— 271 — 2. Das Kaufmannsgericht 1. Allgemeines. In der Zuſammenſetzung des Kaufmannsgerichts ſind gegenüber dem vorjährigen Bericht nur folgende Veränderungen eingetreten. Der von den Handlungsgehilfen gewählte Beiſitzer Buchhalter Richard Eſſer iſt ſelb⸗ ſtändiger Landwirt geworden. Er hat ſomit die Eigenſchaft als Handlungsgehilfe verloren und iſt deshalb ſeines Amtes enthoben worden. Da die Liſte der Beiſitzer aus dem Gehilfenſtande erſchöpft iſt, kann ein Erſatz nicht ſtattfinden, und es fehlen aus dieſem Grunde zurzeit zwei Gehilfen⸗Beiſitzer. Ein beſonderer Übelſtand iſt dies jedoch nicht, und eine Mehrbelaſtung der übrigen Beiſitzer findet deshalb auch nicht ſtatt, denn jeder derſelben iſt im Berichtsjahre nur 2 Mal zu Spruchſitzungen herangezogen worden. Im Intereſſe der Rechtſprechung dürfte eher eine öftere Heranziehung zweckmäßig und nützlich ſein. Die geringe Zahl der Spruchſachen iſt ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Parteien auf Anregung des Vorſitzenden in vielen Fällen zu einer friedlichen Beilegung des Streites in den Vergleichsterminen bereit waren. 2. Geſchäftstätigkeit. A. Rechtſprechung. Es waren im abgelaufenen Geſchäftsjahre anhängig gemacht 260 (180“) Streitſachen. Hierzu kommen 2 aus dem Vorjahre übernommene Streitſachen, ſo daß im ganzen 262Sachen zu erledigen waren, von denen 4 am Jahresſchluſſe noch unerledigt geblieben und in das neue Jahr übernommen werden mußten. Die Zahl der Klagen hat ſomit um 80, d. ſ. 44 % zugenommen. Die Zahl der Kläger betrug 263 (182). Hiervon waren 185 männlichen und 78 weiblichen Geſchlechts. Unter den letzteren waren allein 26 Schlächter⸗ und Bäcker⸗ mamſells. In einem Falle haben zwei Kläger gemeinſchaftlich Klage erhoben. Verſchiedene Streitfälle konnten vor Aufnahme der Klage durch Belehrung der Parteien erledigt werden. Die Klagen ſind erhoben: von Kaufleuten gegen Gehilfen... 3 ( 4) von Gehilfen gegen Kaufleubte 259 (176) Summe 262 (180). Die meiſten Klagen — 28 — gingen im Monat Dezember ein, während der Monat Auguſt die geringſte Ziffer — 15 — erbrachte. Die Klammern geben zum Vergleich die Zahlen des Vorjahres an. Streitgegegenſtand war: 1906 1905 1. Antritt, Fortſetzung, Auflöſung des Dienſt⸗ oder Lehrverhältniſſes, Aushändigung oder Inhalt des Zeugniſſes (8 5 Abſ. 1 Nr. 1) 25 15 2. 24 aus dem Dienſt⸗ oder Lehrverhältniſſe (§ 5 Abſ. 1 188 126 1. 2))5), 3. Rückgabe von Sicherheiten, Zeugniſſen, Legitimationspapieren oder anderen Gegenſtänden, welche aus Anlaß des Dienſt⸗ oder Lehrverhältniſſes übergeben worden ſind (§ 5 Abſ. 1 Nr. 3) 20 12 4. Anſprüche auf Schadenserſatz oder auf Zahlung einer Vertrags⸗ ſtrafe wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung der Verpflichtungen, welche die unter Nr. 1—3 bezeichneten Gegen⸗ ſtände betreffen, ſowie wegen geſetzwidriger oder unrichtiger Eintragungen in Zeugniſſe, Krankenkaſſenbücher oder Quittungs⸗ karten der Inval.⸗Verſicherung (§ 5 Abſ. 1 Nr. 495. 119 93 Berechnung und Anrechnung der Krankenverſicherungsbeiträge und Eintrittsgelder (§ 5 Abſ. 1 Nr. 55 Ke — 6. Anſprüche aus einer Vereinbarung, durch welche der Handlungs⸗ gehilfe oder Handlungslehrling für die Zeit nach Beendigung des Dienſt⸗ oder Lehrverhältniſſes in ſeiner gewerblichen Tätigkeit beſchränkt wird (§ 5 Abſ. 1 Nr. 6 K — zuſammen 352 246 Darunter Anſprüche zu 4 gemeinſam mit denen zu 3 oder 2 90 66 wie oben 262 180 In den Klagen zu 4 wurde in 87 Fällen Entſchädigung wegen nicht innegehaltener Kündigung gefordert, d. ſ. 34 % aller Klagen. Davon iſt in 39 Fällen nur dieſe Entſchädigung und in 48 Fällen daneben noch rückſtändiges Gehalt beanſprucht worden. E