— 247 — 2 Die Wohnungsinhaber ſind verpflichtet, den Polizeibeamten, ſowie ſonſtigen von der Polizei⸗ behörde mit der Ueberwachung beauftragten Perſonen, zu denen auch die mit einer polizeilichen Aus⸗ weiskarte verſehenen Beamten des ſtädtiſchen Wohnungsamts gehören, den Zutritt zu den Schlaf⸗ räumen zu geſtatten und ihnen über die Wohnung und ihre Bewohner wahrheitsgemäß jede Auskunft zu erteilen, die zur Durchführung dieſer Verordnung erforderlich iſt. § 5. Niemand darf ohne beſondere Erlaubnis der Polizei Schlafgänger verſchiedenen Geſchlechts gleichzeitig aufnehmen, außer wenn ſie zueinander im Verhältnis von Eheleuten, von Eltern und Kindern oder von Geſchwiſtern ſtehen. § 6. Sollten Schlafgänger in einer Wohnung Aufnahme finden, ſo müſſen die über 12 Jahre alten ledigen Haushaltungsmitglieder verſchiedenen Geſchlechts räumlich getrennt ſchlafen. Auch dürfen über 12 Jahre alte Perſonen nicht mit Kindern unter 12 Jahren in einem Raume ſchlafen, außer wenn es ſich um Geſchwiſter gleichen Geſchlechts, Eltern oder mit der Wartung oder Beaufſichtigung der Kinder betraute Perſonen (zu denen auch ältere Geſchwiſter gerechnet werden können) handelt. Dieſe Beſtim⸗ mungen gelten ſowohl für den Vermieter und ſeine Angehörigen, wie auch für die Schlafgänger, und zwar mit der weiteren Einſchränkung, daß Schlafgänger und Familienangehörige des Vermieters in getrennten Räumen ſchlafen müſſen. Ausnahmen von dieſer letzten Vorſchrift ſind nur mit Genehmi⸗ gung der Polizei zuläſſig. 2 § 7. Eine Wohnung iſt nur dann für die Vermietung an Schlafgänger geeignet, wenn die Be⸗ nutzung ihrer Schlafräume — und zwar ſowohl der für den Vermieter und ſeine Angehörigen als auch der für die Schlafgänger beſtimmten — nach den folgenden Vorſchriften möglich iſt. 1. Die Schlafräume müſſen ſo groß ſein, daß für jede über 10 Jahre alte Perſon, min⸗ deſtens 11,2 chm Luftraum und 4 qm Bodenfläche, für jede Perſon unter 10 Jahre ein Raum und eine Fläche von mindeſtens die Hälfte dieſer Maße vorhanden iſt. Bei Schlaf⸗ räumen, die gleichzeitig zu gewerblicher Benutzung dienen, wird dieſer Mindeſtluftraum um 5 ehm für jede in dieſen Räumen gewerblich tätige Perſon erhöht. 2. Für jede über 12 Jahre alte Perſon muß ein Bett zur Verfügung ſtehen. 3. Die den Schlafgängern überwieſenen Räume müſſen ebenſo wie die des Vermieters von innen verſchließbar ſein, die Schlafräume des Vermieters einerſeits und die der Schlaf⸗ gänger anderſeits müſſen vom Eingang der Wohnung aus erreichbar ſein ohne daß die eine Partei die Schlafräume der anderen zu betreten braucht. Ausnahmen hiervon be⸗ dürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Polizei. 4. Schlafräume dürfen mit Aborten nur dann in unmittelbarer Verbindung ſtehen, wenn dieſe Verbindung nicht zu geſundheit lichen Bedenken Anlaß bietet. Räume, die zwar an ſich zum dauernden Aufenthalt von Menſchen beſtimmt ſind, in denen aber für den Handel und Verkehr beſtimmte Nahrungs⸗ und Genußmittel oder übelriechende oder auf die Geſundheit ſchädlich einwirkende Gegenſtände hergeſtellt oder aufbewahrt werden, dürfen nicht als Schlafräume benutzt werden. 8 § 8. Die Vermieter von Schlafſtellen haben folgende Vorſchriften zu beachten. 1. Für jeden Schlafgänger muß eine beſondere Lagerſtätte mit Bettſtelle vorhanden ſein. Die Lagerſtätte muß mindeſtens mit Strohſack, Strohkopfkiſſen und wollener Decke aus⸗ geſtattet ſein. 2 2. Die den Schlafgängern zugewieſenen Räume müſſen ſauber gehalten und gut gelüftet werden. Die Betten und ſonſtigen Ausſtattungsgegenſtände in den Räumen der Schlaf⸗ gänger ſind reinlich zu halten und bei Bedarf zu erneuern. § 9. Mit Geldſtrafe bis zu 30 ℳ oder im Nichtbeitreibungsfalle mit entſprechender Haft wird beftraft: wer den Beſtimmungen dieſer Polizeiverordnung zuwider handelt oder den ihren Beſtimmungen gemäß ergehenden polizeilichen Anordnungen und Aufforderungen zu folgen unterläßt. § 10. Dieſe Polizeiverordnung tritt am 1. März 1911 in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkt wird die denſelben Gegenſtand betreffende Polizeiverordnung vom 12. April 1893 aufgehoben. 2 Auf die am Tage des Inkrafttretens dieſer Verordnung bereits vorhundenen Schlafſtellen finden die Vorſchriften dieſer Verordnung ſogleich Anwendung, der § 1 jedoch mit der Maßgabe, daß die darin vorgeſchriebenen Anzeigen hinſichtlich der vorhandenen Schlafſtellen erſt im Laufe des erſten Vierteljahres nach dem Inkrafttreten dieſer Verordnung, die bis zum 3. Mai 1911 einſchließlich, erſtattet zu werden brauchen. Charlottenburg, den 1. Februar 1911. 2 Der Polizei⸗Präſident. von Hertzberg. Anzeige über die beabſichtigte Aufnahme von Schlafgängern. D. .. Unterzeichnete beabfichtigt. in ſeiner — ihrer — Wohnungg Straße tr. gebäude . Treppen . Schlafleute männlichen — weiblichen — E Muſter A. ——— ben und . . . Mädchen unter 10 Jahren, . . Knaben und .. Mädchen von 10 bis 12 Jahren, außerdem aus . . männlichen und . . weiblichen Perſonen. Folgende Räume ſollen zum Schlafen dienen. (hier folgt eine kurze Beſchreibung dieſer Räume nach Lage und Art.) 4