182 — IX. Die füdtiſche Armen⸗ und Waiſenpftegt. 4. Allgemeines. Das Rechnungsjahr 1906 ſchließt mit einer Geſamtausgabe von 1 356 807 ſ, 73 250 ℳm mehr als das vorige Jahr, ab. Die Mehrausgabe entſpricht im weſentlichen der Zunahme der Bevölkerung um nahezu 13000 Einwohner: auf den Kopf der Einwohnerzahl entfallen 5,36 ℳ gegen 5,34 im Jahre 1905, ſodaß ſich nur eine ganz geringfügige Steigerung ergibt. Der erhöhten Ausgabe ſteht eine um rund 20 000 ℳ erhöhte Ein nahme durch Erſtattungen — 220 035 ℳ gegen 199 208 ℳ im Vorjahre gegenüber. Zieht man dieſe Einnahme von der Ausgabe ab, ſo ergibt ſich auf den Kopf der Bevölkerung eine Ausgabe von nur 4,49 ℳ gegen 4,51 ℳ im Jahre 1905: der Zuſchuß der Stadtgemeinde hat ſich alſo gegen das Vorjahr, auf den Kopf der Bevölkerung berechnet, ſogar verringert. In der Armenpflege ſind 6759 Perſonen gegen 6239 im Vorjahre unterſtützt worden; ihre Zahl hat alſo nur wenig zugenommen. 981 davon ſind lediglich durch Kranken⸗ hauspflege unterſtützt worden; die Haupturſachen der Unterſtützungen bilden im übrigen — wie in den früheren Jahren — Krantheit, Altersſchwäche oder Gebrechen, allein oder in Verbindung mit anderen Urſachen, auf die allein etwa zwei Drittel aller Unterſtützungen entfallen. Unter den Unterſtützten überwiegen die Frauen, von denen 3828 gegenüber 2200 Ehepaaren und nur 731 Männern unterſtützt worden ſind, und unter den Frauen wieder die — die Zahl 2333 erreichenden — Wit wen. Die Zahl der unterſtützten ehe ver⸗ laſſenen Frauen iſt verhältnismäßig gering; ſie hat nur 228 betragen. Nach der Konfeſſion betrachtet ſtehen 5575 evangeliſchen Unterſtützten 969 . . 4 41 jüdiſche und 10 Diſſidenten gegenüber; bei 159 Perſonen fehlt eine Angabe arüber. Eine in dieſem Jahre nach längerer Zeit zum erſten Male wieder vorgenommene Auszählung der Altersklaſſen hat unter den Unterſtützten 2662 Perſonen im Alter von über 60 Jahren, darunter 856 im Alter von über 70 Jahren und nicht weniger als 202 im Alter von über 80 Jahren ergeben. Von den 3267 laufend unterſtützten Perſonen ſind 843, alſo mehr als der vierte Teil, erſt im Laufe des Jahres in den Genuß der Unterſtützung gekommen; anderſeits befinden ſich unter ihnen einzelne, die eine ſolche Unterſtützung ſchon über 20 Jahre, zum Teil bis zu 25 Jahren, beziehen. Das ganze Jahr hindur ch ſind nur 2072 Per⸗ ſonen, alſo weniger als zwei Drittel aller laufend Unterſtützten, unterſtützt worden. Die Höhe der laufenden Unterſtützungen hat ſich auch im Jahre 1906 in verhältnismäßig niedrigen Grenzen gehalten. Nur 27 von 3267 laufend unterſtützten Perſonen haben eine UÜnterſtützung von mehr als 30 ℳ monatlich bezogen, nur 310 eine ſolche von mehr als 21 ℳ; die Mehrzahl der laufenden Unterſtützungen hat ſich auch im Jahre 1906 in den Stufen von 9—15 ℳ bewegt, — eine Tatſache, die ſich daraus erklärt, daß die Unterſtützungen faſt immer nur einen Zuſchuß zum Lebensunterhalt darſtellen. Der Monatsdurchſchnittsſatz der gezahlten laufenden Unterſtützungen — 14,21 ℳ, nur 0,18 ℳ mehr als 1905 — erſcheint trotzdem, wenn man die Steigerung der Preiſe nahezu aller Lebensbedürfniſſe berückſichtigt, außerordentlich gering. Um ſo mehr, als auch in dieſem Jahre das geringe Angebot kleiner Wohnungen und die Höhe der Wohnungsmieten auf die Höhe der notwendig gewordenen Unterſtützungen nicht ohne Einfluß geweſen iſt. Die Zahl der leerſtehenden kleinen Woh⸗ nungen von Stube und Küche, die im Mai 1906 noch 161 betragen hatte, war im November 1906 wieder bis auf 52 geſunken und iſt auch im Mai 1907 erſt auf 133 geſtiegen. Die Höhe der Mieten, ſoweit ſie von der Armenverwaltung kontrolliert werden konnten, zeigt im Jahre 1906 gegen die ſchon außerordentlich hohen Preiſe des Vorjahres wieder eine neue, ſeit mehreren Jahren immer weitergehende Steigerung. Der Monatsdurchſchnitts⸗ preis von 84 neu gezählten Armenwohnungen von Stube und Küche hat 21,89 ℳ (1905 21,06.ℳ), bei den in der erſten Hälfte 1907 gezählten 56 ſolchen Wohnungen ſogar 22,23 ℳ (im Vorjahre 21,22 ℳ) betragen: dabei haben 1906 11, 1907 § der gezählten Wohnungen über 25 ℳ monatlich, 1906 4 der gezählten Wohnungen ſogar über 30 monatlich gekoſtet. Auch die durch das Statiſtiſche Amt weiter fortgeführte Auszählung der Wohnungsverhältniſſe der Armenbevölkerung aus den Zählkarten zeigt kein Nachlaſſen der Preiſe, ſondern zum Teil weitere Erhöhungen gegen das Vorjahr, wenn auch die Zahlen teilweiſe zu klein ſind, um daraus allgemeine Schlüſſe zu ziehen.