— 156 — In der Fürſorge für die Lungenkran ken iſt am 1. April 1909 die ſchon im vorigen Bericht angedeutete grundlegen de Anderung dahin eingetreten, daß aus Mitteln der Armenverwaltung nur ſolche Perſonen in Heil⸗ ſtätten, Erholungsſtätten und Pflegeheime entſandt werden, die bereits laufende unterſtützung erhalten. Für alle übrigen trägt jetzt die Koſten der Etat der Geſundheitspflege, und die Organe der Armenpflege wirken bei der Prüfung und Entſcheidung überhaupt nicht mehr mit. Für die Entſendung in die Erholungsſtätten iſt inzwiſchen eine weitere Vereinfachung dahin erfolgt, daß alle Entſendungen ausſchließlich durch die ſt ädtiſche Fürſorgeſtelle für Lungenkranke veranlaßt werden, der die Kranken gegebenenfalls von den Stadt⸗ ärzten oder Schulärzten zugewieſen werden. Im Laufe des Berichtjahres iſt auf Vorſchlag der Stadtärzte auch die Verabreichung der Krankenkoſt neu geregelt worden. Es werden jetzt drei genau feſtgelegte Formen, daneben auf beſonderen Wunſch des Arztes auch noch eine frühere Form, geliefert. Als ein neuer Zweig der armenärztlichen Fürſorge iſt im vorigen Bericht die Für⸗ ſorge für Krüppel erwähnt worden. Im Berichtjahre ſind in der Berlin⸗Branden⸗ burger Krüppelheilanſtalt 19 Krüppelkinder mit einem Koſtenaufwande von 9612,55 ℳ, in 2 anderen Anſtalten 8 weitere ſolche Kinder mit einem Koſtenaufwande von 4290 behandelt worden. Die geſamten Aufwendungen für die Behandlung von Krüppeln haben ſomit rund 13 902 ℳ betragen. Auch der Fürſorge für kranke Säuglinge iſt im Berichtjahre weiter beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet worden. In der Char lottenburger Säuglingsklinik (die ebenſo wie das Kaiſerin⸗Auguſte⸗Viktoria⸗ Haus ermächtigt iſt, hilfsbedürftige Kranke ohne weiteres nötigenfalls für Rechnung der Armenverwaltung aufzunehmen) ſind 176 kranke Säuglinge mit einem Koſtenaufwand von 27 294,25 ℳ behandelt worden. I m Kaiſerin⸗Auguſte⸗Viktoria⸗Haus ſind 14 Perſonen, Kinder und Mütter, mit einem Koſtenaufwande von 2209 ℳ verpflegt worden; bemerkt ſei dabei, daß in dieſer Anſtalt nur für erkrankte Kinder und bei Ent⸗ bindungen für 10 Tage bezahlt wird, während die Verpflegung von Müttern und Kindern im Wöchnerinnen⸗ und Säuglingsheim koſtenfrei erfolgt. Eine orthopädiſche Behandlung von Kindern iſt in 2 hieſigen In⸗ ſtituten in 28 Fällen mit einem Koſtenaufwand von 2386,80 ℳ erfolgt. Nervenkran ke ſind in 11 Fällen in Haus Schönow in Zehlendorf mit einem Koſtenaufwand von 2414,81 ℳ behandelt worden. Die Zahl der auf Armenkoſten verpflegten Lungen kranken iſt infolge der ſchon erwähnten Neuerung weſentlich zurückgegangen. In Heilſtätten ſind 105 Perſonen mit einem Koſtenaufwand von 22 465,65 ℳ, in Pflegeheimen 31 Per⸗ ſonen mit einem Koſtenaufwand von 9801,95 ℳ verpflegt worden. Außerdem haben 5 an Knochentuberkuloſe leidende Kinder im Cecilienheim in Hohen⸗Lychen und 10 weitere Kinder in Seehoſpizen Aufnahme gefunden. Auch die Zahl der in Walderholungsſtätten überwieſenen Perſonen hat ſich infolge der erwähnten Neuerung weſentlich vermindert. Auf Armenkoſten ſind nur 361 Perſonen mit einem Koſten⸗ aufwand von insgeſamt 10 497,60 ℳ den Erholungsſtätten überwieſen worden. Im ganzen haben auf ſtädtiſche Koſten im Jahre 1909 283 Perſonen in Lungen⸗ heilſtätten, 49 Perſonen in Pflegeheimen, 11 Kinder wegen Knochen⸗ tuberkuloſe in Hohenlychen, 32 Kinder in Seehoſpizen und 1325 Perſonen, darunter 1006 Kinder, in Wa lderholungsſtätten Aufnahme gefunden. Als eine weitere die Armenpflege ſtark berührende Neuerung iſt die verſuchsweiſe von der Stadt übernommene Beſchäftigung beſchränkt er werbsfähiger Perſonen in der ſtädtiſchen Verwaltung zu erwähnen. Perſonen dieſer Art, die anderwärts bei dem großen Angebot voller Arbeitskräfte kaum oder nur ſchwer eingeſtellt werden, ſollen in der ſtädtiſchen Parkverwaltung und bei der ſtädtiſchen Straßenreinigung, zum Teil nur im Winter, zum Teil das ganze Jahr hindurch, beſchäftigt werden. Die Armenverwaltung hat von dieſer Möglichkeit, ſolche Perſonen unterzubringen, wiederholt Gebrauch gemacht, insbeſondere kommen auch Lungenkranke dabei in Betracht. Anfang Februar 1910 iſt, wie ſchon erwähnt, das neue ſt äd tiſche Ob⸗ d ach, Sophie⸗Charlotten⸗Straße 113, eröffnet worden. Während bisher in den auf dem Grundſtück befindlichen Gebäuden nur obdachloſe Familien Aufnahme fanden, enthält das neue Obdach 3 Abteilungen: 1. Ein Nachtobdach für Männer und für Frauen. Aufnahme in ihm finden einzelſtehende Perſonen, die bis dahin in Charlottenburg gewohnt haben, hier obdachlos geworden, ſind und ein ſofortiges anderes Obdach nicht zu finden vermögen. Soweit der Platz reicht, werden auf Erſuchen des Polizei⸗Präſidiums auch andere Perſonen nicht zurückgewie en werden. 2. Gemeinſame Räume, getrennt für Männer einerſeits und für Frauen und Kinder anderſeits, für obdachlos werdende Familien. Alle obdachlos werdenden Familien werden regelmäßig zunächſt in dieſe gemeinſamen Räume aufgenommen, die Frauen und Kinder mit voller Verpflegung,; die Männer mit Verpflegung morgens und abends, während der Hausrat in den Speicherräumen in Verwahrung genommen wird. Die öchſtdauer des Aufenhaltes hier iſt auf 4 Wochen feſtgeſetzt. Haben die Aufgenommenen Beſchäftigung, ſo ſind für die Gewährung der Unterkunft und Beköſtigung täglich oder wöchentlich im voraus je nach der Höhe des Verdienſtes