— 157 — Eine Auszählung nach den Z3uzugsjahren hat ergeben, daß von den 8790 Perſonen und Familien nur 1039 er ſt nach 1906 nach Charlottenburg gekommen ſind, während nicht weniger als 4164 ſchon länger als ſeit 1900, und nicht weniger als 1803 ſogar ſchon länger als ſeit 1890 in Charlottenburg wohnen. Um die Zahlen richtig zu würdigen, darf nicht vergeſſen werden, daß Charlottenburg im Jahre 1890 erſt 71 800 Einwohner hatte. Jedenfalls zeigen die Zahlen, daß die hie und da aufgetauchte Behauptung, die „hohen Unterſtützungen“ unſerer Armenpflege veranlaßten Arme, nach Charlottenburg zu ziehen, weil ſie hier ausgiebiger unterſtützt zu werden hoffen, der Begründung entbehrt. Daß jemand hierher ziehen und die hohen Mieten und Lebens⸗ mittelpreiſe in Kauf nehmen ſollte, lediglich in der Erwartung, vielle iſch t eine etwas höhere Unterſtützung zu erhalten als anderwärts, iſt ſchon an ſich ſehr unwahrſcheinlich, wenn auch einzelne ſolche Fälle einmal vorkommen mögen: Daß die Annahme aber nicht zutrifft, zeigt deutlicher noch als die eben genannten Zahlen eine vom Stati⸗ ſt iſchen Amt aufgeſtellte Zahlenreihe über die 3u⸗ und Fortzüge ſeit 1903 unter beſonderer Berückſichtigung der Zenſiten mit nie⸗ drigem Einkommen. Danach ſtellt ſich der Wanderungsgewinn (—) oder Verluſt (—) wie folgt: Einkommenſtufen. 1 050—1 200 — Jahr 900—1050 11 1 1903 . 1 % 22 1904 +. 445 195 1905 + 372 — 433 1906 — 428 — 23⁵ 1907 — 573 + 170 1908 — 290 — 91 (1. 4—30. 9.) Das gleiche Ergebnis zeigt eine fernere Zahlenreihe über die 3u⸗ und Abwanderung der unſelbſtändigen, gewerblich tätigen Be⸗ völkerung. Gehilfen, Geſellen, Lehrlinge hilten, Gefellen Lehr 1 1 Arbeiterinnen Jahr Arbeiter ohne beſondere Bezeichnung ⸗ Wanderungs⸗ Zuzug Fortzug 2 Zuzug Fortzug reſultats 1903 10 713 9 002 — 1 711 466 473 — 7 1904 12 903 10 9688 + 1 935 620 559 — 61 1905 16 130 13794 2336 65⁵ 637 — 18 1906 17 503 15 903 + 1 600 746 787 — 41 1907 15 647 15 379 — 268 848 886 — 38 1908 12 703 13 229 — 526 1 028 1 204 — 176 Sie läßt zweierlei deutlich erkennen: Tauſenden von Zuzügen ſtehen andere Tauſende von Fort zügen gegenüber; es findet ein ſtändiger Wechſel bei dieſen Bevölkerungsklaſſen ſtatt, ſo daß von einem Zuzuge, lediglich um Unterſtützung zu erhalten, ſchwerlich die Rede ſein tann. Sodann aber zeigt die Tabelle klar, daß der Mehr⸗ zuzug der arbeitenden Bevölkerung ſteigt und fällt je nach der wirtſchaft⸗ lichen Konjunktur, alſo der Arbeitsgelegenheit: er ſteigt 1904, erreicht ſeine Höhe 1905 und fällt dann, erſt langſam, dann rapide, bis er ſich im Jahre 1908, dem bisher ſchlimmſten Wirtſchaftsjahre, ſogar in einem Mehrfortzug von 526 — 176⸗ 702 verwandelt — der beſte Beweis, daß der Zuzug der unbemittelten Bevölkerungsklaſſen nichts mit der Armenunterſtützung, ſondern lediglich mit der allgemeinen Wirtſchaftslage zu tun hat. Unter den 8790 Unterſtützten befanden ſich 2670 Witwen und 335 ehe⸗ verlaſſene Frauen. Nach der Religion waren von den Unterſtützten 7109 evangeliſch, 1248 katholiſch, 52 moſaiſch und 14 Diſſidenten, während bei 367 die Angabe darüber fehlt. Nicht weniger als 895 hatten ein Alter von mehr als 70 Jahren. 2. Waiſenpflege. Das Anwachſen der Geſchäfte hat wiederum die Teilung zweier Waiſenratsbezirke und zahlreicher Waiſenpflegerinnenbezirke notwendig gemacht. Wieder hat die Zahl der Kinder, die in ſt äd tiſche Koſtpflege genommen werden mußten, ſtark zugenommen und 1908 die Zahl von 1240 erreicht, von denen am Jahresende allerdings 300 wieder ausgeſchieden waren; 107 davon wurden von den Eltern in eigene Pflege genommen. Durch den Tod ſind 48 Kinder ausgeſchieden, unter ihnen 34 im Alter von weniger als einem Jahre. Das im Berichtsjahr eröffnete Mütter⸗ und Säuglingsheim in Weſtend, in dem ſich die Stadt in großem