— 196 Sobald die Säuglinge in den — jetzt 6— Säuglingsfürſorgeſtellen vorgeſtellt werden können, ſetzt deren Fürſorge ein, über die unten, weil ſie die umfaſſendſte iſt, eingehender berichtet werden ſoll. Die Stadt hat ſie eingerichtet und trägt die geſamten Koſten, während die Verwaltung für ihre Rechnung und nach den von ihr aufgeſtellten Grundſätzen vom Vaterländiſchen Frauen⸗Verein, vom Eliſabeth⸗ Frauenverein und bei der im Sommer 1909 eröffneten ſechſten Stelle im Kai⸗ ſerin Auguſte Viktoria⸗Hauſe von dieſem geführt wird. Stillende Mütter erhalten in den Fürſorgeſtellen Unter ſt ützungen, um ihnen das Stillen möglich zu machen. Im Jahre 1908 haben 1 869 Mütter ſolche Unterſtützungen im Geſamtbetrage von 27 837,50 ℳ, durchſchnittlich 15,28 ℳ., für Rech⸗ nung der Stadt erhalten. Die Unterſtützung wird in der Regel in Geſtalt von Milch oder anderen Nahrungsmitteln, ausnahmsweiſe auch in Geld, gewährt, bisher auf längſtens 13 Wochen; in beſonderen Fällen kann ſie neuerdings auch über dieſe Zeit hinaus ge⸗ währt werden. Um zu verhindern, daß in den heißen Monaten Kinder abgeſetzt werden, ſind die Fürſorgeſtellen neuerdings ermächtigt worden, in den Monaten Juli und Auguſt einzelnen ſtillenden Müttern außer den ſonſtigen Unter⸗ ſtützungen wöchentlich noch 1 ℳ bar zu gewähren, wenn ſie ihre Kinder noch über dieſe Monate hinaus ſtillen. Geſunde Säuglinge können in beſchränkter Zahl, wie ſchon erwähnt, einige Zeit koſtenlos im Säuglingsheim des Krankenhauſes Kirchſtraße verbleiben. Sie finden ferner im Säuglingsheim Weſtend und im Au gu ſt e Viktoria⸗Hauſe Aufnahme, das auch Säuglinge gegen Zahlung des üblichen Pflegegeldes für längere Zeit in Pflege nimmt. Für ſchwächliche, aber nicht direkt kranke Säuglinge ſtehen den Säuglings⸗ fürſorgeſtellen in der Kindererholungsſtätte des Vaterländiſchen Frauenvereins, bisher in Weſtend, jetzt in Eiſch kamp, 10 Betten zur Verfügung. Die Säuglinge erhalten hier Ammenmilch, friſche Ziegenmilch und trinkfertige Portionen aus einer Milchküche der Säuglingsfürſorgeſtellen. Soweit es das Wetter geſtattet, liegen ſie faſt den ganzen Tag im Freien in der geſunden Waldluft. Im Jahre 1908 fanden 15 Kinder Aufnahme, bei denen faſt überall günſtige Ergebniſſe erzielt worden ſind. Für kranke Säuglinge ſind in der Kinderſtation des allgemeinen Krankenhauſes Weſtend 27 Betten vorhanden. Daneben nimmt die mit Unterſtützung der Stadt ins Leben gerufene Charlotten burger Säuglings⸗ Klinik, die jetzt über etwa 30 Betten verfügt, kranke Säuglinge ohne Förm⸗ lichkeit en undohne Vorſchußzahlung auf. Die Koſten trägt, ſobald Zahlung von anderer Seite nicht geleiſtet werden kann, auch hier für Charlottenburger Kinder die Armenverwaltun g. Auch im Auguſte Viktoria⸗Hauſe finden kranke Säuglinge Aufnahme. Erwähnt ſei ſchließlich noch, daß die Prüfung aller Pflegeſtellen, in denen Säuglinge gegen Entgelt untergebracht werden, im Einvernehmen mit dem Königlichen Polizei⸗Präſidium durch beſoldete weib⸗ liche Angeſtellte der Stadt ſowie durch eine ſtändige Prüfungs⸗ kom miſſion aus der Zahl der ehrenamtlichen Waiſenpflegerinnen erfolgt. Da außer⸗ dem die Polizeireviere ſelbſt noch prüfen, werden durch dieſe dreifache Durchſiebung faſt alle mangelhaften Pflegeſtellen von vornherein ausgeſchieden. Auch die ſtädtiſche Für⸗ ſorgeſtelle fün Lungenkranke wird in jedem Falle vor Genehmigung einer Pflegeſtelle angefragt, ob in der Familie etwa ein Lungenkranker vorhanden iſt, um, ſoweit irgend möglich, eine Infektionsgefahr auszuſchließen. Alle gegen Entgelt in Pflegeſtellen untergebrachten Kinder, aber auch alle bei der Mutter verbleibenden oder unentgeltlich ver⸗ pflegten unter Generalvormundſchaft ſtehenden Säuglinge werden außer durch den Waiſenrat und die Waiſenpflegerin auch durch den Stadtarzt ſt än dig ärztlich über wacht. Soweit irgend erreichbar, wird darauf gehalten, daß ſie die Säuglingsfürſorgeſtellen regelmäßig aufſuchen. So iſt nach und nach in Charlottenburg ein Bauſtein zu dem andern gefügt worden, bis ſchließlich ein ganzes in ſich geſchloſſenes Gebäude entſtanden iſt: ein Syſtem der Säug⸗ lingsfürſorge, das ſchon vor der Geburt des Kindes einſetzt, die Geburt überwacht und nach ihr mit verſtärkter Fürſorge eingreift. Die Einrichtung, die nach der Zahl der Kinder, die von ihr Gebrauch machen, wohl als die bedeutſamſte angeſehen werden muß, ſind die Sänglingsfürſorgeſtellen. Die Zunahme des Beſuchs machte 1908 die Eröffnung einer fünften Stelle notwendig, der 1909 die ſechſte gefolgt iſt. Den zahlreichen in den Fürſorgeſtellen neben den beſoldeten Kräften ehrenamtlich tätigen Damen und Herren muß auch diesmal für ihre Mitarbeit beſonderer Dank ausgeſprochen werden. Sollen die Säuglingsfürſorgeſtellen ihren Zweck erfüllen, ſo iſt dreierle i notwendig: Die Säuglinge müſſen ihnen, ſoweit ſie überhaupt der Fürſorge bedürfen, möglichſt vollzählig und ſo früh als möglich zugeführt werden und möglichſt lange in ihrer Beobachtung bleiben.