— 155 — Die Urſache der laufenden Unterſtützung war auch in dieſem Jahre über⸗ wiegend Krankheit, allein oder in Verbindung mit anderen Urſach e n. Auf ſie entfallen von 4187 Fällen“ nicht weniger als 3856. Infolge von b ös⸗ licher Verlaſſung, allein oder in Verbindung mit anderen achen, ſind 313 Frauen unterſtützt worden. Ur ſ Von den 9356 überhaupt in irgendeiner Weiſe unterſtützten Perſonen ſind 1641 nur durch Verpflegung in den ſtädtiſchen Krankenhäuſern unterſtützt worden. Nicht weniger als 2022 unter ihnen hatten das 60., 880 das 70. Lebens⸗ jahr überſchritten. 3982 der Unterſtützten wohnen länger als ſeit 1900 hier, 301 von ihnen ſind in Charlottenburg geboren. 6781, d. h. etwa 72% der Unterſtützten hatten den Unterſtützungswohn⸗ ſitz in Charlottenburg. Die Novelle zum Unterſtützungswohnſitzgeſetz hat, da der Prozentſatz ſich nicht geändert hat, hier eine Verſchiebung nicht herbeigeführt; bei den Pflege kindern dagegen ſind diesmal 59,34% gegen nur 57,18% im Vorjahre hier ortsangehörig geweſen. In 412 Fällen mußten auf Grund des § 29 des Unterſtützungs⸗ wohnſitzgeſetzes Koſten von uns als Dienſt⸗ oder Arbeitsort getragen werden. 7581 aller Unterſtützten waren evangeliſch, 1365 katholiſch, 71 moſaiſch und 14 Diſſidenten, während bei 325 Angaben darüber fehlen. Zur Begründung der Erhöhung der Armenausgaben haben wir im vorigen Bericht außer auf die allgemeine Teuerung aller Lebensbedürfniſſe auch auf die fortgeſetzte Steigerung der Mietspreiſe der kleinen Wohnungen hingewieſen. Die für das Jahr 1909 vorliegenden Zahlen zeigen, daß dieſe Urſache auch in dieſem Berichtjahre unverändert weiterbeſtanden hat. Allerdings zeigt ſich bei den aus den Zählkarten ausgezählten 1003 Armenwohnungen von Stube und Küche mit Preisangabe ſtellenweiſe eine — freilich minimale — Verminderung des Preiſes. Bei den gezählten 121 Wohnungen ohne Aftermieter im Vor d er hauſe hat der Durchſchnittspreis 20,08 ℳ gegen 20,06 ℳ im Vorjahre betragen; bei 776 Wohnungen von Stube und Küche ohne Aftermieter im H in ter hauſe 21,07 ℳ gegen 22,04 ℳ im Vorjahre, bei 19 ſolchen Wohnungen im Vord er hauſe m it Aftermietern 24,16 gegen 24,29 ℳ im Vorjahre, bei 87 ſolchen Wohnungen im Hinte rhauſe mit Aftermietern 23,89 ℳ gegen 24,11 ℳ im Vorjahre. Bei den von der Auskunftsſtelle gezählten 107 neu hinzuge kommenen Armen⸗ wohnungen von Stube und Küche zeigt ſich dagegen auch in dieſem Jahre eine weitere Ste igerung des Durchſchnittspreiſes von monatlich 23,67 ℳ auf 24,58 ℳ; 38 von den 107 Wohnungen koſten mehr als 25 ℳ monatlich. Preiſe in dieſer Höhe, aber auch ſchon die obigen Preiſe, zwingen auch jetzt fortgeſetzt zahlreiche Familien, ſich mit dem denkbar geringſten Raum zu begnügen, was vom Standpunkt der Geſundheitsfürſorge zu lebhaften Bedenken Anlaß geben muß. Nicht weniger als 158 der ge⸗ zählten 1003 Wohnungen von Stube und Küche ſind von mehr als 5 Perſonen, 76 von mehr als 6 Perſonen, 31 von mehr als 7 Perſonen, 1 ſogar von 10, und 1 von 12 Perſonen bewohnt geweſen. Die Zahl der leer⸗ ſtehenden Wohnungen von Stube und Küche hat bei der letzten Aufnahme im Winter 1909, die die Zahl von 309 ergab, zwar etwas zugenommen: gegenüber der Geſamtzahl der vorhandenen Wohnungen von Stube und Küche iſt die Zahl aber noch immer ſo gering, daß ſie einen Einfluß auf die Mietspreiſe unmöglich aus⸗ zuüben vermag. Die ſchwierigen wirtſchaftlichen Verhältniſſe haben die Armenverwaltung gezwungen, in 581 Fällen zur Vermeidung der 3wangsausſetzung 14 354 ℳ aufzuwenden, während in 109 weiteren Fällen 2180,55 ℳ zur Beſchaffung einer neuen Wohnung gewährt werden mußten. Als ein Zeichen der auch in dieſem Jahre fortbeſtehenden Verſchlechterung der Ver⸗ hältniſſe muß es auch angeſehen werden, daß die Zahl der erteilten Armutszeugniſſe zur Prozeßführung von 2176 im Jahre 1908 auf 2466 im Jahre 1909 ge⸗ ſtiegen iſt. In den beiden letzten Jahresberichten iſt eine fortgeſetzte Steigerung der Inanſpruchnahme der armenärztlichen Hilfe zu verzeichnen ge⸗ weſen. Auch im Jahre 1909 hat ſie weiter angehalten. Die Zahl der Kranken iſt von 8745 auf 9481, die der Konſultationen um etwa 1500 geſtiegen, während die Zahl der Beſuche annähernd gleich geblieben iſt. Die Urſachen dürften, abgeſehen von der Vermehrung der Einwohnerzahl und dem Ausbau einzelner Bezirke, in der Hauptſache in den ſchon im vorigen Bericht angedeuteten Anderungen in der Richtung der leichteren Erreichbar⸗ keit armenärztlicher Hilfe zu ſuchen ſein. Der Fürſorgeſtelle für Lungenkranke und den Säuglingsfürſorgeſtellen iſt geſtattet worden, e benſo wie ſchon früher den Schulen, hilfsbedürftige unbe⸗ mittelte Kranke unmittelbar den Stadtärzten zur Behand⸗ lung zu überweiſe n. Auf dem Gebiete der Geſundheitspflege liegen noch eine Reihe weiterer Neuerungen, die im Berichtjahre getroffen worden ſind, vor. Während bisher als Spezialarzt nur ein Stadtaugenarzt (mit feſtem Honorar) angeſtellt war, ſind 1909 zum erſten Male Mittel in den Etat eingeſtellt worden, um Spezialärzte für Hals⸗, Naſen⸗, Ohrenleiden, Frauen⸗ leiden, Nervenleiden und Hautkrankheiten hinzuzuziehen. Im Laufe des Berichtjahres iſt ferner in Charlottenburg eine Auskunft⸗ und Fürſorgeſtelle für Alkoholkranke eröffnet worden, die am 1. April 1910 als ſt ä d tiſche Fürſorgeſtelle in die eigene Verwaltung der Stadtgemeinde übergegangen iſt. Die Koſten für die Überweiſung von Alkoholkranken in Trinker⸗ heilſtätten trägt die Armenverwaltung. Im Berichtjahre ſind 12 Männer und eine Frau in ſolchen Anſtalten untergebracht worden. * Bei mehrfacher laufender Unterſtützung im Laufe des Jahres iſt die Urſache jedesmal von neuem gezählt, ſo daß die Zahl der Unterſtützungsurſachen höher iſt als die Geſamtzahl der laufend Unterſtützten. 20⸗