— 99— 2. Das Kaufmannsgericht. Das Kaufmannsgericht beſteht aus 1 Vorſitzenden, 3 Stellvertretern und 24 Bei⸗ ſitzern. Infolge Vermehrung der Geſchäfte wurde das Perſonal der Gerichtsſchreiberei um einen Beamten verſtärkt. Uber ſeine Geſchäftstätigkeit hat das Kaufmannsgericht einen Sonder⸗ bericht veröffentlicht, auf den hier verwieſen wird. Es wurden im abgelaufenen Geſchäftsjahre 540 (468) Streitſachen anhängig gemacht. Hierzu kamen 9 aus dem Vorjahre übernommene Streitſachen, ſo daß im ganzen 549 Sachen zu erledigen waren; 9 von ihnen waren am Jahresſchluſſe noch unerledigt und mußten in das neue Jahr übernommen werden. Die Zahl der Kläger beitrug. 542 (475) Klagen wurden erhoben: von Kaufleuten gegen Gehilfen. 21 (16) von Gehilfen gegen Kaufleube. 519 (452) 540 458% Die im Berichtsjahr angebrachten Klagen verteilen ſich nach den Streitgegenſtänden. Bei den Kaufleuten: Rückforderung von Speſenvorſchüſſen....nttt 3 Konventionalſtrafſee.tt.t.t. 18 Erſatz des Mankos.:: 2 Anſprüche aus der Konkurrenzklauſelll.. 1 Rückforderung des Kommiſſionslagers, der Kundenregiſter und Kommiſſionsbücher 2 Summe: 21 Bei den Handlungsgehilfen und Lehrlingen: Rückſtändiges Gehalt, Proviſion, Speſen.: Schadenserſatz wegen vorzeitiger Entlaſſuung.n(tttt. 127 Antritt, Fortſetzung, Auflöſung des Dienſt⸗ oder Lehrverhältniſſesese. 9 Rückgabe von Zeugniſſen oder Anderung des Inhalts derſelboen. .. 39 Der Wert des Streitgegenſtandes betrug: Zæ Z I/ 1 rozentſa Wert Fälle aer Faue 1909 1908 1909 1908 2is 20 1 eünſchlll.... 36 29 6,7 6,2 mehr als 20 ℳ bis 50 ℳ einſchllll. 77 56 14,3 11,9 mehr als 50 ℳ bis 100 ℳ einſchll. 100 103 18,5 22,0 mehr als 100 ℳ bis 300 ℳ einſchl. 197 195 36,5 41,7 mehr als 300%.. 120 8² 22,2 17,6 zuſammen 530 465 98,2 99,4 ohne Wertangabeuee.. 10 3 1,8 0,6 wie vor] 540 4168 10,0 100, Es wurden 69 (75) Terminstage abgehalten, und zwar 55 (55) vor dem Vorſitzenden allein und 14 (20) vor dem Spruchgericht. Die Zahl der an den Terminstagen verhandelten einzelnen Streitſachen betrug vor dem Vorſitzenden 526 (453), vor dem Spruchgericht 129 (179), zuſammen 655 (632). Die Höchſtzahl der am einzelnen Sitzungstage verhandelten Sachen betrug vor dem Spruchgericht 16 (14), vor dem Vorſitzenden allein 19 (14), wobei zu bemerken war, daß die mündliche Verhandlung und die Feſtſtellung des Sachverhalts erheblich mehr Zeit erforderte als in den Prozeſſen vor dem Gewerbegericht. In 18 (38) Fällen wurden die Klagen wegen ganz offenbarer, ſachlicher oder örtlicher Unzuſtändigkeit durch formloſen Beſcheid des Vorſitzenden ohne vor⸗ gängige mündliche Verhandlung zurückgewieſen. Kicht ſelten kommen Klagen vor, die nicht vor das Kaufmanns⸗ gericht gehören, insbeſondere ſolche von Agenten und ſelbſtändigen Proviſionsreiſenden, die, da nicht Handlungs⸗ gehilfen, vor dem ordentlichen Gericht Recht zu nehmen haben. Für die Tätigkeit des Kaufmannsgerichts werden Gebühren nicht erhoben. Ebenſo bleiben Schreib⸗ gebühren und bare Auslagen für Zuſtellungen außer Anſatz. Die Geſamtkoſten für das Kaufmannsgericht werden von der Stadtgemeinde getragen. Als Einigungsamt iſt das Kaufmannsgericht im Berichtsjahre nicht in Tätigkeit getreten. Über Gutachten und Anträge wird in den Geſamtſitzungen des Kauf⸗ mannsgerichts Beſchluß gefaßt; ein ſtändiger Ausſchuß beſteht nicht. Gutachten über Fragen, welche das kaufmänniſche Dienſt⸗ und Lehrverhältnis betreffen, ſind im Berichtsjahre nicht abgegeben. Dagegen ſind folgende Anträge an das Reichsamt des Innern, den Bundesrat und den Reichstag gerichtet worden: Antrag 1: Den Handlungsgehilfen möglichſt bald die in Ausſicht geſtellte ſtaatlich geordnete Berufsver⸗ tretung zu ſchaffen, die aus einer gleichen Zahl von Kaufleuten und Handlungsgehilfen zuſammen⸗ geſetzt ſein ſoll. Antrag 2: a) Den 8 Uhr Ladenſchluß reichsge ſe tz lich für alle offenen Verkaufsſtellen an allen Werk⸗ tagen einzuführen und die Arbeit nach dem Ladenſchluß, mit Ausnahme des Zuendebedienens der Kundſchaft, zu verbieten. p) Den § 1390 der Reichsgewerbeordnung dahin zu ändern: In offenen Verkaufsſtellen und den zugehörigen Schreibſtuben (Kontoren) und Lager⸗ räumen iſt den Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindeſtens 12 Stunden zu gewähren. Den Abaſtz 2 des § 1390 zu ſtreichen. %Die eingellammerten Zahlen geben die entſprechenden Zahlen des Vorjahres an. 13*