—. 13 — unſerer Bürgerſchaft beſtrebt geweſen ſind, dem Gedanken der Selbſtverwaltung, dieſem hohen Gute der Städte, mit einigem Erfolge Ehre zu machen, und daß allem, was wir taten, das Bewußtſein zugrunde lag, daß, wenn wir unſere Stadt fördern, wir unſerem großen geliebten Vaterlande dienen. und an den Rückblick geſtatten Sie mir, meine verehrten Herren, einen Blick in die näch ſte Zukunft zu reihen. Die Aufgaben der Zukunft — das haben wir in den letzt verfloſſenen Jahren mit voller Klarheit geſehen — werden nicht nur immer zahlreicher, ſie werden auch immer be⸗ deutender, immer größer an innerem Wert, und auch die Schwierigkeit, ſie zu löſen, wird immer größer. Meine Herren, vor 12 Jahren war der Begriff von Groß⸗Berlin noch ſelten genannt, und es gab ſehr viele, die ſich unter dem „Groß⸗Berlin“ noch eigentlich gar nichts Greifbares vorzu⸗ ſtellen vermochten. Wie anders heute! Heute iſt der Name Groß⸗Berlin in aller Munde, in allen Spalten aller Zeitungen lieſt man ihn täglich. Die Stadt Berlin einerſeits, die Vorortſtädte anderer⸗ ſeits und die Vorortgemeinden untereinander lebten vor 12 Jahren noch getrennt voneinander, hatten nur wenige, geringe Berührungspunkte; jede Stadt lebte ein Leben für ſich, nur ab und zu einmal ſtießen die Intereſſen aneinander. Wie anders heute! Heute iſt das Wirtſchaftsgebiet von Groß⸗Berlin ein feſtes, zuſammengewachſenes, kompaktes Ganzes. Aber Intereſſendifferenzen unter den Städten untereinander ſind an der Tagesordnung. Man kann dieſes große Wirtſchaftsgebiet nicht in allen Dingen trennen und getrennt halten, ohne daß die Allgemeinheit, der Vorteil des großen Ganzen dar⸗ unter Schaden leidet. Vor einigen Tagen iſt unſerem preußiſchen Landtag der Entwurf eines Geſetzes über die Bildung eines Zweckverbandes für Groß⸗Berlin zugegangen. Wenn dieſer Entwurf, wie ich ſicher annehme, Geſetz wird, ſo werden uns, meine verehrten Herren, neue ſehr große, ſehr ſchwierige Aufgaben erwachſen, die nur unter Opfern von uns erfüllt werden können und nur mit großer Klugheit gelöſt werden können. Aber ich gebe mich der ſicheren Hoffnung hin, daß die Opfer, die wir bringen werden, nicht umſonſt gebracht ſein werden, daß ſie dem großen Ganzen und damit auch uns ſelbſt wieder zum Vorteil gereichen werden. Von kleineren 227.1 die uns aber doch manche Nuß zu knacken geben werden, möchte ich den Aufſchluß des Nordens unſerer Stadt, des Stadtteils nördlich der Spree er⸗ wähnen. Wir werden in beſchleunigtem Tempo die lange Strecke der Spree, die ſich durch unſer Gebiet hinſchlängelt, mit ſteinernen Brücken zu überqueren haben, um die Verbindung zwiſchen dem Süden und dem lange vernachläſſigten Norden herzuſtellen. Wir werden Opfer bringen müſſen zur Anlage des Parkes, den wir durch den Kauf der Jungfernheide vorbereitet haben, wir werden vielleicht dazu kommen, unter großen Ausgaben einen Hafen zu bauen. Wir werden den Bau von Schnellbahnen über die Spree zur Verbindung von Nord und Süd unſerer Stadt her⸗ ſtellen müſſen und zur Verbindung nach Berlin im Oſten und nach Spandau im Weſten — nach Spandau, einer Stadt, die ſich immer glücklicher in den nächſten Jahren entwickeln und immer näher an unſer Gebiet heranrücken wird, und mit der wir gemeinſame Arbeiten in Fülle nach meiner Ueberzeugung in Zukunft zu erledigen haben werden. 