— 158 — Umfange Freiſtellen geſichert hat, gibt der Verwaltung die Möglichkeit zur Unterbringung zahlreicher Schwangerer, Mütter und Kinder. In erweitertem Umfang iſt das auch in dem nach Schluß des Jahres eröffneten Kaiſerin⸗Auguſte⸗Viktoria⸗Hauſe zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit im Deutſchen Reiche, das in unſerer Stadt liegt, der Fall. Für die ſtäd tiſchen Pflegekinder ſind wie bisher die für ſie von dritter Seite gezahlten Beiträge bis zur Höhe von 300 ℳ für jedes Kind zinsbar angelegt worden. Im Jahre 1908 wurden von den bei Beginn vor⸗ handenen 128 Sparkaſſenbüchern mit zuſammen 15 427,68 ℳ 11 Bücher mit 1042,58 wegen Ausſcheidens aus der ſtädtiſchen Pflege wieder aufgelöſt. Ende 1908 beſtanden 139 Bücher mit einem Geſamtbetrage einſchließlich Zinſen von 18 419 ℳ. Unter Berufsvormundſchaft ſtanden Ende 1908 784 Mündel, von denen ſich 317 bei der Mutter, 282 in Haltepflege und 185 in ſtädtiſcher Koſtpflege befanden. An Alimenten ſind — einſchließlich von Abfindungsſummen, aber ohne die direkt an Mütter und Pflegemütter gezahlten Summen — durch den Generalvormund 42 804,80 ℳ eingezogen und davon 4010,49 ℳ an die Stadt für die in ſtädtiſche Pflege genommenen Kinder erſtattet worden. Der Pflegſchaft des ſt äd tiſchen freiwilligen Erziehungsbeirats ſind bis zur Schulentlaſſung Michaelis 1908 insgeſamt 706 ſchulentlaſſene Knaben und 436 ſchulentlaſſene Mädchen unterſtellt worden, denen 252 Pfleger und 105 Pflegerinnen zur Seite ſtanden. An 154 Pfleglinge konnten 1908 Beihilfen von zuſammen 10 347,65 gewährt werden. Die winterlichen monatlichen Unterhalrun gsabende für die weiblichen Pfleglinge ſind — ebenſo wie die Unterhaltungsabende für die Inſaſſen des ſtädtiſchen Bürgerhauſes — fortgeführt worden. Das neue „Abendheim für Mädchen“ gewährt auch unſern Pfleglingen Zutritt und Anſchluß, während unſern männlichen Pfleglingen das alle Abende geöffnete Lehrlingsheim „Iugend⸗ klub Charlottenburg“ mit ſeinen verſchiedenen Veranſtaltungen offen ſteht. Beſonders hervorzuheben iſt ſchließlich, wenn auch nicht ausſchließlich die Waiſen⸗ pflege berührend, die im Juli 1908 erfolgte Einrichtung eines IJugendgerichts beim Königlichen Amtsgericht Charlottenburg und die zu ſeiner Unterſtützung von der Vereinigung der Wohltätigkeitsbeſtrebungen mit Unterſtützung der Stadt ins Leben ge⸗ rufene Jugendgerichtshilfe mit einem Berufspfleger, einer Berufspflegerin und zahlreichen ehrenamtlichen Hilfskräften. In unſerer Armen⸗ und Waiſenpflege waren — nach dem Stande vom 1. Juni 1909 — ohne die ſchon genannten Pfleger und Pflegerinnen des frei⸗ willigen Erziehungsbeirats ehrenamtlich tätig: 41 Armenkommiſſionsvorſteher, unter ihnen 18 länger als 10 Jahre, 393 Armenpfleger, unter ihnen 31 länger als 10 Jahre, 24 Armenpflegerinnen, 118 Waiſenräte und Stellvertreter, unter ihnen 6 länger als 10 Jahre, 154 Waiſenpflegerinnen und Stellvertreterinnen, unter ihnen 3 länger als 10 Jahre Die Mitarbeit der Frauen hat ſich nicht nur in der Waiſenpflege, wo ſie faſt unentbehrlich iſt, ſondern auch in der Arme npflege durchaus bewährt. Die von manchen Seiten gehegte Behauptung, die Frauen würden zu viel bewilligen, hat ſich, wie wir von vornherein als ſelbſtverſtändlich angenommen haben, nirgends bewahr⸗ heitet. Die in der Armenpflege tätigen Frauen prüfen und ſtellen ihre Anträge mit genau derſelben Sorgfalt, wie ihre männlichen Kollegen; ſie ſind aber ſehr häufig auf Grund ihrer wirtſchaftlichen Erfahrung in der Lage, bei hilfeſuchenden Frauen beſſer als ſie zu erkennen, wo der Hebel eingeſetzt werden muß, und praktiſche Ratſchläge für die Wirt⸗ ſchaftsführung zu geben. Faſt alle Frauen, die als Armenpflegerinnen in die Kommiſſionen eintreten, ſind zudem ſchon ſeit langer Zeit auf dem Gebiet der ſozialen Fürſorge praktiſch tätig und bringen ſo Kenntniſſe in ihr Amt mit, die nicht alle männlichen neu eintretenden Armenpfleger aufweiſen können. Auch die Befürchtung, daß die Armenpflegerinnen die „Gemütlichteit“ in den Kommiſſionen ſtören könnten, hat ſich wohl nirgends als zutreffend erwieſen. Wir hoffen, daß auch die Kommiſſionen, die ſich bisher noch der Mitarbeit der Frauen verſchloſſen haben, an der Hand der guten Erfahrungen der Kommiſſionen, denen bereits Armenpflegerinnen angehören, davon abgehen werden. Die Mitarbeit der Frauen wird, wie überall, wo ſie durchgeführt wird, auch bei uns der Armenpflege zum Vorteil gereichen. Die Zahl der Frauen, die zu ſolcher Mitarbeit bereit ſind, iſt bisher bei uns ſehr gering. Es wäre dringend erwünſcht, daß ſich weitere Frauen in größerer Zahl für das Amt der Armenpflegerin zur Verfügung ſtellten. Welchen Umfang die Bureaugeſchäfte der Armen⸗ und Waiſenpflege an⸗ genommen haben, ergibt ſich daraus, daß zurzeit in der Verwaltung außer dem Vorſitzenden und zwei Magiſtratsaſſeſſoren 68 männliche Beamte und Angeſtellte und 12 weibliche Angeſtellte, zuſammen mit den Dezernenten 83 Perſonen tätig ſind. Das beſte Bild des Umfangs der Tätigkeit gibt vielleicht die Tatſache, daß im Jahre 1908 in kleinen Einzelbeträgen nicht weniger als rund 685 000 ℳ Armen⸗ pflegekoſten und Kurkoſten für die ſtädtiſchen Krankenhäuſer eingezogen worden ſind.