— 199 — IIm Berichtsjahre ſind 3 Speiſungsſtellen neue errichtet worden, ſo daß jetzt 5 Spei⸗ ſungsſtellen beſtehen, die auf das Stadtgebiet verteilt und bis auf die des Vaterländiſchen Frauen⸗Vereins in den Schulen untergebracht ſind. In der Speiſungsſtelle Peſtalozzi⸗ ſtraße Nr. 40 unterhält der Verein „Jugendheim“ eine Zentralküche, von der aus er die Nebenſtellen Lützower Straße 3, Hallerſtraße und Dankelmannſtraße Nr. 48 verſorgt. Der Vaterländiſche Frauen⸗Verein hat eine Speiſungsſtelle, die der Volksküche im Cecilien⸗ hauſe, Berliner Straße 137, angegliedert iſt. In der Zeit vom 1. April bis 30. September 1909 ſind täglich 500 Portionen ver⸗ abreicht worden; dieſe Zahl iſt vom 1. Oktober 1909 ab auf 600 erhöht. Insgeſamt ſind rund 162 000 Portionen ausgeteilt worden gegen 108 160 im Vorjahre. Die Stadtgemeinde hat dem Verein „Jugendheim“ für jede abgegebene Portion 15 Pf. vergütet. Die Geſamt⸗ ausgabe für die Schulſpeiſung betrug im Berichtsjahre nach Abzug der von den Eltern der zu ſpeiſenden Kinder gezahlten Beiträge von 689,30 ℳ 26 687,53 ℳ. gegen 17 272,80 ℳ im Jahre 1908. 11. Die Milchhänschen. Der Verein für Kaffeeſtuben und Erfriſchungskarren, dem die Bewirtſchaftung der drei Milchhäuschen auf dem Wittenbergplatz, dem Stuttgarter Platz und dem Friedrich⸗ Karl⸗Platz durch Vertrag vom 3. November 1908 übertragen war, hat ſich Anfang des Jahres 1910 aufgelöſt und infolgedeſſen gemäß § 11 des Vertrages den Betrieb der Häuschen mit dem 31. Januar 1910 eingeſtellt. Seit dieſem Tage ſind die Milchhäuschen geſchloſſen. Ihre Inanſpruchnahme hat nach Angabe des Vereins nicht befriedigt. Die wegen ander⸗ weitiger Bewirtſchaftung der Häuschen eingeleiteten Verhandlungen ſind noch nicht beendet. 12. Die Fürſorge für Säuglinge. Charlottenburg hat von den deutſchen Großſtädten ſeit dem Jahre 1891 den ſtärkſten Rückgang der Säuglingsſterblichkeit aufzuweiſen. Von 1891 bis 1909 iſt die Säuglingsſterb⸗ lichkeit um 51,56 % (von 24,98% der Lebendgeborenen bis auf 12,11% der Lebendgeborenen) geſunken. Noch 1896 hatten von den 38 Städten über 100 000 Einwohner, aus denen Zahlen vorliegen, 16 eine günſtigere, 2 weitere eine gleiche Säuglingsſterblichkeitsziffer wie Char⸗ lottenburg; 1909 ſtehen von 42 Großſtädten nur noch 5 günſtiger, 1908 und 1907 ſind es ſogar nur 4 geweſen. Eine geringere Sterblichkeit als die Charlottenburger von 12,11% haben 1909 nur Barmen und Elberfeld mit 9,41 und 10,40%, Kaſſel mit 10,83, Schöneberg mit 11,77 und Bremen mit 12,02% der Lebendgeborenen gehabt. Im Rechnun g s jahre 1909 (1. April 1909 bis 31. März 1910) iſt die Charlottenburger Sterblichkeitsziffer noch weiter, bis auf 11,63%, geſunken. Eine beſonders ſtarke Abnahme zeigen die Sterbefälle infolge von Erkrankungen der Verdauungsorgane, deren hohe Ziffer von weſent⸗ lichem Einfluß auf die Höhe der Sterblichkeitsziffer überhaupt geweſen iſt. Noch 1906 ent⸗ fielen mehr als 30% aller Sterbefälle auf ſie: Im Jahre 1907 ſank dieſer Anteil plötzlich auf 21,61%, und 1909 (nach einer erneuten Zunahme bis auf 26,53% im Jahre 1908) bis auf 19,28%. Hand in Hand mit dem Rückgang der Mortalität an den Erkrankungen der Ver⸗ dauungsorgane geht als weitere erfreuliche Tatſache die Abnahme der gefürchteten hohen Sommerſterblichkeit. Während ſie 1898 bis 1906 mit einziger Ausnahme des Jahres 1902 den Jahresdurchſchnitt um 50% und mehr überſtieg, kam ſie 1907 dem Jahres⸗ durchſchnitt faſt gleich und ſank, nachdem ſie 1908 wieder 11% höher als der Jahresdurch⸗ ſchnitt geweſen war, 1909 noch unter die Jahresdurchſchnittsziffer. Der hohe Sommergipfel, den die graphiſche Darſtellung früher zeigte, ſinkt von Jahr zu Jahr und iſt 1909 völlig ver⸗ ſchwunden. Für das Rechnungsjahr 1909 läßt die unten abgedruckte Tabelle über die Sterb⸗ lichkeit in den einzelnen Monaten das Fehlen der Sommerwelle deutlich erſehen. So günſtig hiernach die Entwicklung im allgemeinen geweſen iſt, ſo ſind andererſeits zwei Tatſachen nicht zu überſehen. Einmal beſchränkt ſich nach der Feſtſtellung des Statiſtiſchen Amts die Abnahme der Sterblichkeit in Charlottenburg in den letzten Jahren faſt aus⸗ ſchließlich auf die Altersgruppen von 1 bis 12 Monaten, während die Mortalität i m er ſt e n Lebensmonat kaum eine Anderung zum Beſſeren erfahren hat. Auf der anderen Seite gibt die Sterblichkeitsziffer der unehelichen Säuglinge auch im Jahre 1909 mit ſeiner ſehr niedrigen Geſamtſterblichkeit zum Nachdenken Anlaß, da ſie anders als in den meiſten Großſtädten die allgemeine Sterblichkeitsziffer außerordentlich überſchreitet. Auch ſie iſt freilich ſtark zurückgegangen und hat 1909 nur 20,16% (im Rechnun g s jahre 1909 ſogar nur 19,87%) betragen: Nur 3 von den 42 deutſchen Großſtädten — Bochum mit 15,01, Dresden mit 16,84 und Elberfeld mit 17,76% — zeigen 1909 niedrigere Ziffern. Aber der Unterſchied in der Sterblichkeit der ehelichen und unehelichen Säuglinge iſt bei uns, wenn auch einzelne andere Großſtädte noch größere Unterſchiede zeigen, fortdauernd trotz der allgemeinen günſtigen Verhältniſſe unſerer Stadt auffallend groß, ohne daß beſtimmte Urſachen mit Sicherheit feſtzuſtellen ſind. Keinesfalls kann, wie man vielleicht vermuten könnte, die verhältnismäßig hohe Sterblichkeit der unehelichen Kinder etwa darauf zurückgeführt werden,