— 162 — kurzer Zeit heimiſch und glücklich und freuen ſich an der Entwicklung ihres Kindes. Dank dem Entgegenkommen der Leitung des Säuglingsheims konnte ein Mädchen, das ihres leicht⸗ ſinnigen Lebenswandels wegen in Fürſorgeerziehung kam, dort untergebracht werden, ſtatt in eine Fürſorgeanſtalt überführt und ſo von ihrem Kinde getrennt zu werden. Sie iſt ſo lange im Heim verblieben, bis ſie ſich mit dem Vater ihres Kindes verheiratet hat. An jedem Montag vormittag wird von der Generalvormundſchaft eine Sprechſtunde im Säuglingsheim abgehalten, in der die Mütter außer den notwendigen Vernehmungen Fragen ſtellen und Wünſche äußern können. Sie machen von dieſer Erlaubnis ausgiebig Gebrauch und ſind auf dieſe Weiſe ſtets von dem Fortgang des Vorgehens gegen den Vater ihres Kindes, was ihnen naturgemäß am meiſten am Herzen liegt, unterrichtet. Überhaupt iſt die Generalvormundſchaft nach wie vor bemüht, trotz der großen Ver⸗ mehrung der Zahl der Mündel und der dadurch immer ſchwerer werdenden Überſicht ein möglichſt perſönliches Verhältnis zwiſchen Mündel und Mündelmutter und Vormund herzuſtellen und zu bewahren. Am leichteſten iſt es natürlich da, wo die Mündel bei ihren Müttern verbleiben; doch auch bei den Kindern, die ſich in Halte⸗ oder ſtädtiſcher Pflege be⸗ finden, wird danach geſtrebt. Die in Groß⸗Berlin befindlichen Mündel werden, ſoweit nicht Berichte des Waiſenrats oder der Polizei eingehen, in regelmäßigen Zeitabſchnitten von 2 Gehilfinnen des Generalvormundes beſucht; ebenſo werden die Pflegemütter veranlaßt, ihre Pfleglinge ihm vom Zeit zu Zeit vorzuſtellen. Durch Nachfrage in den Säuglingsfürſorgeſtellen wurde in beſtimmten Zwiſchen⸗ räumen feſtgeſtellt, ob die Kinder regelmäßig vorgeſtellt wurden und die Pflegemütter und Mütter die ihnen dort gegebenen Anweiſungen befolgten. Das Reſultat war im ganzen günſtig. Wenn Mißſtände vorhanden waren, ſo konnten ſie in den meiſten Fällen durch gemeinſames Einwirken auf die Mütter behoben werden. Nur in ganz vereinzelten Fällen mußte die Fortnahme des Kindes aus der bisherigen Pflegeſtelle beantragt werden, weil die Pflegemutter ſich durchaus nicht den ihr gegebenen Anordnungen fügen wollte. Es zeigt ſich immer wieder, daß ein einheitliches gemeinſames Vorgehen aller Aufſichtsorgane von Erfolg gekrönt iſt; es wäre daher zu wünſchen, daß ein noch intenſiveres Zuſammenarbeiten aller mit der Pflege und Aufſicht der Kinder beauftragten Organe ſtattfände, damit die Tätigkeit der Berufsvormundſchaft auch hinſichtlich der körperlichen Pflege und Uberwachung den Erfolg hat, den ſie erſtrebt und der von ihr erwartet wird; denn ſie ſieht ihre Aufgabe nicht nur darin, für die Heranziehung der Väter zur Alimentenzahlung zu ſorgen, ſondern mit Hilfe aller ihr zu Gebote ſtehenden Mittel ſich um das Wohl der ihr anvertrauten Kinder zu kümmern und den Zuſammenhang zwiſchen Mutter und Kind möglichſt zu bewahren. Ein Übelſtand, der ſich bisher noch nicht ganz hat vermeiden laſſen, iſt der häufige Pflegewechſel. Immer wieder verſucht man, den Müttern die Überzeugung beizubringen, wie ſchädlich ein ſolcher Wechſel dem Kinde, beſonders im erſten Lebensjahre, iſt; trotzdem geſchieht es noch immer, daß die Mütter aus irgendwelchen oft geringfügigen Gründen, weil ihnen an den Pflegeeltern etwas nicht paßt, das Kind einfach aus einer Pflegeſtelle in die andere bringen —, manchmal ohne ſogar den Vormund davon zu benachrichtigen, obwohl ihnen immer wieder mündlich und ſchriftlich eingeſchärft wird, daß ſie das Kind ohne Ein⸗ willigung des Vormundes nicht aus ſeiner Pflegeſtelle nehmen dürfen. Eine Kontrolle iſt hier beſonders ſchwierig bei den Kindern, die ſich außerhalb Charlottenburgs im übrigen Groß⸗Berlin befinden. Hier — nicht in Charlottenburg ſelbſt — trat auch der häufigſte Wechſel ein. Ein anderer Grund für den häufigen Wechſel iſt die Kränklichkeit vieler Kinder. Es handelt ſich hier um ſolche Kinder, die von Geburt an ſchwach und elend ſind, — haupt⸗ ſächlich ſyphilitiſche und tuberkulöſe — die von den Pflegemüttern ſchon mit der Erklärung ins Krankenhaus gebracht werden, daß ſie die Kinder, die ihnen zu viel Mühe machten, nicht wieder in Pflege nehmen würden. Aus dem Krankenhaus werden die Kinder anſcheinend geſund zu einer neuen Pflegemutter entlaſſen, um bald wieder ins Krankenhaus zu wandern. So wechſelt Krankenhaus und Pflegeſtelle bis zu ſechsmal im Jahr. Dieſe Kinder gehörten überhaupt nicht in Privat⸗, ſondern in Anſtaltspflege. Hier iſt noch eine Lücke in unſeren Fürſorgeeinrichtungen: Es fehlen vor allem Anſtalten in genügender Zahl für ſyphilitiſche und tuberkulöſe Kinder. Denn dieſe Kinder können unmöglich, trotz aller Sorgfalt in der Familie, die richtige Behandlung haben und bilden außerdem eine dauernde Gefahr für ihre Umgebung. Nach Eingang der Geburtsanzeige erkannten 365 Väter die Vaterſchaft an und er⸗ klärten ſich zur Zahlung bereit. In 63 Fällen konnten Zahlungen nicht erlangt werden. Die auf Grund der vollſtreckbaren Ausfertigung der Anerkennungsverhandlung oder des Urteils beantragte Pfändung fiel in 47 Fällen fruchtlos aus. Die nach der fruchtloſen Pfändung in 42 Fällen beantragte Lohnpfändung hatte in 36 Fällen Erfolg; in den übrigen Fällen blieb ſie infolge Wechſel der Arbeitsſtätte des Schuldners erfolglos. In 31 Fällen wurde der Offenbarungseid geleiſtet; Verhaftungen zur Ableiſtung des Offenbarungseides erfolgten in 11 Fällen. Von den Verhafteten wurden 9 nach der Eidesleiſtung entlaſſen, 2 verweigerten die Eidesleiſtung. In 21 Fällen ſchwebt das Verfahren wegen Eidesleiſtung, in 16 Fällen ſchwebt es wegen der Zwangsvollſtreckung. Von den unehelichen Vätern, die nicht an⸗ erkannten, ſondern die Vaterſchaft oder die Zahlungsverpflichtung beſtritten, mußten 236 verklagt werden.