Bewundernswert hat ſie ſich aufgeſchwungen . 1 icht ihr Wort, Die Gegenwart von dem, was ſie errungen, T n orglich und gewiſſenhaft bedacht, ann feſt beſchloffen, rühmlich auch vollbracht; Der Rathausturm reckt ſich empor als Zeuge: Weicht nie zurück, wie ich mich niemals beuge So möge ſie ſich unbeſchränkt entfalten, Gaſtfreundlich jedem Zuzug offen ſtehn, Sich herrlicher und ſchöner noch geſtalten Und Haus und Herd friedvoll Jaenet ſehn. Dem Vaterland zur Zier, ſich ſelbſt zur Ehr Mög immerdar, in Tagen, leicht und ſchwer, Ein hochgeſinnter Bürgergeiſt ſie leiten, — Glückauf Charlottenburg, für alle Zeiten!“ 4 Die Sänger intonierten nun die Hymne: „Hör uns, o Herr“ von Dregert, und dann begann Stadtſchulrat Dr. Neufert die Feſtrede: „Wer den alten Reichsſtädten Nürnberg oder Rothenburg naht mit ihren wohlerhaltenen, altersgrauen Mauern und Türmen und ehrwürdigen Giebelhäuſern, der fühlt ſich unwillkürlich zurückgeſetzt tief ins Mittelalter, und es dünkt ihn wohl, er müſſe noch den Hornruf des Torwächters vernehmen und die alten Geſchlechter und Zünfte herausſchreiten ſehen auf den Anger zu ritter⸗ lichem Kampfſpiel oder fröhlichem Tanz. Charlottenburg vermag ſolche Erinne⸗ rungen nicht zu erwecken. Sieht man von dem Königſchloſſe ab, das jetzt auf zwei Jahrhunderte zurückſchaut, ſo reichen nur noch wenige und nicht bemerkens⸗ werte Reſte bis ins 18. Jahrhundert zurück, und ihre Tage ſind wohl gezählt. Wie ſollten auch die unſcheinbaren Hütten der modernen Bauluſt trotzen, da wir doch oft genug ſehen, wie ſtattliche neue Häuſer bald einzeln, bald in ganzen Reihen niedergelegt werden, um ſchöneren Platz zu machen. Und wenn in jenen Städten vom Rade der Zeit wieder einmal ein Jahrhundert abgerollt iſt und ein Stadtjubiläum dazu auffordert, den Blick auf der Vorzeit ſchöne Wunder zurückſchweifen zu laſſen, da zieht eine lange Reihe wohlbekannter und liebgewordener Geſtalten am Auge vorüber: der glaubens⸗ eifrige Prieſter, der todesmutig eine neue Lehre perkündet, der hochherzige Ritter, der für den heiligen Herd kämpfte und fiel, und die kraftvollen Geſtalten der deutſchen Kaiſer, welche die Reichstage dort abhielten, kurz eine Fülle großer Taten und Ereigniſſe bieten ſich dar, die wohl auch über die Grenzen der Stadt hinaus Intereſſe erwecken. Die Charlottenburger Stadtgeſchichte iſt ſelbſt den eigenen Bürgern nur wenig bekannt, und ſie iſt auch nicht ſo reich an bedeutungs⸗ vollen Ereigniſſen, welche die Aufmerkſamkeit mächtig anziehen. Charlottenburg iſt eine ganz moderne Stadt, die jugendlichſte der deutſchen Großſtädte, erſt ſeit wenigen Jahrzehnten hat ſie ſich zum munteren Reigen ihrer älteren Schweſtern geſellt und heiſcht nun auch ihr Plätzchen an der Sonne. Ein Jahrhundert lang verlebte ſie ein nahezu geſchichtsloſes Daſein, die Zeit der naiven Kindheit, und Der Mutterliebe zarte Sorgen Bewachten ihren goldnen Morgen Die Geſchichte Charlottenburgs während dieſer Periode beſchränkt ſich faſt ausſchließlich auf ihr Verhältnis zur Schloßherrſchaft der Hohenzollernkönige, ihrer Eltern, Erzieher und Beſchützer. Immerhin hoffe ich, wird ein Gang durch die zwei Jahrhunderte Charlottenburger Geſchichte, zu dem der heutige Jubeltag einladet, nicht ganz unlohnend ſein. Nicht an einem belebten Strome wie Köln, auch nicht an einer viel⸗ begangenen Völkerpforte wie Leipzig iſt die Stadt Charlottenburg entſtanden, ſondern abſeits von den alten Bahnen des Weltverkehrs; auch nicht als Mittel⸗ punkt reicher Fruchtgefilde wie Straßburg oder Wiesbaden, ſondern auf dem kargen Sandboden der vielgeſchmähten rmark zwiſchen Sumpf und Wald wuchs ſie zur ſtolzen Großſtadt heran. Noch weniger kann ſie ſich an landſchaft⸗ lichen Reizen mit anderen Städten meſſen; gar niedrig ſind hier die Dünen⸗ hügel, gar ſchlicht die Fluren und Wälder. Und doch ſollten gerade die beſcheidenen landſchaftlichen Schönheiten die Veranlaſſung zur Gründung der Stadt werden. Wo zwiſchen dem dunklen Kiefernwalde und ſaftiggrünen Wieſen ein tief eingeſchnittener Fluß ſtill dahingleitet, wo die ſchwanken Zweige der Birken und das knorrige Geäft alter Eichen ſich in klaren Seen ſpiegeln, weiß das empfängliche . des ſonſt nicht verwöhnten Norddeutſchen noch mannigfache Schönheit zu entdecken.