— 228 — Ernährung, insbeſondere über die naturgemäße Säuglingsnahrung, die Mutterbruſt, ſowie der Beratung nichtſtillender Mütter und Pflegemütter über die zweckmäßigfte künſtliche Säuglingsernahrung. Eine Behandlung kranker Säuglinge findet nicht ſtatt. Kinder über das erſte Lebensjahr hinaus finden nur Berückſichtigung, wenn ſie infolge körperlicher Schwäche bezüglich ihrer Ernährung wie Säuglinge zu behandeln ſind. Wo künſtliche Ernährung erforderlich iſt, wird gute Milch in Halbliterflaſchen zum Preiſe von 18 Pfg für den Liter verabfolgt. An Unbemittelte kann die Milch auf Grund einer Beſcheinigung des zuſtändigen Armenkommiſſionsvorſtehers oder Waiſenrats unentgeltlich abgegeben werden. Vorausſetzung für die Benutzung der Fürſorgeſtellen und die Milchab⸗ gabe iſt, daß die Kinder wöchentlich einmal dem Arzt der Fürſorgeſtelle in der Sprechſtunde vorgeſtellt werden. Die Inanſpruchnahme der Fürſorgeſtellen und der Bezug der Milch, auch dann, wenn er ganz unentgeltlich erfolgt, gilt nicht als Armenunterſtützung. Eine Beein⸗ trächtigung der politiſchen Rechte tritt dadurch nicht ein. Bis zum 31. Dezember 1905 wurde paſteuriſierte Milch von der Firma C. Bolle in Berlin in „ Literflaſchen zum Preiſe von 22 Pfg. pro Liter bezogen, vom 1. Januar 1906 ab hat die Berliner Milchkur⸗Anſtalt früher Hellersdorf die erforderliche Milch in unabge⸗ fochtem Zuſtande zum Preiſe von 28 Pfg. pro Liter geliefert. Die Milch iſt an vorher nicht bekannt gegebenen Tagen wöchentlich einmal vom hogieniſchen Inſtitut der Univerſität Berlin chemiſch und batteriologiſch unterſucht worden. An Koſten hierfür ſind 500 . ent⸗ ſtanden. Bis zum Schluſſe des Rechnungsjahres ſind 44 413 Liter Milch zur Verausgabung gelangt und zwar 23 536 Liter unentgeltlich. Die Stadt erſtattet den Vereinen für jeden gegen Bezahlung abgegebenen Liter 10 Pfg., für die unentgeltlich abgegebene Milch die Selbſtkoſten — 28 Pfg. — pro Liter. Der Betrieb der Fürſorgeſtellen bis zum 31. März 1906 hat der Stadt folgende Koſten verurſacht. 1. Für die Einrichtung und Unterhalungg. 3 625,43 2. Für die Muchhg. 8 207,83 „ 3. Honorar der Arzteee.. 22 2 000— „ 4. Honorar der Schweſtern, welche von den Vereinen geſtellt werden 2 313,1 3. Micten 2 2 305,65 „ 6. Fur Druckſachn 788,75 „ 7. Für Heizung, Beleuchtung, Reinigung und dergl. 450,51 „ 8. Iusgemeen 4. 7 352,14 „ Summe 19 988,32 ℳ Hierzu die Koſten für die Milchunterſuchungen.. 500,— , Geſamtausgabe 20488,32 In den nächſtjährigen Etat ſind Mittel eingeſtellt zur Einrichtung von 2 Milch⸗ küchen, in denen die Milch keimfrei gemacht und trinkfertige Portionen nach ärztlicher Vor⸗ ſchrift hergeſtellt werden ſollen. Ferner ſollen an unbemittelte ſtillende Mütter Milch oder Stärkungsmittel, „ſogenannte Stillprämien“ unentgeltlich abgegeben werden, um ihnen das Selbſtnähren zu erleichtern. 5. Die Fürſorgeſtelle für Lungenkranke Die Fürſorgeſtelle für Lungenkranke iſt die Zentralſtelle, von der aus die Tuber⸗ fuloſe in der Stadt in ſyſtematiſcher und einheitlicher Weiſe bekämpft werden ſoll. Sie will die tuberkuloſen Familien ausfindig machen und dieſe Tuberkuloſeneſter nach Möglichkeit einzeln ausheben oder wenigſtens unſchädlich machen. Sie will die geſunden Mitglieder dieſer Familien vor der Infektion ſchützen, die ſtrofulöſen Kinder und heilungsfähigen tuberkulöſen Kinder und Erwachſenen der Heilung zuführen, und die nicht mehr heilungs⸗ fähigen ſo behandeln, daß einerſeits dieſen Kranken ein leidliches, menſchenwürdiges Daſein verſchafft wird, andererſeits die Gefahr der Infektion für andere Menſchen nach Möglichkeit beſeitigt wird. Zu dieſem Zweck werden alle Mitglieder der tuberkulöſen Familien unter⸗ ſucht, und in dauernder ärztlicher Kontrolle behalten. Die Familien werden in ihren Wohnungen durch die Schweſtern aufgeſucht, ſie werden belehrt und beraten, und allmählich zu einer geſundheitsgemäßen Lebensweiſe erzogen Für ſämtliche Familienmitglieder werden umfangreiche, teils prophylaktiſche, teils therapeutiſche Maßregeln getroffen. Eine ausgedehnte Ausnutzung aller Tuberkuloſeeinrichtungen und, wo es not tut, auch direkte materielle Unter⸗ ſtützung wird dieſen Familien beſchafft. Alle öffentlichen und privaten Wohlfahrtseinrichtungen werden hierfür durch die Fürſorgeſtelle mobil gemacht. Die ſtädtiſche Fürſorgeſtelle ſteht in enger Verbindung mit der bereits ſeit Mai 1902 beſtehenden Lungenkrankenfürſorge des Vaterländiſchen Frauen⸗Vereins vom Roten Kreuz. Durch die Errichtung der ſtädtiſchen Fürſorgeſtelle und die Anſtellung eines eigenen leitenden Arztes, der gleichzeitig Vertrauensarzt der Armenverwaltung für Tuberkuloſe iſt, iſt auch die arztliche Seite in einheitlicher und zweckmäßiger Weiſe geregelt worden. Die Fürſorgeſtelle hat ſich mit allen denjenigen Stellen in Verbindung geſetzt. zu deren Kenntnis Fälle von Tuberkuloſe gelangen muſſen. Das ſind alle Orts⸗ und Betriebs⸗ Krankenkaſſen, alle eingeſchriebenen Hilfskaſſen, die Straßenbahnkaſſe, die Kaſſe der Eiſen⸗ bahn, Poſt und Schutzmannſchaft, ferner die Landesverſicherungsanſtalten Berlin und Branden⸗ burg. die Schuldeputation. Alle dieſe Behörden ſind auf die Fürſorgeſtelle aufmerkſam