— 198 — ſorge erhielten 67,08% der neu aufgenommenen Kinder (1907: 58,90%) Bruſtnahrung. Wie ſchon im vorigen Bericht betont, wäre es — zumal die Frauen ja ſchon ſelbſt ſtillten, als ſie mit dem Kind in die Fürſorge eintraten — irrig, daraus zu ſchließen, daß es d e n Fürſorgeſtellen gelungen ſei, eine ſo große Anzahl der Mütter zum Selbſtſtillen zu veranlaſſen. Die Urſache der großen Zunahme der Bruſtkinder dürfte vielmehr in der Hauptſache in der Gewährung der Beihilfen an ſtillende Mütter zu ſehen ſein, die viele Mütter, die auch ohnehin ihr Kind ſelbſt genährt haben würden, veranlaſſen, die Fürſorge⸗ ſtellen aufzuſuchen, um die Beihilfe zu erhalten. Daß es ſich dabei um einen großen Teil der Mütter handelt, zeigt die oben mitgeteilte Zahl von 1869 ſtillenden Müttern, die 1908 die Stillbeihilfe erhalten haben. Immerhin darf man aber auch diesmal annehmen, daß wenigſtens ein Teil der Mütter ohne die Belehrung in den Fürſorgeſtellen nicht ſelbſt geſtillt haben würde; andere zahlreiche Mütter ſind durch die gleichfalls ſchon erwähnte Unterſtützung vor der Geburt des Kindes mindeſtens zum Selbſtſtillen aufgemuntert worden. Auch die Beobachtung, daß viele Mütter ſchon mit dem zweiten und dritten Kinde die Fürſorgeſtelle aufſuchen und dieſe Kinder ſelbſt ſtillen, während ſie das erſte mit Mühe künſtlich ernährt haben, ſpricht für den ſegensreichen Einfluß der Fürſorge⸗ ſtellen. Auch für die Kinder, die auch ohnedies Bruſtnahrung erhalten haben würden, wird aber die ſtändige ärztliche Belehrung und uberwachung in der Fürſorge als zweckmäßig und nutzbringend erachtet werden dürfen. Die Unterſcheidung zwiſchen Bruſtkindern und Flaſchenkindern nach der Art der Ernährung im Augenblick der Aufnahme in die Fürſorge gibt übrigens kein zuverläſſiges Bild, weil hier vielfach Zufälligkeiten mitſpielen können. Für die bisherige Unterſcheidung, die noch dem letzten Bericht zugrunde liegt, nach den Angaben der Fürſorgeärzte im Journalblatt, gilt dasſelbe, da die Auffaſſung, welches Kind als Bruſtkind zu bezeichnen iſt, bei den einzelnen Arzten ſehr verſchieden ſein kann. Um ein zuverläſſiges Bild zu gewinnen, iſt deshalb diesmal nicht nur die Ernährung im Augenblick der Aufnahme und im Augenblick des Ausſcheidens aus der Fürſorge feſtgeſtellt worden, ſondern bei allen ausſcheidenden Kindern auch feſtgeſtell t worden, welche Ernährung ſie von der Geburt an bis z u m Augenblick des Ausſcheidens ausſchließlich, nebeneinander, oder nacheinander erhalten haben. Unter Zugrundelegung dieſer Zahlen ſind die Ergebniſſe der Säuglingsfürſorge berechnet worden, auf die weiter unten einzu⸗ gehen ſein wird. Innerhalb der erſten 8 Tage nach der Geburt ſind 11,32%, innerhalb des erſten Lebensmonats 56,75% aller Säuglinge in Fürſorge gekommen. Nimmt man die 19,36%, hinzu, die im 2. Lebensmonat in Fürſorge gekommen ſind, ſo haben insgeſamt 76,21%, alſo mehr als dreiviertel aller Säuglinge, ſchon vor Ende des 2. Lebens monats die Fürſorgeſtellen aufgeſucht. Im Jahre 1907 betrug der Prozentſatz 72,45. Die ehelichen und unehelichen Kinder zeigen dabei nur geringfügige Unterſcheidungen. In den erſten § Lebenstagen freilich ſind nur 3% der unehelichen, dagegen 13,39% der ehelichen in Fürſorge gekommen; innerhalb der erſten beiden Lebens⸗ monate dagegen 66,5% der unehelichen gegen 78,6% der ehelichen. Legt man die Art der Ernährung im Augenblick dier Aufnahme zu⸗ grunde, ſo ſind 69,71% der Bruſtkinder, dagegen bedauerlicherweiſe nur 27,93% der Flaſchenkinder ſchon im erſten Lebensmonat in Fürſorge gekommen. Bei den unehe⸗ lichen Bruſtkindern iſt der Prozentſatz hier noch günſtiger als bei den ehe⸗ lichen, da 73,55%, alſo faſt dreiviertel, ſchon im erſten Lebensmonat die Fürſorge auf⸗ geſucht haben; bei den Flaſchenkindern hat der Prozentſatz bei den unehelichen 28,08, bei den ehelichen 27,82 betragen. Die Ergebniſſe der Säuglingsfürſorgeſtellen laſſen ſich etwa wie folgt zuſammenfaſſen — wobei nur ſolche Kinder berückſichtigt ſind, die wenigſtens einen Monat in Fürſorge waren, über die alſo ein Urteil möglich iſt. Günſtig ent wickelt haben ſich von dieſen ausſcheidenden Kindern §6,82%, und zwar 87,69% der ehelichen und 82,76% der unehelichen. Ungün ſti g ent wickelt haben ſich 9,10% — 8,16% der ehelichen und 13,48% der unehelichen. Noch nicht zu beurteilen war der Erfolg bei 4,08% — 4% der ehelichen und 3,76% der unehelichen. Unterſcheidet man die mindeſtens einen Monat in Fürſorge geweſenen Kinder nach der Art der Ernährung, die ſie bis z u m Zeitpunkt des Aus⸗ ſcheidens erhalten haben, ſo zeigen die Kinder, die nur Bruſtnahrung erhalten haben, eine günſtige Entwicklung in 90,57% der Fälle: 90,91% bei den ehelichen und 83,33% bei den unehelichen. Die Kinder, die nur Flaſchenernährung erhalten haben, haben ſich nur in 79,65% aller Fälle günſtig entwickelt; die unehelichen Kinder weiſen hier einen höheren Prozentſatz (82,12%) auf als die ehelichen. Bei den Kindern, die ver ſchiedene Nahrung nacheinander erhalten haben, ſind die Zahlen zum Teil zu klein, um ſichere Schlüſſe daraus ziehen zu können; im allgemeinen zeigen ſie aber auch hier, daß faſt alle Kinder, die wenigſtens zeitweiſe Bruſt⸗ nahrung erhalten haben,günſtiger daſtehen als die Kinder, die nur mit der Flaſche aufgezogen worden ſind.