— 9 — funden habe. Ich hätte es nicht unterlaſſen können, das heute hier auszuſprechen, Herr Oberbürgermeiſter. Ich danke Ihnen für das Vertrauen, das Sie mir entgegengebracht haben, und ich verſpreche Ihnen, daß ich auch in der neuen Amtsperiode in derſelben Weiſe mit Ihnen zu arbeiten freudig bereit ſein werde, und ich wünſche mir nur, daß das recht lange ſein möge. Auch Ihnen, mein hochverehrter Herr Stadtverordnetenvorſteher, ſage ich meinen wärmſten Dank für die freundlichen Worte, mit denen Sie mich begrüßt haben, die ſelbſtverſtändlich ihren vollen Wert und ihren vollen Nachdruck erſt erhalten in dem Vertrauen, welches die verehrte Verſammlung mir entgegengebracht hat durch die Art und die Modalitäten meiner Wiederwahl. Meine ſehr geehrten Herren! Als ich vor zwölf Jahren vor Ihnen ſtand als ein Fremder, da habe ich Ihnen das Verſprechen abſoluter Loyalität gegeben, und daß ich heute nach Ablauf von zwölf Jahren, und nachdem Sie mich genau kennen, wieder vor Ihnen ſtehen darf, das darf ich hoffentlich dahin deuten, daß es mir gelungen iſt, das Verſprechen, das ich Ihnen damals gegeben habe, wenigſtens einigermaßen zu erfüllen. Meine ſehr verehrten Herren, ich weiß wohl, daß es Zeiten gegeben hat, wo das Gerücht, ich ſei konfliktslüſtern, ich fände eine Freude an der Zuſpitzung von Zuſtändigkeitsfragen zwiſchen Magiſtrat und Stadtverordneten⸗Verſammlung auch unter Ihnen teilweiſe Glauben finden konnte. Meine Herren, ich darf dieſes Gerücht heute wohl als ein Märchen bezeichnen, und ich darf hinzufügen, daß es mir immer leid getan hat, daß dieſes Mißverſtändnis hat entſtehen können. Ich gebe Ihnen, meine Herren, wie vor zwölf Jahren, ſo auch heute das Verſprechen vollſter Loyalität für den Lauf meiner nächſten Amtsperiode, und ich bitte Sie hierfür um Ihr Vertrauen. Am 17. September 1906 legte der Stadtrat Beringer krankheitshalber ſein Amt nieder. Als Erſatz wählte die Stadtverordneten⸗Verſammlung am 31. Oktober 1906 den Sanitätsrat Dr Gottſtein zum unbeſoldeten Stadtrat für den Reſt der Wahlzeit bis zum 31. Dezember 1908. Der Gewählte wurde nach erfolgter Beſtätigung in der Sitzung vom 19. Dezember 1906 in ſein Amt eingeführt. Am 6. Oktober 1906 verſtarb nach ſchweren Leiden der Stadtbaurat Profeſſor Schmalz, der erſt ſeit dem 17. Januar 1906 dem Magiſtratskollegium angehörte. Mit ihm ſchied — leider viel zu früh — einer der begabteſten Architekten aus dem künſtleriſchen Leben Groß⸗Berlins. Sein an Erfolgen reicher Lebensgang ſei kurz geſchildert: Geboren am 30. März 1861 als Sohn des ſpäteren Reichsgerichtsrats Schmalz, beſuchte er die Gymnaſien zu Thorn und Bromberg. Nachdem er Michaelis 1878 das Reifezeugnis unter Entbindung von der mündlichen Prüfung erhalten hatte, ſtudierte er das Hochbaufach an der Bauakademie in Berlin und der Techniſchen Hochſchule in Charlottenburg. Beide Staatsexamina beſtand er mit Auszeichnung. Zum Zwecke einer Studienreiſe erhielt er die Prämie des Miniſters der öffentlichen Arbeiten. 1887 verheiratete er ſich. 1898 wurde er Landesbauinſpektor, 1901 Profeſſor und 1904 Regierungs⸗ und Baurat. Vom Jahre 1884 an ſind folgende größere Bauwerke unter ſeiner Mitwirkung entſtanden: der Kaiſerpalaſt in Straßburg i. Elſ., das Siechenhaus in der Prenzlauer Allee in Berlin, verſchiedene Gemeindeſchulen in Berlin, das Reichsgericht in Leipzig, das Reichstagsgebäude in Berlin, das Landgericht 1 und Amts⸗ gericht I in Berlin. Dieſes letztere umfangreiche Gebäude wurde nach ſeinen Entwürfen und unter ſeiner Oberleitung errichtet. Vor ſeinem Übertritt in den ſtädtiſchen Dienſt leitete er in der Hochbauabteilung des Miniſteriums der öffentlichen Arbeiten die Entwurfsarbeiten für ein Regierungsgebäude und für das Oberlandesgericht in Düſſeldorf. Von Arbeiten, die von ihm im Laufe der Zeit ausgeführt wurden, ſeien weiter die architektoniſche Aus⸗ geſtaltung des Kaiſer Friedrich⸗Denkmals in Charlottenburg und des Moltke⸗Denkmals in Berlin, ſowie ſeine Tätigkeit im Atelier des Geheimen Regierungs⸗ und Baurats Profeſſor Dr.⸗Ing. Ende in Berlin erwähnt. Als Lehrer an der hieſigen Techniſchen Hochſchule war er von 1890 an zuerſt als Aſſiſtent mehrerer namhafter Architekten, ſpäter als Privatdozent tätig. Von 7 auswärtigen Univerſitäten wurden ihm Profeſſuren angeboten. Im Jahre 1886 erhielt er den Schinkelpreis des Architektenvereins zu Berlin, im Jahre 1892 den großen Staatspreis für Architekten von der Königlichen Akademie der Künſte. Ferner wurden ihm für die Beteiligung an zahlreichen Konkurrenzen mehrere 1. und 2. Preiſe zuerkannt. Auch waren ihm der Rote Adler⸗Orden 4. Klaſſe und der Königliche Kronen⸗Orden 3. Klaſſe ver⸗ liehen worden. Als er im Oktober 1905 von der Stadtverordneten⸗Verſammlung mit 45 von 49 Stimmen zum Stadtbaurat für den Hochbau gewählt worden war, hofften die ſtädtiſchen Körperſchaften in ihm eine Kraft gefunden zu haben, die den für die Weiterentwickelung der Stadt in bezug auf die künſtleriſche und architektoniſche Ausbildung des Stadtbildes harren⸗ den großen Aufgaben vollauf gewachſen ſein würde. Leider wurden die Hoffnungen jäh zerſtört. Nachdem ſein Befinden ſchon während ſeiner Tätigkeit im Frühjahr und Sommer 1906 ſehr zu wünſchen übrig gelaſſen hatte, erkrankte er im Auguſt ſchwer während eines Kuraufenthaltes in der Schweiz und wurde am 6. Oktober 1906, nachdem er inzwiſchen noch