seelen der Bürger Charlotten⸗ burgs erfüllen wird. Und noch eins, meine Herren, was mir die Gewähr gibt, daß die Stadt die glänzende Entwicklung, die ſie bisher genommen hat, auch in Zukunft nehmen wird. Wie Ihr verehrter Herr Stadtverordneten⸗Vorſteher vorhin mit Recht geſagt hat, beruht die Selbſtverwaltung, beruht der Geiſt der Städteordnung darauf, daß alle Kreiſe der Bürgerſchaft, welcher ſozialen Schichtung, welcher politiſchen Richtung ſie auch angehören, ganz ohne Unterſchied dieſer ſozialen Schichtung und dieſer politiſchen Richtung ſich in den Dienſt des Gemeinweſens ſtellen. Ich