„192. der bisherigen Tätigkeit des Unterſuchungsamtes und wird geeignet ſein, den Gedanken, in dem es begründet wurde, zum Kampfe gegen die Infektionskrantheiten durch früh⸗ zeitige Feſtſtellung der Erkrankungsfälle und ihrer Verbreitung die Grundlagen zu geben, noch vollkommener als bisher zu verwirklichen. Das Unterſuchungsamt hat im Rechnungsjahre 1907 folgende Koſten verurſacht: Entſchädigung an den Leiter des Amts 2000 ℳ, für Anſchaffung und Unterhaltung von Betriebsmitteln 1500,15 ℳ, zuſammen 3500,15 ℳ. 6. Die Desinfektionsanſtalt. 9 Im Berichtsjahre iſt die Desinfektionsanſtalt durch einen Anbau erweitert worden. Das Perſonal iſt im Laufe des Berichtsjahres um 2 ſtändige Desinfektoren ver⸗ mehrt worden. Bei ſtarkem Verkehr wurden vorübergehend noch 6 Hilfsdesinfektoren gegen Stundenlohn beſchäftigt. Mit 30 im Desinfektionsweſen ausgebildeten Straßen⸗ reinigungsarbeitern wurden, wie im Vorjahre, Wiederholungskurſe abgehalten. Die 11 ſtändigen Desinfektoren wurden am 2. März 1908 durch den Königlichen Kreisarzt einer amtlichen Prüfung unterzogen. Auf Anregung des hieſigen Polizeipräſidiums iſt, unter Anlehnung an eine vom Polizeipräſidium in Berlin ausgearbeitete und für das Desinfektionsweſen der Stadt Berlin bereits zur Einführung gebrachte Desinfektionsanweiſung für die Wohnungs⸗ desinfektion am 7. November 1907 eine „Dienſtanweiſung für das Perſonal der ſtädtiſchen Desinfektionsanſtalt“ aufgeſtellt worden. Unter dem gleichen Datum iſt im Anſchluß an die polizeiliche Anordnung des Polizeipräſidenten in Berlin vom 1. Januar 1907 eine „Anweiſung für die Desinfektion der Wäſche und Kleidungsſtücke von berufsmäßigem Pflegeperſonal“ erlaſſen worden. Durch Anordnung des hieſigen Polizeipräſidiums vom 29. Februar 1908 iſt der Desinfektions zwang außer auf die im § 1 des Reichsgeſetzes betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900 aufgeführten Krankheiten auf all e Erkrankungen und Sterbefälle an Diphtherie (Rachenbräune), übertragbarer Genick⸗ ſtarre, Kindbettfieber (Wochenbett⸗Puerperalfieber), Rückfallfieber (Febris recurrens), übertragbarer Ruhr (Dyſenterie), Scharlach (Scharlachfieber), Typhus (Unterleibstyphus), Milzbrand und Rotz ausgedehnt worden. Ebenſo iſt eine Desinfektion der betreffenden Gegenſtände und Räume vorzunehmen, ſobald eine Perſon an Lungen⸗ oder Kehlkopf⸗ tubertuloſe verſtorben iſt, ſowie ferner bei allen Fällen von Körnerkrankheit (Granuloſe, Trachon) nach der Geneſung oder nach etwaigem Wohnungswechſel des Kranken, ſoweit es der zuſtändige Kreisarzt als notwendig bezeichnet. Als Desinfektionsmittel iſt neben der Karbolſäurelöſung noch Kreſolinlöſung (Liquor cresolin sapon Ph. G. IV) eingeführt worden. Durch die weitere Ausdehnung des Desinfektionszwanges iſt die Zahl der aus⸗ geführten Desinfektionen bedeutend geſtiegen. Es gingen 5226 Anträge ein, gegen 4028 im Vorjahre. Hiervon entfielen 1389 auf Wohnungs⸗ und 3837 auf Sachendesinfektionen. 1— 42 geſtiegen ſind die Desinfektionen infolge von Scharlach, Diphtherie und Kind⸗ ettfieber. Beſonders zu erwähnen ſind zwei Desinfektionen infolge von Genickſtarre, die auf Anordnung des Kreisarztes ausgeführt wurden und zwar: am 23. Mai 1907 5 Klaſſen⸗ zimmer und 2 Kloſetts der Fortbildungsſchule in der Bleibtreuſtraße und am 8. März 1908 die Wohnung eines Arbeiters in der Ufenau⸗Straße, deſſen Kind an Genickſtarre verſtorben war, ſowie eine Schulklaſſe der Gemeindeſchule XXIII in der Haller Straße, die das ver⸗ ſtorbene Kind beſucht hatte. Die Gewährung koſtenfreier Desinfektion wurde zugeſichert: 1. Der Säuglingsklinik in der Chriſtſtraße. 2 2. Bei Hauterkrankungen infolge tieriſcher Paraſiten, wenn die Notwendigteit der Desinfettion durch den behandelnden Arzt kurz begründet und die Mittelloſigkeit beſcheinigt iſt. 8 3. Dem berufsmäßigen Pflegeperſonal für die Desinfektion der Wäſche und Kleidungsſtücke, wenn ſie eine in Charlottenburg wohnende mit Diphtherie, Kindbettfieber, Rückfallfieber, Scharlach oder Typhus behaftete kranke Perſon gepflegt haben und wenn die Koſten für die Desinfettion nicht von dem Verpflegten oder deſſen Angehörigen erſetzt werden ſollten. Die Tätigkeit der Anſtalt und deren wirtſchaftliches Ergebnis im Berichtsjahre veranſchaulichen die n a chfolgenden Uberſichten. Nach ihnen hat die Anſtalt für 5226 Familien 33 533 Gegenſtände in den Dampfdesinfettionsapparaten und 1389 Wohnungen mit 2625 Räumen und 92 611 darin verbliebenen Gegenſtänden desinfiziert. Die desinfizierten Sachen beanſpruchten in den Desinfektionsapparaten einen Raum von zuſammen 2 998,0 chm, davon entfielen auf Anſtaltsſachen 65,5 cbm. Der zu dieſer Art der Desinfektion erforderliche Dampf wurde von unſerer Hauptpumpſtation in 1 144%: Stunden entnommen. Die Abholung und Rücklieferung des Hausrats erfolgte durch Fahrzeuge der Anſtalt, deren Beſpannung gegen eine Vergütung von 2,50 ℳ für die erſte Stunde und 0,75 ℳ für jede weitere halbe Stunde und Geſpann einſchl. des Geſpannführers mechamen verdungen war. Die Hin⸗ und Rückſchaffung der Wohnungsdesinfektoren und der Apparate erfolgte durch ein en vertraglich ſichergeſtellten Kremſer, der für die erſte Stunde mit 3 ℳ und für jede weitere halbe Stunde mit 0,75 ℳ vergütet wurde. 6 Außer der Desinfektion mittels heißer Dämpfe wurde in 1 033½ Arbeitsſtunden noch mittels Chemikalien eine Anzahl Pelzſachen, Hüte, Gummi⸗ und Lederſachen, die ſich für die Desinfektion mit Dampf