— 189 — ſtelle hat ſich auch im übrigen als zweckmäßig für die Praxis erwieſen. Die Kranken und ihre Angehörigen leiſten den amtlichen Aufforderungen zur Vorſtellung beiſpielsweiſe faſt ohne Ausnahme Folge, ſo daß insbeſondere die Nachunterſuchungen der aus den Anſtalten Entlaſſenen, ſoweit ſie am Orte blieben, ſtets ohne Schwierigkeit erfolgen konnten. Hatte bis zum 1. April 1905 die „Lungenkrankenfürſorge vom Roten Kreuz“ ſich im weſentlichen auf die eigentliche pflegeriſche und Wohnungsfürſorge⸗ beſchränkt, ſo trat jetzt neben dieſe Tätigkeit die ärztliche Fürſorge⸗ und unterſuchungs tätigkeit. Sie dehnte ſich bald ſo aus, daß dem Leiter ein Hilfsarzt zur Seite geſtellt werden mußte. Während im erſten Jahre 4102 Unterſuchungen ſtatt⸗ fanden, ſtieg ihre Zahl im zweiten Jahre ſchon auf 5896, 1907 auf 7928, 1908 auf 8399 und 1909 auf 11 230. Im Jahre 1910 iſt eine weitere außerordentliche Steigerung ein⸗ getreten: In den erſten 5 Wochen des Jahres 1909 waren 821 Kranke unterſucht worden: 1910 iſt ihre Zahl in der gleichen Zeit auf nicht weniger als 1620 geſtiegen. Regelmäßig werden alle, auch die noch nicht erkrankten Mitglieder der Familien, in der ſich ein Tuber⸗ kulöſer befindet, insbeſondere die Kinder, unterſucht und unter dauernder ärztlicher Auf⸗ ſicht behalten. Beſonderes Augenmerk hat die Fürſorgeſtelle ſeit Beginn des ärztlichen Dienſtes auf das Zuſammenarbeiten mit den hieſigen Arzten gerichtet. Faſt die Hälfte der 2835 im Jahre 1909 neu unterſuchten Perſonen — 1306, — wurden der Fürſorgeſtelle durch Arzte überwieſen: meiſt handelte es ſich um Feſtſtellung der Diagnoſe, zum Teil wurde auch die Überweiſung in Heilſtätten oder Erholungsſtätten oder die Übernahme in Fürſorge gewünſcht. Von den 2835 neu Unterſuchten wurden 613 tuberkulös, 605 tuberkuloſeverdächtig, 554 ſtrofulös befunden, während 662 ſich als anderweit krank ergaben und bei 441 keine Erſcheinungen einer Erkrankung feſtzuſtellen waren. Den Arzten gibt die Fürſorgeſtelle ſofort über den er⸗ hobenen Befund und die beabſichtigten Schritte Nachricht, wie auch ſonſt in jeder Weiſe darauf Bedacht genommen wird, mit ihnen in dauernder Fühlung zu bleiben. Der immer ſtärkere Beſuch der Fürſorgeſtelle iſt ſicher zum großen Teil auf dieſes gute Einvernehmen mit den Arzten zurückzuführen. Die ſtarke Zunahme der Tätigkeit der ſtädtiſchen ärztlichen Fürſorgeſtelle hatte naturgemäß auch auf die Arbeit der „Lungenkrankenfürſorge vom Roten Kreuz“ Einfluß, ſo daß die Zahl ihrer Schweſtern nach und nach außer der Oberſchweſter bis auf 5 vermehrt werden mußte. Von ihrer Begründung bis zum erſten Januar 1910 hat ſie 3029 Fam il i en in Fürſorge genommen. Am1. Januar 1909 ſtanden 1556 Familien in Fürſorge⸗ Neu hinzutraten im Laufe des Jahres 446 Familien, während 121 ausſchieden, ſo daß ſich am 1. Januar 1910 1881 Familien in Fürſorge befanden. Im Laufe des Jahres 1909 ſind von den Schweſtern, ungerechnet die Beſuche bei Arzten und bei den Organen der Armenpflege uſw. 13 978 Beſuche in den Woh⸗ nungen (1908 12 357) gemacht wor d e n. Neben der fortgeſetzten Beratung und Belehrung der Familien, wobei auf tunlichſte Trennung der Kranken von den noch nicht Erkrankten und auf möglichſte Verhütung weiterer Anſteckung hingewirkt wurde, ſind dabei mehr als 600 Familien Milchmarken, 39 Familien Fle iſchmarken, 69 Familien Stärkungsmittel, 11 Familien Mietszuſchüſſe und 23 Familien Kleidung gewährt worden. In zahlreichen Fällen wurden auch Unterſtützungen von anderer Seite erwirkt. Die „Lungenkrankenfürſorge vom Roten Kreuz“, deren Koſten einſchließlich der Schweſterngehälter zum größten Teil gleichfalls die Stadt trägt, hat da⸗ für, insbeſondere für Milch, ſelbſt im letzten Jahre 5503,65 ℳ aufgewendet. Von der ſtädtiſchen Fürſorgeſtelle ſind in Ergänzung dieſer Fürſorge außer Spuckflaſchen, überall, wo es erforderlich erſchien, in großer Zahl Wäſche⸗ beutel ausgegeben worden, damit die Familien die Wäſche des Kranken geſondert von der der übrigen Familienmitglieder ſammeln, desinfizieren und waſchen können. In 49 Fällen ſind Familien Betten beſchafft worden, um das Zuſammenſchlafen des Kranken mit andern Familienangehörigen zu verhindern. Für 59 Familien wurden Miets zu⸗ ſchüſſe (zur Hinzumietung eines beſonderen Zimmers für den Kranken, oder um die Familie zu ermöglichen, vorhandene Schlafleute zu entlaſſen und den Raum ſelbſt zu benutzen), und andere Unterſt ützung en erwirkt. In 3 Fälley wurden für Kinder mit tuberkulöſer Wirbelſäulenerkrankung Stützkorſe tts beantragt. Zur Ergänzung der durch die Arzte und die Schweſtern mündlich erteilten Belehrung wurden wie bisher das von der Fürſorgeſtelle ſelbſt herausgegebene Merkblatt ſowie die gleich⸗ falls von ihr herausgegebenen „Regeln für eine geſundheitsmäßige Lebensweiſe“ verteilt. Beſonderes Augenmerk wurde von der Fürſorgeſtelle auf die Desinfektion der Wohnungen gerichtet. Die Stadt Charlottenburg führt ſeit langen Jahren all e Desinfektionen wegen Tub erkuloſe, ohne Unterſchied der Vermögens⸗ verhältniſſe, koſtenfrei aus. Nach der von der ſtädtiſchen Desinfektionsanſtalt geführten Statiſtik ſind im Rechnungsjahre 1909 wegen Tuberkuloſe im ganzen 660 Desinfektionen erfolgt, darunter 418 auf Antrag der Fürſorgeſtelle. Da von den ihrer Fürſorge unter⸗ ſtehenden Kranken im (Kalender⸗)Jahre 1909 nur 128 geſtorben ſind, ſind alſo mehr als 3 mal ſo viel Desinfektionen erfolgt, — ein Beweis, daß auf die fortlaufende Desinfektion