— 92 Für die Tätigkeit des Kaufmannsgerichts werden Gebühren nicht erhoben. Ebenſo bleiben Schreibgebühren und bare Auslagen für Zuſtellungen außer Anſatz. Die Ge⸗ ſamtkoſten für das Gewerbe⸗ und Kaufmannsgericht werden von der Stadtgemeinde getragen und ſind für das Berichtsjahr mit rund 24 000 ℳ zum Anſatz gebracht. Die Entſchädigung der Beiſitzer betrug im Berichtsjahre 264 ℳ. Uber den Wert der Streitgegenſtände, die Art und die Dauer der Erledigung der Klagen wird auf den Sonderbericht verwieſen. Einigungsamt. Als Einigungsamt iſt das Kaufmannsgericht im Berichts⸗ jahre nicht in Tätigkeit getreten. Gutachten und Anträge. Das Kaufmannsgericht wurde im Berichtsjahre vom Herrn Miniſter für Handel und Gewerbe um eine Außerung über die Frage der Ab⸗ änderung der Vorſchriften über die Konkurrenzklauſel (§§ 74, 75 des Handelsgeſetzbuches) erſucht, insbeſondere ob die geltenden Vorſchriften dahin abzuändern ſeien, daß 1. die Konkurrenzklauſel unwirkſam iſt, wenn der Gehilfe bei der Beendigung des Dienſtverhältniſſes nicht mehr als 3 000 ℳ Jahreseinkommen bezogen hat; 2. der Zeitraum, für den eine Konkurrenzklauſel vereinbart werden kann, auf ein Jahr abgekürzt wird; 3. la Vertragsſtrafe nur bis zum Betrage der Hälfte des Jahreseinkommens zu⸗ läſſig iſt; 4. dem Prinzipal Anſprüche aus der Konkurrenzklauſel nur zuſtehen, wenn er nach⸗ zuweiſen vermag, daß ihm durch die Verletzung des Konkurrenzverbots irgend⸗ ein Schaden entſtanden iſt; 5. die Konkurrenzklauſel bei Lehrlingen gänzlich ausgeſchloſſen wird. Der am 26. Juni 1907 erſtattete Bericht hatte folgenden Wortlaut: 1. Im hieſigen Gerichtsbezirk iſt über das Beſtehen von Konkurrenzklauſeln gegenüber Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen den Beiſitzern des Kaufmannsgerichts nichts bekannt geworden. Wie eine vom Vorſitzenden er⸗ laſſene Umfrage ergeben hat, wird von 3 größeren Warenhäuſern nur in einem allen Handelsangeſtellten eine Verpflichtung zur Konkurrenzent⸗ haltung auferlegt; in den beiden anderen iſt eine Konkurrenzklauſel über⸗ haupt nicht üblich. Seit dem etwa 2 ½ jährigen Beſtehen des Kaufmannsgerichts betraf unter etwa 600 Prozeſſen nur ein Prozeß einen Anſpruch, der auf Nichtigkeit der vereinbarten Konkurrenzklauſel ging. 2. Bezüglich der Not wendigkeit der Aufrechterhaltung der Beſtimmungen über die Konkurrenzklauſel ſtehen ſich die Anſchauungen der Prinzipal⸗ und Gehilfen⸗Beiſitzer gegenüber. In erſter Linie ſtimmen erſtere gegen, letztere für die Aufhebung dieſer Beſtimmungen. In zweiter Linie ſind die Prinzipale für Einſchränkung der Zuläſſigkeit im Sinne der Vorſchläge, mit Ausnahme jedoch des Vorſchlags unter Nr. 4, dies deswegen, weil der Prinzipal regelmäßig nicht in der Lage ſein wird, den tatſächlich entſtandenen Schaden mit den zivilprozeſſualen Beweismitteln darzutun. Die Gehilfen hingegen ſtimmen in zweiter Linie den Beſchränkungs⸗ vorſchlägen zu, wünſchen aber die Grenze des Jahreseinkommens bei Nr. 1 auf 10 000 ℳ gezogen. Nach den hier gemachten Erfahrungen ſind Mißſtände bei der gegen⸗ wärtigen Rechtslage nicht hervorgetreten. Immerhin erſcheint die Aufer⸗ legung des Konkurrenzverbotes gering bezahlten Angeſtellten gegenüber als eine Härte. Sie erfolgt weniger zur Verhütung von Nachteilen, die durch die Tätig⸗ keit bei Konkurrenzfirmen — d. i. regelmäßig der Hauptzweck des Konkurrenz⸗ verbots — dem Prinzipal erwachſen können, als vielmehr zur Sicherung der Aufrechterhaltung des mit dem Gehilfen geſchloſſenen Dienſtvertrages bei ver⸗ hältnismäßig geringem Gehalt. Falls aber nach der Stellung, die der Gehilfe bekleidet, in welcher er Einblick in den inneren Betrieb des Geſchäfts gewonnen, die Bezugsquellen kennen gelernt, ſich mit dem Kundenkreis vertraut gemacht hat, die Gefahr wirtſchaftlichen Nachteils nicht von der Hand zu weiſen iſt, wird man die Auf⸗ rechterhaltung der Konkurrenzverbote für notwendig erachten müſſen. Ins⸗ beſondere wird das ſtets der Fall ſein, wenn der Gehilfe eine Vertrauens⸗ ſtellung betleidet hat. In dem hier zur Aburteilung gebrachten Prozeſſe wurde das Konkur⸗ renzverbot gerade deshalb für notwendig erachtet, weil der Beſtand des Ge⸗ ſchäfts des Prinzipals — es handelte ſich um den Generalagenten größerer Konſervenfabriken — geradezu in Frage geſtellt worden wäre, wenn der Ge⸗ hilfe den ihm vermöge ſeiner Stellung bekannt gewordenen Großabnehmer⸗ und Wiederverkäufer⸗Kundenkreis für ſeine Zwecke nach Ablauf des Dienſt⸗ vertrages mit leichter Mühe nutzbar machen könnte. 13