— 138 — ſämtliche Schüler teil, die einen Hauptkurſus durchgemacht hatten, außerdem diejenigen, die nur leicht ſtotterten und deren Teilnahme an einem Hauptkurſus daher nicht notwendig erſchien. Da dieſes Syſtem mit der Zeit mancherlei Mängel aufwies, wurde Oſtern 1903 an einer Knabenſchule (Gemeindeſchule XVvII) und Michaelis 1904 an einer Mädchenſchule (Gemeindeſchule XX) ein ſogenannter Dauerkurſus eingerichtet. Die ſtotternden Kinder dieſer Schulen beſuchten nicht mehr den zuſtändigen Hauptkurſus, ſondern erhielten während des ganzen Jahres an ihrer eigenen Schule durch den Leiter des bisherigen Nebenkurſus 3 Stunden Sprachheilunterricht. Da ſich die neue Einrichtung an den genannten Schulen bewährt hatte, wurde ſie Oſtern 1905 unter Wegfall der Haupt⸗ und Nebenkurſe an ſämt⸗ lichen Gemeindeſchulen eingeführt. Die Vorzüge des neuen Verfahrens ſind in der Hauptſache folgende: a) Die ſtotternden Kinder bleiben in fortwährender Übung bis zur Beſeitigung des IIbels und ſtehen immer unter demſelben Lehrer. b) Die ſtotternden Kinder brauchen nicht in andere oft weitentlegene Schulhäuſer geſchickt zu werden; ſie können daher auch dieſen Umſtand nicht ausbeuten, um ſich dem Unterricht überhaupt zu entziehen. c) Es können mehr Kinder als bisher herangezogen werden, zumal ſolche mit leichteren Leiden nicht an allen drei Wochenſtunden teilzunehmen brauchen. 4) Die neu eingeſchulten Kinder der Grund⸗ klaſſe, die an Sprachgebrechen leiden, können dem Sprachheilkurſus früher zugewieſen und dadurch ſchneller gefördert werden; ebenſo kann bei den von außerhalb zuziehenden ſprach⸗ gebrechlichen Kindern die Bekämpfung des UÜbels ſofort einſetzen. e) Unter der neuen Organiſation verſäumen die Kinder weniger Stunden vom übrigen Unterricht als bei der alten; außerdem kann mit der Stundenlage leichter und öfter gewechſelt werden, ſo daß nicht längere Zeit dieſelben Fäücher verſäumt zu werden brauchen⸗ Im Jahre 1905 haben im ganzen 428 Kinder am Sprachheilunterricht teilgenommen. Davon wurden 165 geheilt und 242 gebeſſert. Nur bei 21 Kindern war noch keine Beſſerung eingetreten. Die Leiter der Kurſe erhalten eine Jahresentſchädigung von 250 ℳ Verabfolgung von Frühſtück. Zur Verabfolgung von Frühſtück an bedürftige Kinder ſtanden wiederum 4500 ℳ zur Verfügung. In früheren Jahren wurden jedem berückſichtigten Kinde ¼ Liter Milch und 2 Schrippen verabfolgt. Da nach den überein⸗ ſtimmenden Berichten der Rektoren in den meiſten Fällen die zweite Schrippe nicht aufgezehrt worden war, wurde im Winter 1905/06 für jedes Kind zwar wieder ¼ Liter Milch, aber nur 1 Schrippe geliefert. Dadurch wurde es möglich, gegen früher mehr Kinder und dazu für einen längeren Zeitraum zu bedenken. So konnten in der Zeit vom 27. November 1905 bis 24. März 1906 an 90 Tagen täglich 600 Portionen verabfolgt werden gegen 564 im Vorjahre an 80 Tagen in der Zeit vom 28. November 1904 bis 14. März 1905. Unterricht erkrankter Kinder im Hauſe. 6 Kindern, die durch körperliche Gebrechen dauernd am Schulbeſuche verhindert waren, wurden in der elterlichen Wohnung durch Hilfslehrerinnen und eine angeſtellte Lehrerin wöchentlich 2 bis 4 Stunden Privat⸗ unterricht auf ſtädtiſche Koſten erteilt. Anſtaltsfürſorge. In Anſtalten waren 20 ſchulpflichtige Kinder untergebracht und zwar 7 im Wilhelmsſtift für Idioten in Potsdam, in der Provinzialanſtalt für Epileptiſche in Potsdam, in der Idiotenanſtalt in Lübben, im Lazarushauſe für Idioten in Fürſtenwalde, in der Taubſtummenanſtalt in Wriezen, in der Blindenanſtalt in Steglitz. In einem Falle wurde von den Eltern die Hälfte der Koſten getragen. Orthopädiſcher Unterricht. Die günſtigen Erfolge, die mit dem 1904 verſuchs⸗ weiſe eingerichteten Unterricht an der Gemeindeſchule I1 (Mädchen) erzielt wurden, gaben Veranlaſſung, zwei gleiche Kurſe auch an der Gemeindeſchule I (Knaben) einzurichten. Die Leitung dieſer beiden Kurſe wurde zwei ſtädtiſchen Lehrern übertragen, die ſich die Befähigung zur Erteilung des orthopädiſchen Unterrichts vorher erworben hatten. Waldſchule. Die Wiedereröffnung der Waldſchule erfolgte am 1. Mai, ihre Schließung am 28. Oktober 1905. Es hatten wiederum 120 Kinder aus den Oſterklaſſen 1 bis vI der Gemeindeſchulen Aufnahme gefunden. Die Leitung lag wie im Vorjahre in den Händen des Lehrers Köppen, dem 2 Lehrer, 1 Lehrerin und 1 Hilfslehrerin zur Seite ſtanden. Die Bewirtſchaftung hatte wieder der Vaterländiſche Frauenverein übernommen. Eine bauliche Anderung wurde inſofern vorgenommen, als die Eßtiſche überdacht wurden. Die Erfolge waren auch im Jahre 1905 ſowohl in geſundheitlicher wie in unter⸗ richtlicher Beziehung überaus günſtig. Ferien unter richt. 2. die im Juni in die Ferienkolonien entſandten und deshalb vom Schulbeſuch dispenſierten Kinder — etwa 200 — wurde in den Sommerferien verſuchs⸗ weiſe ein nicht obligatoriſcher Nachhilfeunterricht eingerichtet, der ſich auf die Fächer Deutſch und Rechnen erſtreckte. Der Unterricht fand im Monat Juli während dreier Wochen an je 3 Tagen und in je 3 Stunden für Knaben und Mädchen gemeinſam ſtatt. Es waren 4 Klaſſen — je eine für die Kinder der II. bis V. Klaſſe — eingerichtet, welche von 4 Gemeindeſchullehrern unterrichtet wurden. Die Erfolge dieſes Unterrichts, zu dem ſich die in Betracht kommenden Kinder durchweg regelmäßig einſtellten, laſſen eine Wiederholung desſelben ſehr erwünſcht erſcheinen. Arbeitsſtunden. Da während der Wintermonate viele Gemeindeſchulkinder nicht in der Lage ſind, in der elterlichen Wohnung ihre Schularbeiten ordnungsmäßig fertigen, weil es ihnen an einem geeigneten warmen Raume, oft auch an genügender und an der nötigen Ruhe fehlt, wurden auf Beſchluß der ſtädtiſchen Körperſchaften 500 ℳ zu — — 1