großen Städte iſt, als Organe des Staates werktätig mitzuarbeiten an der Löſung der ſozialen Frage. Das heißt alſo, angewendet auf das Gebiet der Armenpflege, daß der Armenpfleger nicht nur die einzelnen Fälle der Not und des Elends bearbeitet und zu heilen ſucht, ſondern daß er nach den Gründen ſucht, aus denen Not und Elend unſerer großen Städte erwachſen, daß er nach den Quellen forſcht, aus welchen ſie fließen, und daß er nun bemüht iſt, dieſe Gründe zu bekämpfen, dieſe Quellen zu verſtopfen, um die in Not und Elend geratenen armen Menſchen wieder moraliſch und wirtſchaftlich ſelbſtändig zu machen, damit ſie aus eigner Kraft ohne Unterſtützung wieder dahin gelangen, für ſich und die Ihrigen zu ſorgen. So haben Sie, mein lieber Herr Kollege,„vorbeugende Armen⸗ pflege in hervorragendem Maße getrieben. So haben Sie gearbeitet auf dem Gebiete der Bekämpfung der ſchrecklichen volksverheerenden Lungenſeuche, und ſo haben Sie zu arbeiten begonnen auf dem Gebiete der Bekämpfung der Trunkſucht, die die werdende Generation gefährdet und zu degenerieren droht. Sie haben dieſe neuen Gedanken, die Sie in unſere Armenverwaltung hineingetragen haben, gefördert unter ſchweren, zeitweiſe ſehr ſchweren Kämpfen, unter Überwindung gegenteiliger Strömungen. Aber wie überhaupt in unſerm Vaterlande dieſe Ideen ſich von Stadt zu Stadt durchgerungen haben, ſo iſt es Ihnen auch in unſerer Verwaltung nachzuweiſen gelungen, daß dieſe Ihre Beſtrebungen die richtigen ſind; wir haben ſie als ſolche erkannt, und wir folgen Ihnen heute gern. Und daß die Stadtverordneten⸗Verſammlung durch Ihre Wiederwahl Ihre Tätigkeit und Ihre Grundſätze im weſentlichen und in der Hauptſache anerkannt hat, das wird Ihnen, mein verehrter Herr Kollege, ebenſo wie mir und den Mitgliedern des Magiſtrats eine große Freude und Genugtuung ſein. Mögen Sie denn, lieber Herr Kollege Samter, in Betätigung dieſer Ihrer grundſätzlichen Anſchauungen auf dem Gebiete der Armenverwaltung und in immer weiterem verſtändigen, maßvollen, aber zielbewußten Ausbau dieſer Grundſätze auch die nächſten 12 Jahre den Armen und Elenden, den Bedürftigen und Schwachen unter unſeren Mitbürgern zu dienen Kraft und Freude haben! In ſeiner Antwort führte Stadtrat Samter folgendes aus: Ich bin in den 12 Jahren, die ich die Ehre habe, im Dienſte der Stadt Charlottenburg zu ſtehen, bemüht geweſen, in unſere Armenverwaltung den ſozialen Geiſt, den Geiſt der modernen Armenpflege hineinzutragen, wie er heute überall ſich entwickelt und bereits gewiſſe feſte Formen angenommen hat. Die moderne Armenpflege iſt nur dem Namen nach noch dasſelbe wie die Armenpflege vor 50 Jahren und früher. An Stelle des früheren gedanken⸗ loſen Almoſengebens, womit man ſeine Pflicht getan zu haben glaubte, iſt heute die werktätige Hilfe von Menſch zu Menſch getreten, ein Eingreifen zur rechten Zeit mit rechten Mitteln, ein Nachforſchen, wie es der Herr Oberbürgermeiſter ſchon erwähnt hat, nach den Urſachen der Verarmung und ein tatkräftiges Ein⸗ greifen, um dieſe Urſachen wirkſam zu beſeitigen, und dem Notſtand abzuhelfen. Die heutige Armenpflege wartet nicht erſt ab — auch das hat der Herr Ober⸗ bürgermeiſter bereits berührt — bis jemand ihr anheimfällt; ſie hat als ihre Aufgabe erkannt, vorbeugend zur rechten Zeit mit rechten Mitteln einzugreifen, um zu verhüten, daß jemand der Armenpflege anheimfällt, um ihn in Stand zu ſetzen, ſich wieder ſelbſt zu ernähren. Ich habe die beſondere Freude gehabt, vor wenigen Wochen, als ich als Vertreter der Stadt Charlottenburg die Ehre hatte, auf dem internationalen Armenpflegekongreß in Mailand anweſend zu ſein, bei der Eröffnung des Kongreſſes gerade dies Charakteriſtiſche der modernen Armenpflege, dass vorbeugende Moment von den Rednern aller Nati⸗ onen in voller Übereinſtimmung betonen zu hören. Die moderne Armenpflege, das möchte ich noch weiter hinzufügen — auch das iſt von dem Herrn Oberbürgermeiſter ſchon geſtreift worden —, begnügt ſich aber nicht mit der eigentlichen Armenpflege. Sie hat als ihre Aufgabe erkannt, auch an den großen Fragen der Geſundheitspflege, ſpeziell der Tuberkuloſebekämpfung, nicht vorüberzugehen. Ich darf es mit Stolz ausſprechen, daß Charlottenburg mit die erſte Stadt geweſen iſt, die dieſe Aufgabe der Armenpflege in Angriff genommen und ſich beſtrebt hat, auch ihrerſeits zur Bekämpfung der Volkskrankheiten beizutragen. Sie hat, nachdem ſie anfangs faſt allein geſtanden, Nachfolge bei allen deutſchen Großſtädten gefunden, zuerſt langſam und zögernd, und heute beſteht bei allen Großſtädten in Deutſchland darin allgemeine Übereinſtimmung, daß die Betätigung auf dieſem Gebiet zu den Aufgaben der Armenpflege gehört. Ich darf verſichern,