— 157 — Mit der Leitung der Schule wurde der ſeitherige Direktor der kaufmänniſchen und gewerblichen Fortbildungsſchule in Erfurt, Arthur Haeſe, betraut und vom 1. April 1905 ab auf Lebenszeit angeſtellt. Die Lage der Unterrichtsſtunden, teilweiſe an den Vormittagen, erforderte auch die Beſchäftigung von hauptamtlichen Lehrkräften, da nebenamtlich beſchäftigte Lehrer zu dieſer Zeit gewöhnlich nicht abkömmlich waren. In einer am 1. April 1906 ab neu geſchaffenen Stelle wurde der hieſige Gemeindeſchullehrer Witte, der bereits ſeit Oktober 1904 an der Anſtalt hauptamtlich mit Erfolg tätig war, gewählt. Außer einem vollbeſchäftigten Hilfslehrer unterrichteten noch 46 Lehrer im Nebenamte, unter dieſen 1 Architekt, 1 Ingenieur, 1 Maler und 1 Kupferſtecher. Um die ſeminariſch gebildeten Lehrer nach und nach zu befähigen, ihren Unterricht in Anlehnung an die berufliche Tätigkeit ihrer Schüler zu erteilen, haben wir 1 Lehrer in der Hirſch'ſchen Schneiderakademie zu Berlin im Schneidern und 1 Lehrer in den Kontor⸗ und Lagerarbeiten pp. eines größeren Kaufhauſes in Berlin während je ⅝ Jahres praktiſch ausbilden laſſen. Ferner wurden, wie alljährlich, 3 Lehrer nach Leipzig entſandt, zur Teil⸗ nahme an dem dort ſtattfindenden ſechswöchigen Kurſus für Fortbildungsſchullehrer. Neben dem lehrplanmäßigen Unterrichte der Fortbildungsſchule ſind auch für ſolche männlichen Perſonen, die an dem Unterrichte der Fortbildungsſchule nicht teilzunehmen pflegen, beſondere Fortbildungskurſe eingerichtet worden, und zwar: 1 ſechswöchiger Fortbildungskurſus für Schiffer und 1 Arbeiterfortbildungskurſus. Der Schifferfortbildungskurſus wurde am 3. Januar 1906 mit 1 Ober⸗ und 1 Unter⸗ kurſus im Gebäude der Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule, Wilmersdorfer Straße 166, eröffnet und am 13. Februar 1906 geſchloſſen. Es hatten ſich 70 Teilnehmer eingefunden, die den Unterricht an 4 Wochentagen nachmittags von 2 bis 6 Uhr gegen eine Teilnehmer⸗ gebühr von 2 ℳ beſuchten. Der Unterricht erſtreckte ſich auf Deutſch, Rechnen, Handels⸗ kunde, Schiffsdienſt, Geſetzeskunde, Erdkunde und Zeichnen und wurde von Volksſchullehrern, 1 Regierungsbaumeiſter, 1 Schiffsbauingenieur und 1 Schiffsmakler erteilt. Das Ergebnis dieſer Veranſtaltung war erfreulich und fand bei Gelegenheit der ſtaatlichen Schifferprüfung lobende Anerkennung. Von 27 Kurſusteilnehmern, die ſich zur Schifferprüfung meldeten, konnte 26 das Schifferpatent verliehen werden. Das Alter der Schiffer ſchwankte zwiſchen 16 und 43 Jahren. Eine neue Einrichtung war der Arbeiterfortbildungskurſus. Er wurde Mitte November 1905 in der Aula der 1./II. Gemeindeſchule, Peſtalozzi⸗Straße 89/90, eröffnet und Ende März 1906 geſchloſſen. Der Zweck dieſer Veranſtaltung war die Ausbildung von Arbeitern in geeigneten Unterrichtsgebieten, Einführung in die deutſche Literatur und die Stillehre. Die Zahl der Teilnehmer betrug 24. Der Unterricht wurde in 2 mal wöchentlich 2 Stunden erteilt. Die Geſamtausgabe für die Fortbildungsſchule einſchl. der Schiffer⸗ und Arbeiter⸗ fortbildungskurſe betrug im vergangenen Rechnungsjahre 48824,78 ℳ. An dieſen Koſten beteiligte ſich der Staat mit 8500 ℳ, die Schlächterinnung mit 1500 ℳ und die Bäckerinnung mit 100 ℳ. 140 ℳ wurden durch Teilnehmergebühren (Schifferfortbildungskurſe) gedeckt. Den Reſt trug die Stadtgemeinde. Als Unterrichtsräume dienten der Fortbildungsſchule die Räume des Mietshauſes Krumme Straße 89, mehrere verfügbare Klaſſen der Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule, Wilmersdorfer Straße 166 und Klaſſen der XV. Gemeindeſchule Spree⸗Straße 31. () Mädchenfortbildungsſchulen. Die beiden je eine gewerbliche und eine kaufmänniſche Abteilung umfaſſenden Mädchenfortbildungsſchulen entwickelten ſich auch in dieſem Jahre in erfreulicher Weiſe. Der Unterricht der Mädchenfortbildungsſchule I fand wie bisher in den Räumen der IV. Gemeindeſchule, Schloß⸗Straße 2 a ſtatt, und wurde wochentäglich von 3 bis §8 Uhr nachmittags durch 3 Lehrer und 6 Lehrerinnen erteilt. Der Unterricht der Mädchenfortbildungsſchule I1I wurde, wie im Vorjahre, in dem Gebäude der XX. Gemeindeſchule, Bleibtreu⸗Straße 43, abgehalten und von der Leiterin, 4 Lehrern und 15 Lehrerinnen erteilt. Die Unterrichtsräume dieſer Anſtalt ſind ſehr be⸗ ſchränkt. Es werden 5 Klaſſenzimmer, die Aula, die Turnhalle, die Volksſchulküche und 2 Verſchläge auf dem Korridor benützt. Die einzelnen Unterrichtsgegenſtände ſind: Deutſch, Buchführung, Rechnen, Engliſch, Franzöſiſch, Stenographie, Korreſpondenz, Kontorarbeiten, Schreiben, Maſchineſchreiben, Schneidern, gewerbliche Handarbeiten, Putz, Kunſthandarbeiten, Zeichnen, Fachzeichnen für Wäche, Fachzeichnen für Schneidern, Wäſche⸗ bezw. Maſchinenähen, Wäſchezuſchneiden, Aus⸗ beſſern, Kochen, Waſchen, Reinmachen. Plätten, Erziehungslehre, Geſundheitslehre, Pflege des Kindes, Fröbel ſche Beſchäftigung. Im Sommer 1905 wurde die Mädchenfortbildungsſchule! von 193 Schülerinnen, die Mädchenfortbildungsſchule I1I1 von 211 Schülerinnen beſucht, im Winterhalbjahr 1905/06 nahmen 216 bezw. 209 Schülerinnen am Unterricht teil. Von dieſen 409 Schülerinnen der Mädchenfortbildungsſchule 1 waren 98, von den 420 Schülerinnen der Mädchenfortbildungsſchule 11 69 über 18 Jahre alt. 28 bezw. Schülerinnen waren verheiratet.