185 — dann in dem Mißtrauen, welches die gewerblichen Stellenvermittler bei den Dienſt⸗ mädchen gegen den ſtädtiſchen Arbeitsnachweis erwecken und nähren, um ſich deren Kundſchaft auch für die Zukunft zu ſichern. Außerdem hat es den Anſchein, als wenn in dem abgelaufenen Geſchäftsjahre ein größerer Dienſtbotenmangel als je geherrſcht hätte, da es, beiſpielsweiſe in den Monaten Februar und März, vielen Hausfrauen trotz größter Mühe und Inanſpruchnahme aller Mittel (gemeinnützige und gewerbliche Stellenvermittelung, ſowie mehrfache Inſerate) nicht gelang, ein Dienſtmädchen zu finden, ſo daß ſie gezwungen waren, ſich wochenlang mit Aushilfen zu begnügen. In⸗ folge des großen Dienſtbotenmangels verzichtet man in manchen Haushaltungen ſchon von vornherein auf die Anſtellung eines Dienſtmädchens und behilft ſich mit einer Aufwärterin, welche nur während einiger Stunden des Tages die gröbſte Arbeit ver⸗ richtet. Aus dieſem Grunde iſt es auch erklärlich, daß ſich die Tätigkeit der Zweigſtelle gerade auf dem Gebiete der Vermittelung von Hilfs⸗ und Aushilfsperſonal in den gleichen 6 Monaten dieſes Geſchäftsjahres, welche ſchon einen Vergleich mit dem Vorjahr zu⸗ laſſen, bedeutend erweiterte. Während von den eben genannten Kategorien vom 1. Oktober 1905 bis 31. März 1906 757 Stellengeſuche, 1152 offene Stellen und 601 Vermittelungen zu verzeichnen waren, entfallen auf die gleichen Monate im Jahre 1906/07 1315 Siellengeſuche, 1642 offene Stellen und 1141 Vermittelungen. Die Einrichtung der Zweigſtelle wird auch von den Aushilfsmädchen, den Waſch⸗ und Reinemachefrauen, Aufwärterinnen, Näherinnen uſw. geradezu als Wohltat empfunden, da dieſe Leute ganz beſonders von der gewerblichen Stellenvermittelung ausgenutzt werden. Sie waren bisher genötigt, ſich ihre Arbeit von den ſogenannten Reinigungs⸗Inſtituten vermitteln zu laſſen, welche, um ſich die Kundſchaft der Haus⸗ frauen zu verſchaffen, die Arbeitskräfte zu ungewöhnlich billigen Preiſen anbieten und ſich von der Arbeiterin für jeden Arbeitstag, den ſie ihr verſchaffen, 50 Pfennige be⸗ zahlen laſſen. Während eine Reinemachefrau beiſpielsweiſe bei der vom ſtädtiſchen Arbeitsnachweis vermittelten Arbeit 2 Mart für den Tag erhält, welche ihr ohne Abzug als Verdienſt verbleiben, erhält ſie auf einer durch das Reinigungs⸗Inſtitut vermittelten Stelle nur 1 Mark 75 Pfennige, wovon ſie noch 50 Pfennige Vermittelungsgebühr abzugeben hat. Von den 1426 gemeldeten Dienſtmädchen (Mädchen für Alles, Köchinnen, Haus⸗ und Kindermädchen) waren 567 in Charlottenburg und 859 in Berlin und ſeinen Vor⸗ orten oder außerhalb wohnhaft. Es erhielten davon 1072 Dienſtmädchen feſte Stellungen zu den nachfolgend angegebenen Lohnſätzen. 72 bis 120 121—150 151—180181—210211—240241 — 300301— 360 Madchen für Alles 20 51 119 178 238 99. Köchinnen 2 5 65 36 Hausmädchen 4 9. 4 16 41 88 57 2 Kindermadchen. 3 5 8 9 11 4 1 Löhne über 360 Mark wurden an 2 Mädchen für Alles und an 4 Köchinnen gezahlt Entſprechende Bekanntmachungen wurden wiederum in den beiden Charlottenburger Blättern, in der „Voſſiſchen Zeitung“ und im „Berliner Lokalanzeiger“ erlaſſen. Außerdem wurde auch in einer Schleſiſchen Zeitung auf unſeren Nachweis aufmerkſam gemacht, wo⸗ durch es gelang, ſchleſiſchen Mädchen in Charlottenburg Stellung zu beſorgen. Die „Deutſche Warte“ erbot ſich, die Anzeigen des ſtädtiſchen Arbeitsnachweiſes unentgeltlich aufzunehmen, und es iſt von dieſem Anerbieten. auch mehrfach Gebrauch gemacht worden. An etwa 10 Tagen in jedem Monat wurde durch Säulenanſchlag auf den ſtädtiſchen Arbeitsnachweis aufmerkſam gemacht, ebenſo durch häufige Notizen in einer größeren Anzahl hieſiger und auswärtiger Zeitungen darauf hingewieſen. Das Verſenden von Reklamekarten an die in den Zeitungen angezeigten Stellen⸗ geſuche hat ſich bewährt, ebenſo die erſt ſeit etwa 2 Monaten eingeführte Methode, eine ge⸗ druckte Hinweiskarte an alle diejenigen Dienſtmädchen zu ſenden, deren Herrſchaften dem ſtädtiſchen Arbeitsnachweis Auftrag zur Beſorgung eines neuen Mädchen erteilen. Es wurde auch eine kleine Flugſchrift gedruckt, welche in gedrängter und leicht verſtändlicher Form den Stellungſuchenden die Vorzüge des ſtädtiſchen Arbeitsnachweiſes klar legt; jeder ſich meldenden Stellungſuchenden wird ein derartiges Heftchen zur eigenen Belehrung und zur Weitergabe an Kolleginnen mitgegeben. 3. Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung. Gewerbsmäßige Stellen⸗ vermittelung. Für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Warteſaal für ungelernte Arbeiter war auch in dieſem Jahre ein Aufſeher nötig. Nur im Monat September konnte derſelbe auf einige Wochen entbehrt werden. Junge Burſchen, die wenig Luſt zur Arbeit haben, verſuchen immer wieder durch ungebührliches Betragen die Ruhe und Ordnung zu ſtören; es mußten in mehreren Fällen ſolche Elemente zeitweiſe von der Benutzung des Arbeitsnachweiſes ausgeſchloſſen werden. Bedauerlich iſt es, daß der Aufſeher in dem Be⸗ ſtreben, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, von den ernſtlich Arbeitſuchenden ſelten unterſtützt wird. 24