— 37 — 22 In derſelben Zeit, in der die ehemalige Gartenſtadt und Sommerfriſche Charlottenburg in ihrem Weſt⸗ wie in ihrem Oſtgebiete ſich zur Wohnſtadt aus⸗ bildete — erwuchs ihr im Nordoſten ein ſelbſtändiges Fabriken⸗Viertel,, das zu einem Hauptſitze der elektriſchen und der Metall⸗Induſtrie wurde, (wie die chemiſche und keramiſche Induſtrie ſchon lange innerhalb des Stadtgebietes ver⸗ treten war), und gegenwärtig ſind in den Stadtteilen nördlich der Spree neue oße Arbeiter⸗Viertel im Entſtehen begriffen. War die Verwaltung der ſo ent⸗ 7. Großſtadt einerſeits dadurch erleichtet, daß ſie als Tochterſtadt Berlins und in deſſen unmittelbarer Nähe emporkam, ſo war es andererſeits eine ſchwierige Aufgabe, auf dieſem gewiſſermaßen folonialen Boden den Bürgerſinn zu wecken und für die Bewältigung der neu ſich ergebenden modernen Verwaltungsaufgaben lebendig D¹ machen. ieſer Aufgabe haben ſich die ſtädtiſchen Kollegien Charlottenburgs in einem Maße gamnagen gezeigt, das heute von allen Seiten anerkannt iſt. Durch fürſtliche Gunſt entſtanden und durch königliches Wohlwollen zu allen Zeiten ge⸗ fördert, hat die Verwaltung der Stadt Charlottenburg es verſtanden, mit der Hingebung an das große vaterländiſche Gemeinweſen jenen Geiſt bürgerlicher Selbſtändigkeit zu verbinden, welcher den Stolz und die Grundlage ſtädtiſcher Selbſtverwaltung bildet. Die Schnelligkeit, mit der Charlottenburg ſich zur Großſtadt entwickelt hat, ſteht in der Geſchichte der deutſchen Städte bisher beiſpiellos da. Noch vor drei Jahrzehnten eine Teltowſche Landſtadt von wenig mehr als 20 000 Ein⸗ wohnern, umfaßt ſie um die gegenwärtige Zeit ihrer Zweihundertjahrfeier mehr als 200 000 Seelen. Zu der weiteren Entwickelung dieſes blühenden Gemein⸗ weſens rufen wir ſeinen Vertretern ein herzliches Glückauf zu. Berlin, den 27. Mai 1905. Die Alteſten der Kaufmannſchaft von Berlin. gez. Kaempf. Weigert. Helfft.“ Nach dem Verleſen der Adreſſe antwortete der Oberbürgermeiſter: „Hochverehrter Herr Präſident! Unter dem Alteſtenkollegium der Berliner Kaufmannſchaft und unter ſeiner Führung hat ſich Handel und Induſtrie in Berlin in ſo glänzender Weiſe entwickelt, daß Berlin heute unſtreitig die größte Induſtrieſtadt Deutſchlands iſt. Und als Charlottenburg anfing, ſich zu regen und allmählich auf dem Gebiet von Handel und Induſtrie größer zu werden, da hat, was wir dankbarſt anerkennen, das Alteſtenkollegium auch Charlottenburgs nicht vergeſſen und iſt rechtzeitig und freundwillig entgegenkommend auch für die Charlottenburger Intereſſen eingetreten, ſie ebenſo an ihr Herz ziehend, wie die Intereſſen Berlins. Angeſehene Männer aus unſerer Verwaltung ſitzen in Ihrem Kollegium. Auch die Stadtverwaltung hat ſich, namentlich als ſie ihre Arbeit zu lenken be⸗ rufen war auf dasjenige Gebiet der Stadt, das Sie, Herr Präfident, vorhin in Ihren Worten bezeichnet haben, das Gebiet jenſeits der Spree, als ſie an deſſen Ausbau dachte mit weitblickenden Plänen, die noch nicht überall in der Offent⸗ lichkeit bekannt ſind, — auch die Stadtverwaltung hat ſich, des freundlichen Entgegen⸗ kommens des Allteſtenkollegiums erinnernd und ſeiner Güte und Erfahrung ver⸗ trauend, an Sie gewendet und Sie gebeten um Ihren ſachverſtandigen Rat. Und niemals haben Sie uns den Rat verſagt, immer haben Sie uns in ſachverſtändiger Weiſe belehrt, wie wir am beſten die Ziele erreichen, die wir verfolgen. Geſtatten Sie mir auch an dieſer Stelle, Hochverehrter Herr Präſident, Ihnen und dem Atteſtenkollegium herzlichſten, aufrichtigſten Dank dafür zu ſagen. Sie, mein verehrter Herr Präſident, mit Ihrem Kollegium haben vor einigen Jahren einen Mitarbeiter an die Seite geſtellt erhalten, die Handels⸗ kammer, die beide nun in gleicher Richtung zum Wohle des Ganzen, ins⸗ beſondere der Kaufmannſchaft wirken. Aber Ihre alten Aufgaben haben Sie nicht aus dem Auge gelaſſen; im Gegenteil, neben Ihrer bisherigen Wirkſamkeit haben Sie Ihr Arbeitsgebiet mächtig ausgedehnt durch die Schaffung der Handele⸗ hochſchule — meines Wiſſens die erſte Handelshochſchule in Norddeutſchland, jedenfalls aber die erſte Handelshochſchule, die aus der eigenen Initiative der Kaufmannſchaft allein hervorgegangen iſt. Dieſes Inſtitut wird den weit⸗ gehendſten Segen verbreiten, und auch die jungen Charlottenburger Kaufleute Sme 11. 8 —1 1 teilnehmen können. Auch dafür gebührt nen unſer aufrichtigſter Dank! Mit dieſem Blick in die Zukunft bitte ich, Ihr freundliches Wohlwollen und Ihr gütiges Entgegenkommen der Stadt Charlottenburg auch ferner zu be⸗ wahren, wie Sie es ihr bisher immer zu erzeigen die Güte hatten. Für Ihre künſtleriſch acſe 1 herzlichſten, aufrichtigſten Dank ravo! Die nächſte Adreſſe wurde überreicht von dem Direktor des Königlichen Kaiſerin Gymnaſiums, Prof. Dr. Rethwiſch unter folgender Anrede: