— 151 — Auf Grund des Beſchluſſes der ſtädtiſchen Körperſchaften ſollte die Aufnahme im Februar wiederholt werden. Doch hatte die Methode der Novemberzählung in den Ge⸗ werkſchaften Gegner gefunden. Es wurde auf die Möglichkeit hingewieſen, daß in dem ſogenannten Meldeſyſtem nur ein geringer Bruchteil der Arbeitsloſen erfaßt werde, da nicht jeder Arbeitsloſe von der Zählung Kenntnis erhalte und mancher in falſcher Scham nicht zum Zählbureau komme. Die Gewerkſchaften, die bei der Novemberzählung ſich eifrig beteiligt hatten, lehnten alſo jede Teilnahme an der Wiederholung ab und veran⸗ ſtalteten ſelbſt, im Anſchluß an ein einheitliches Vorgehen der Gewerkſchaften Groß⸗Berlins, am 13. Februar 1909 eine ſogenannte hauſierende Zählung (Umgang von Haus zu Haus), die der amtlichen Aufnahme um 3 Tage vorausging. Dadurch iſt der Zweck der Arbeits⸗ loſenaufnahme, feſtzuſtellen, ob die Arbeitsloſigkeit ſich verſchärft habe oder abgeflaut ſei, vereitelt worden, denn die „hauſierende“ Zählung vom Februar konnte mit der „Bureau⸗ zählung“ vom November aus methodiſchen Gründen nicht verglichen werden, und die „Bureauzählung“ vom Februar wurde durch das Vorhergehen der „hauſierenden Zählung“ und die Haltung der Gewerkſchaften mangelhaft. Die Zahl der bei der „Bureauzählung“ im Februar ermittelten Arbeitsloſen iſt ſicher zu niedrig, da ein großer Teil der intereſſierten Bevölkerung nicht verſtehen konnte, warum in einer Woche zweimal Zählkarten mit den⸗ ſelben Fragen ausgefüllt werden ſollten. Trotz der mangelnden Vergleichbarkeit geben wir die Ergebniſſe der beiden Februarzählungen im folgenden wieder: — Zahl der Arbeitsloſen nach der m. w. zuſ ſtädtiſchen Zählung am 16. Februar 1909. 1 291 39 1 330 gewerkſchaftlichen Zählung am 13. Februar 19939.. 3 508 359 3 867 Arbeitsloſenbeſchäftigung. Schreibſtube für Stellenloſe. Durch Beſchluß der Stadtverordnetenverſammlung vom 12. Januar 1908 wurde der Magiſtrat erſucht, in Erwägung zu ziehen, ob ſich die Verwendung ſtädtiſcher Mittel für die Zwecke der Arbeitsloſenverſicherung empfiehlt. Vom Magiſtrat wurde zu dieſem Zwecke ein Ausſchuß von 7 Mitgliedern eingeſetzt. Dieſer ſpäter um 2 Mitglieder verſtärkte Ausſchuß erhielt vom Magiſtrat den Auftrag, auch über die Einrichtung von Notſtands⸗ arbeiten Vorſchläge zu machen. Auf Grund der gemachten Vorſchläge wurde beſchloſſen: 1. Notſtandsarbeiten im engeren Sinne, d. h. ſolche Arbeiten, die nur zu dem Zweck ausgeführt werden, um Arbeitsloſe zu beſchäftigen, nur für Charlotten⸗ burger Arbeiter, bei verkürzter Arbeitszeit und gekürztem Lohn als ſonſt üblich ausführen zu laſſen. Zu dieſem Zwecke ſollen bei der Parkverwaltung mit dem Umſetzen des 4 Morgen großen Kompoſtplatzes 60 Arbeiter und bei der Straßen⸗ reinigung bis zu 200 Arbeiter zur häufigeren Reinigung von Straßen, haupt⸗ ſächlich in den Außenbezirken, beſchäftigt werden. Andere bereits bewilligte Arbeiten ſollen früher, als in Ausſicht genommen war, in Angriff genommen werden, um dadurch zu einer Entlaſtung des Arbeits⸗ marktes beizutragen. Mit den zu 1 genannten eigentlichen Notſtandsarbeiten ſtehen dieſe Arbeiten in keiner Verbindung. Hierbei werden die üblichen Löhne uſw. gezahlt. Für die Beſchäftigung bei den zu 1 genannten eigentlichen Notſtandsarbeiten wurden folgende Beſtimmungen getroffen: 1. Die Überweiſung erfolgt nur durch den Arbeitsnachweis. 2. Die tägliche Arbeitszeit beträgt 7 Stunden. 3. Der Stundenlohn beträgt: 2) bei verheirateten Arbeitern.. 35 „, b) bei ledigen über 18 Jahre alten Arbeiterr . 30 , c) bei jugendlichen Arbeitern. 25 „ . Die Bezahlung erfolgt auf Wunſch täglich. . Den um Unterſtützung bei der Armenverwaltung wegen Arbeitsloſigkeit nachſuchenden Arbeitern iſt aufzugeben, zunächſt im Arbeitsnachweis nach Arbeit nachzufragen und, falls ihnen ſolche nicht nachgewieſen werden kann, eine Beſcheinigung darüber beizubringen. Dieſe Arbeiter ſollen in erſter Linie berückſichtigt werden. 6. Die Dauer der Beſchäftigung ſoll höchſtens 6 Wochen betragen. Mit der Überweiſung zu den Notſtandsarbeiten wurde am 9. November mit 1 Ar⸗ beiter bei der Parkverwaltung begonnen. Am 26. November war die höchſte Zahl dortſelbſt erreicht, und nun begann die Überweiſung zur Straßenreinigung. Im Dezember betrug die höchſte Zahl der Beſchäftigten 117, im Januar ſtieg die Zahl auf 204 und im Februar auf 253. Mit dem 27. Februar konnten die Notſtandsarbeiten eingeſtellt werden, da Ende Februar die großen Schneefälle eintraten und hierdurch ausreichende Arbeitsgelegenheit zu vollen Löhnen vorhanden war. Die ſtädtiſche Straßenreinigung beſchäftigte in den erſten 3 Wochen des Monats März täglich 400—500 Arbeiter. Im ganzen wurden 594 Per⸗ ſonen überwieſen, von denen 539 die Arbeit antraten. An Löhnen einſchl. Verſicherungs⸗ beiträgen wurden 28 315,51 ℳ verausgabt. Hierzu kommen noch 2 367 ℳ für beſchaffte 1 — —