— 1255 — 1) Der Kranke muß unheilbar ſein, 2) er muß eine bedeutende Infektionsgefahr für ſeine Umgebung bilden und 3) er muß zu Hauſe nicht genügend iſoliert werden können. Im Laufe des Jahres wurden 24 Perſonen, 13 Männer und 11 Frauen, nach Burg Daber geſchickt. Von dieſen haben 11 Perſonen, 6 Männer und 5 Frauen, nach einem Auf⸗ enthalt von durchſchnittlich 2,5 Monaten die Anſtalt freiwillig wieder verlaſſen, 2 mußten ſtrafweiſe entlaſſen werden. Am Schluß des Jahres ſind alſo noch 11 Perſonen, 6 Männer und 5 Frauen, in Pflege. Von Erfolgen kann man in dieſen Fällen ſelbſtverſtändlich nicht ſprechen, da ſie überhaupt nicht mehr weſentlich beſſerungsfähig ſind. Die Überweiſung nach Daber geſchieht nicht zu therapeutiſchen Zwecken, ſondern aus Gründen der Prophy⸗ laxe, um die Angehörigen vor der Infektion zu ſchützen. Die Wohnunge⸗ und Familienfürſorge iſt im übrigen hauptſächlich die Aufgabe der Lungenkrankenfürſorge vom Rothen Kreuz. Doch ſei hier folgendes angeführt: Die Fürſorge muß ihr Hauptaugenmerk darauf richten, daß das tuberkulöſe Mit⸗ glied einer Familie wenigſtens ein Bett für ſich hat, denn das Zuſammenſchlafen z. B. einer kranken Mutter mit ihrem bisher geſunden Kinde bedeutet wohl ſo ziemlich die ſchlimmſte Infektionsgefahr, die gedacht werden kann. Es wird deshalb ſtets darauf ge⸗ drungen, daß die kranken Perſonen allein ſchlafen. Leben die Familien in ſo beſchränkten Verhältniſſen, daß ſie ſich, falls es nötig iſt, ein Bett nicht ſelbſt kaufen können, ſo werden durch die Fürſorgeſtelle auf Rechnung der Armendirektion vollſt ändige Betten beſchafft und den Familien leihweiſe überlaſſen. Im letzten Jahre wurde auf ſolche Weiſe für 21 Familien Betten beſchafft. Einen großen Schritt weiter bedeutet es ſchon, wenn man es erreichen kann, daß das kranke Mitglied einer Familie in einem Wohhnraum allein ſchläft. Oft iſt dieſes ohne weiteres lediglich durch Belehrungen zu erreichen, falls genügend Räume vorhanden ſind. Häufig kommt es aber vor, daß die ganze Familie ein Zimmer und Küche oder Vorplatz bewohnt und die anderen Räume vermietet hat. Dann kann man die Leute oft dadurch, daß man ihnen die Miete für ein Zimmer verſchafft, veranlaſſen, dem betreffenden Mieter zu kündigen und das Zimmer ſelbſt zu benutzen. Manchmal liegen die Verhältniſſe auch ſchwieriger. Wenn die Leute z. B. auch durch die Mieter verdienen, muß man ſie etwas höher entſchädigen. Auf dieſe Weiſe ſind im letzten Jahre in 18 Fällen beſondere Schlafräume den tuberkulöſen Mitgliedern der Familie durch Einwirkung von Mietszuſchüſſen verſchafft worden. Beſondere Sorgfalt muß ſeitens der Fürſorge auf die Wäſche der Tuberkulöſen verwandt werden, welche als eine ſehr weſenſliche Infektionsquelle anzuſehen iſt. In dieſer Beziehung hat die Fürſorge im letzten Jahre eine Neuerung eingeführt. Sie hat an 50 zuverläſſige Familien beſondere Wäſchebeutel ausgegeben. In dieſen wird die ſchmutzige Wäſche der Kranken geſammelt und längere Zeit in heiße Sodalöſung gelegt. Erſt dann wird ſie mit der übrigen Wäſche zuſammen gewaſchen. Nach Angabe der Schweſtern verfahren die Familien damit meiſt nach Vorſchrift, ſo daß e ſich empfehlen wird, die Beutel weiter einzuführen. Im Jahre 1906/07 ſind 529 Familien in die Fürſorge neu aufgenommen, und es unterſtehen ihr jetzt im ganzen 1350 Familien. Der Schwerpunkt der Fürſorge liegt in der Wohnungs⸗ und Familienfürſorge. Dieſe wird von drei Schweſtern ausgeübt, ſo daß auf jede etwa 450 Familien kommen. Im Berichtsjahre haben die Schweſtern 7964 Beſuche gemacht. An Koſten ſind der Stadt im Rechnungsjahre 1906 entſtanden a) Miete für die Fürſorgetellee 1600,— ¾ b) Für Beheizung, Reinigung und Beleuchtung der Räume 568,16 „ e) Arztliche Unterhaltungskoſten — Geräte, Spuckflaſchen, Merk⸗ blätter, Desinfektionsmittl 378,20 „ d) Zuſchuß für die Lungenkrankenfürſorge vom Roten Kreuz 8000,— „ e) Für photographiſche Aufnahmen mittels Röntgenapparats 571,— „ I1 IIT3d N Dazu Honorar des Leiters (als Vertrauensarzt für Tuberkuloſe bei der Armenverwaltunng)) 2000,— „ zuſammen 13 112,36 6. Das Unterſuchungsamt für anſteckende Krankheiten Die Leitung des ſtädtiſchen Unterſuchungsamtes lag bis 1. November 1906 in den Händen des Proſektors am Krankenhaus Weſtend, Prof. Dr Henke. Nach deſſen Weggang durch Berufung zum ord. Profeſſor an der Univerſität Königsberg i. Pr. führte vertretungs⸗ weiſe der Aſſiſtenzarzt an der pathologiſch⸗bakteriologiſchen Anſtalt Dr Richter die Unter⸗ ſuchungen fort, bis im Dezember 1906 der neu gewählte Proſektor, Profeſſor Dr A. Dietrich, die Leitung übernahm. In der Tätigkeit des Unterſuchungsamtes iſt eine Anderung gegen das letzte Berichts⸗ jahr nicht eingetreten. Die Organiſation hat ſich auch weiterhin gut bewährt, und ſeitens der Arzte der Stadt Charlottenburg iſt wiederholt verſichert worden, wie dankbar ſie die Einrichtung anertennen, die ihnen die wichtige Entſcheidung in der Diagnoſe der Infektions⸗