würde ſich zu begeiſtern und, wenn für die idealen Güter des Lebens ich nicht mit einem Schlage vollgog ſich dieſe Wandlung; zur führung eines großen Erziehungswerkes bedarf es längerer Zeit. gicer einzelne günſtige Wirkungen traten bald hervor. Auf dem Gebiete der Schule z. B., dem beſten Gradmeſſer für den Idealismus, war ſofort ein kräftiger Aufſchwung zu verſpüren. Unter Führung des lutheriſchen . ½ . die neugebildete Schulkommiſſion die bisher getrennten kleinen feſſtonsſchulen zu einer großen paritätiſchen Stadtſchule zu verſchmelzen, um durch beſſere Gliederung die Leiſtungsfähigkeit zu erhöhen; beherzt proklamierte man alſo den Grundſatz: in der Schule ſoll ſonan das pädagogiſche Intereſſe dem kirchlichen vorangehen. Zugleich beſchloſſen die ſtädtiſchen Körperſchaften, ihrer Zeit weit vorauseilend, in idealer Überſchätzung ihrer Kräfte die Aufhebung des Schulgeldes. Als ein Jahr ſpäter der König rief, war die Begeiſterung für Vaterland und Freiheit in der Charlottenburger §ugen mächtiger, als ſie bisher jemals in dieſer Stadt emporgelodert war; und daß ſie anhielt und in heißem Ringen als echt ſich bewährte, dafür liefert die lange Reihe der mit Gott, für König und Vaterland gefallenen Freiheitskämpfer einen vollgültigen Beweis. Charlottenburg war mündig geworden. Dem edlen Freiherrn von Stein aber, der dazu ſo viel beigetragen hat, gebührt unſer heißer Dank. Möge der Tag nicht mehr fern ſein, an welchem dem großen Volkserzieher auch in unſerer Stadt ein würdiges Denkmal errichtet wird. Auch nach der Zeit des großen inneren Umſchwungs blieb das Verhältnis der Charlottenburger Bürgerſchaft zu Preußens Königen das denkbar beſte. Ein Band gegenſeitigen Vertrauens ſchloß beide feſt aneinander. Den ſchwergeprüften gütigen König Friedrich Wilhelm III. liebte und verehrte man, wie keinen anderen vorher, trat er doch in ſeiner Schlichtheit und Leutſeligkeit dem einzelnen Bürger perſönlich nahe und nahm herzlichen Anteil an ſeinem Geſchick. Bis über das Grab hinaus bekundet man ihm eine rührende An⸗ hänglichkeit. Das ſeiner unvergeßlichen Luiſe pietätvoll errichtete Mauſoleum, in dem auch er ruht, wurde wie überall im preußiſchen Volke als Heiligtum verehrt. Das patriarchaliſche Verhältnis zwiſchen König und Bürger bewährte ſich noch im Jahre 1848 glänzend; die ehrſamen Bürger Charlottenburgs waren an den Stürmen der wildbewegten Zeit wenig beteiligt; faſt alle hatten eine Ver⸗ faſſung noch nicht entbehrt. Den Berliner Demokraten brachten ſie ein unver⸗ holenes Mißtrauen entgegen und ließen ſich ſogar mehrmals zu argen Gewalt⸗ tätigkeiten hinreißen. Auf die Kunde davon wurden in den Berliner Klubs zornige Reden gegen die „Kannibalen Charlottenburg“, gegen das „Sodom und Gomorrha vor dem Brandenburger Tor gehalten, und ſo drohend wurde ihre Haltung, daß der Charlottenburger Magiſtrat es für geraten hielt öffentlich die Erklärung abzugeben: „Wir bekennen, daß auch wir und unſere Mitbürger der neuen Freiheit und ſelbſt der Demokratie huldigen, aber in be⸗ grenztem geſetzlichen Sinn.“ Die Berliner ſtanden zwar von dem beabſichtigten achezuge ab, aber eine Abneigung gegen die kleine Nachbarſtadt, der man philiſtröſe Geſinnung nachſagte, iſt noch lange zurückgeblieben. Friedrich Wilhelm aber rechnete den Charlottenburgern ihre damalige Haltung hoch an und tat viel zur Hebung des Ortes. Als der König 1861 von ſeinem Leiden erlöſt wurde, war die patriar chaliſche Periode unſerer Stadtgeſchichte abgeſchloſſen, wenn auch ſeine Gemahlin Eliſabeth noch 12 Jahre lang ihren Witwenſitz hier hatte. Man hatte ſich in der Bürgerſchaft bereits daran gewöhnt, den Blick ebenſo ſehr nach Berlin wie nach dem Schloſſe zu richten. In dieſer Zeit war Charlottenburg noch eine recht arme Stadt: der Ackerbau hatte ſich nie zu beſonderer Blüte entwickelt; auch Handel und Hand⸗ werk friſteten nur mühſam ihr Daſein, weil die tüchtigſten Kräfte immer nach Berlin fortzogen und die dortige Konkurrenz zu ſehr drückte. Noch 1868 klagte der Bürgermeiſter Bullrich gar beweglich: „Der einzige Stand unſerer Gewerbe⸗ treibenden, der hier noch nahrungsfähig iſt, iſt der unſerer Schank⸗ und Gaſtwirte.“ Charlottenburg übte damals als Ausflugsort der Berliner große Anziehungskraft aus, und wem es die Mittel erlaubten, der mietete ſich wohl auf einige Wochen hier ein oder baute ſich in der freundlichen Gartenſtadt ein Landhaus zum ſtändigen Sommeraufenthalt. Als aber beide Städte durch die Pferdebahn und bald auch durch 2 1 4 enger mit einander verbunden waren, hob ſich Charlottenburg zuſehends. Mit dem zunehmenden Verkehr wuchs die Bauluſt, es ſtiegen die Boden⸗ preiſe und damit der Wohlſtand der Bewohner. Wenn auch nicht verhindert werden konnte, daß mehrmals in dieſer Periode wertvolle Stücke, wie die Gegend zwiſchen der Kurfürſtenſtraße und dem Lützowufer, ſowie der Zoologiſche Garten vom Charlottenburger Gemeindegebiet abgeriſſen und in Berlin einverleibt wurden;