1 Sie ſehen, meine verehrten Herren, ſchwierige Arbeit ſte ht uns in den näch ſten Jahren bevor. Aber unverzagt und freudig treten wir an ſie heran. Laſſen Sie, meine ſehr geehrten Herren Stadtverordneten, uns mit dem demgegen⸗ ſeitigen Vertrauen, in dem wir, Magiſtrat und Stadtverordnete, nun ſchon ſo lange Jahre miteinander arbeiten, laſſen Sie uns mit dieſem Vertauen auch in Zukunft weiter arbeiten! Dann dürfen wir hoffen, daß die ſchwierigen Aufgaben, die Gott auf unſere Schultern legt, auch in Zukunft gelöſt werden mit Erfolg und nutz bringend, zum Wohle unſerer Stadt und damit zum Wohle unſeres Vaterlandes, von dem wir ein Teil ſind. In gegenſeitigem Vertrauen alſo mutig vorwärts in die vor uns liegende Arbeitl Ein gemeinſchaftliches Eſſen, an dem auch der Herr Regierungspräſident teilnahm, vereinte ſodann die Mitglieder der ſtädtiſchen Körperſchaften in den Feſtſälen des Rathauſes. Der wiedergewählte Stadtſchulrat Dr. Neufert wurde in der Stadtverordnetenſitzung am 29. März 1911 in ſein Amt eingeführt. Den feierlichen Akt vollzog Oberbürgermeiſter Schuſtehrus mit folgenden Worten: Mein hochverehrter Herr Schulrat! Nach Beendigung Ihrer erſten 12jährigen Amtsperiode ſind Sie von der Stadtverordnetenverſammlung in ehrender Weife auf die gleiche Dauer von Jahren wiedergewählt worden, und Ihre Wahl iſt durch den Herrn Regierungspräſidenten beſtätigt worden. Heute gilt es, Sie nach den geſetzlichen Beſtimmungen in Ihr Amt für die neue Periode wieder einzuführen. Als Sie vor 12 Jahren das damals neu errichtete Amt eines Stadtſchulrats der Stadt Char⸗ lottenburg antraten, fanden Sie ein wohlgeordnetes, geſundes Schulweſen in unſerer Stadt vor. Auf dieſer geſunden und feſten Grundlage haben Sie weiter gebaut. Durch Ihre nimmermüde, nie ermat⸗ tende, Ihre eigene Geſundheit nie ſchonende, weitausſchauende, ſachverſtändige, ja, ich möchte ſagen: begeiſterte Arbeit haben Sie das Schulweſen der Stadt Charlottenburg einer außerordentlichen Höhe zugeführt, die entſprechend iſt dem außerordentlichen Aufſchwunge, den unſere Stadt auf manchen anderen Gebieten in den letzten 12 Jahren, Ihrer Amtsperiode, genommen hat. Wenn heute Fachleute und Nichtfachleute von dem Charlottenburger Schulweſen mit Lob und Anerkennung ſprechen, wenn dieſes unſer Schulweſen als ein in vielen Beziehungen vorbildliches bezeichnet wird und wenn es tatſächlich auch Nachahmung findet, ſo iſt das, mein hochverehrter Herr Schulrat, zum Größten Teil Ihr eigen⸗ ſtes Werk. Mit Stolz und Genugtuung können Sie zurückblicken auf die letzten 12 Jahre Ihres Lebens und auf die in ihnen geleiſtete Arbeit. Ihnen im Namen der Stadt Charlottenburg für dieſe ſegens⸗ reiche Arbeit den herzlichſten und aufrichtigſten Dank der Stadt an dieſer Stelle am heutigen Tage und in dieſer Stunde öffentlich ausſprechen zu können, iſt mir eine hohe, tief empfundene Freude. Möge es Ihnen, mein hochverehrter Herr Kollege, vergönnt ſein, auch in den nächſten 12 Jahren Ihrer Amtstätigkeit eine Arbeit mit ſo reichen Erfolgen zu leiſten, wie Sie bisher geleiſtet haben. Denn Ihr Werk iſt noch nicht vollendet. Ich weiß es, wie unabläſſig Ihre Gedanken daran arbeiten, unſer Schulweſen dem hohen Ziele zuzuführen, das Ihnen vorſchwebt. Möchte es Ihnen gelingen! Möchte Gott Ihnen dazu die ſtarke und feſte Geſundheit geben, die Ihr ſchweres Amt und Ihre kampfvolle Arbeit verlangen! Möge Ihre Arbeit wie bisher auch ferner ein Segen ſein für unſere Eharlottenburger Bürgerſchaft und für die vielen, vielen Tauſende von jungen Menſchenſeelen, denen das Beſte, was wir haben und erreichen können, zu geben gerade gut genug iſt.