— 201. — baren Unterſtützungen mit rund 65 000 ℳ, für die Unterbringung in den verſchiedenſten Heilanſtalten mit rund 21 000 ℳ, die Unterbringung von Geiſtestranten und Siechen mit rund 17 000 ℳ, erhöhte Ausgaben des ſtädtiſchen Bürgerhauſes mit rund 15 000 ℳ, und Ausgaben für Pflegetinder mit rund 11 000 ℳ; die weitere Mehrausgabe entfällt auf dic verſchiedenſten Anſätze. Den Ausgaben ſtehen im Jahre 1911 nicht weniger als 456 467 ℳ an Rückerſtatt un⸗ gen und Wiedereinziehungen auf Armenkoſten gegenüber, ſo daß rund 19,8 vom Hundert der Ausgaben durch Rückerſtattungen gedeckt worden ſind. So bedauerlich die Erhöhung des auf den Kopf der Einwohnerzahl entfallenden Durch⸗ ſchnittsſatzes um weitere 0,42 ℳ iſt, ſo wird doch von einer Herabminderung ſolange nicht die Rede ſein tönnen, als die gegenwärtig beſtehenden außerordentlich hohen Pre iſe nahezu aller Lebens⸗ bedürfniſſe, die bei den Lebensmitteln noch immer in einer Steigerung begriffen ſind, und ins⸗ beſondere die hohen Mietspreiſe nicht herabgehen, was leider für abſehbare Zeit nicht erwartet werden kann. Die Armenverwaltung iſt unmittelbar und mittelbar durch die Teuerungsverhältniſſe zu höheren Aufwendungen genötigt, ohne daß doch die Armen irgend etwas mehr gegen früher erhalten. Auch die Berichte der Stadtärzte betonen ausdrücklich, daß die infolge der Miß⸗ ernte eingetretene Preisſteigerung für Gemüſe und Kartoffeln bei ſchon Verarmten die beſtehende Blutarmut und Unterernährung ſo ſteigerte, daß häufiger ärztliche Hilfe beanſprucht wurde, und ſolche Familien, die ſonſt auf die Hilfe der Armenverwalt ung verzichtet hätten, nötigte, die Hilfe der Stadt⸗ arzte aufzuſuchen. Auch die Arbeitsverhältniſſe im abgelaufenen Jahre fönnen mindeſtens nicht als günſtig be⸗ zeichnet werden, wenn auch nur verhältnismäßig wenige Fälle von Unterſtützungen (9 Fälle laufender und 486 Fälle von Sonderunterſtützungen) als ausdr ücklich wegen Arbeitsloſigkeit gewährt gezählt worden ſind. Die Mehrausgaben für Geiſteskranke erklären ſich zu einem Teil daraus „daß die von der Provinz feſt⸗ geſetzten Pflegeſätze nicht unerheblich erhöht worden und. Bezüglich der Koſten für die Verpflegung in den ſtädtiſchen Krankenanſtalten aber darf noch daraif hingewieſen werden, daß die Krantenhäuſer über⸗ haupt ſtärker belegt geweſen ſind, und daher naturgemäß auch die Zahl der auf Armentoſten Verpflegten wachſen mußte, daß aber ferner in dieſem Jahre aus Zweckmäßigteitsgründen die Liſten, in die die nicht einziehbaren, aber auch ſchon die bis dahin noch nicht eingezogenen Kurkoſten als Armenkoſten eingetragen werden, einen Monat früher abgeſchloſſen worden ſind als ſonſt. Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe erklären es, daß im Fahre 1911 die Zahl der Unterſtützungs⸗ geſuche wieder, von 14593 auf 16 152, geſtiegen iſt. Wenn auch von ihnen nicht weniger als 1637, alſo mehr als ein Zehntel, als nicht begründet abgelehnt worden ſind, ergab ſich aus der erhöhten Zahl doch die Notwendigteit erhöhter Aufwendungen auf allen Gebieten, die allerdings zum Teil ſchon durch die Vermehrung der Bevölterung um etwa 16 000 bedingt ſind. Dieſe Tatſachen haben auch den Prozentſatz der von der Bevölkerung in irgend einer Form unterſtützten Perſonen von 3,32 im Vor⸗ jahre wieder auf 3,44 anwachſen laſſen, der allerdings hinter der Zahl des Jahres 1908 mit 3,75 noch erheblich zurückbleibt. Immerhin haben in dieſem Jahre 10 700 Perſonen oder Familien gegen nur 9792 im vorigen Jahre in irgend einer Form Unterſtutzungen aus Mitteln der Armenverwaltung er⸗ halten. Unter ihnen befinden ſich freilich 2039, die lediglich dadurch unterſtützt worden ſind, daß die Koſten ihrer Verpflegung in den ſtädtiſchen Kran tenhäuſern mangels anderer Zahlungspflichtiger oder Zahlungsfähiger auf den Armenetat übernommen werden mußten. Von den Unterſtützten ſtanden dem Alter nach 2304 Perſonen im Alter von über 60, 1033 Perſonen im Alter von über 70 Jahren. Nach der Konfeſſ ion waren 8883 evangeliſch, 1609 katho⸗ liſch, 97 moſaiſch, 17 Diſſidenten, während bei 94 eine Angabe darüber fehlt. Der Zeitpunkt des Zu⸗ zugs nach Charlottenburg hat ſich nicht immer mit Sicherheit feſtſtellen laſſen. Bei 1811 Perſonen war eine Angabe darüber nicht zu erlangen. Soweit Angaben in den ſtatiſtiſchen Zählkarten über die unterſtützten Perſonen enthalten ſind, waren nur 3225 der Unterſtützten erſt nach dem Jahre 1906 in Charlottenburg zugezogen, während bei 1699 als Tag des Zuzugs die Jahre 1900—1905, bei 2172 die Jahre 1890—1899, bei 812 die Jahre 1880—1889 und bei 415 die Jahre 1870—1879 als Zeit⸗ puntt ihres Zuzugs in Charlottenburg angegeben ſind. 415 unterſtützte Perſonen wohnen ſeit Geburt in Eharlottenburg. Dieſe Zahlen erhalten ihre volle Bedeutung erſt, wenn man erwägt, daß Char⸗ lottenburg im Jahre 1889 erſt 62 000 Einwohner und auch im Jahre 1899 erſt 177 600Einwohner zählte. Wird auch den Angaben nicht immer völliger Glaube zu ſchenten ſein, ſo ergeben ſie jedenfalls doch das eine, daß die früher hin und wieder aufgetauchte Annahme, die höheren Unterſtützungen in Charlotten⸗ burg brächten viele Leute dazu, hierher zu ziehen, lediglich um hier mehr und leichter als anderwärt⸗ unterſtützt zu werden, ſicher nicht zutrifft. Im übrigen iſt ſchon bei der Höhe der hieſigen Mieten, auf die unten näher einzugehen ſein wird, ſchwerlich anzunehmen, daß jemand nach Charlottenburg ziehen und hier dauernd eine weſentlich höhere monatliche Miete zahlen ſollte als irgendwo anders, bloß um vielleicht eine kleine Erhöhung oder erleichterte Gewährung der Unterſtützung zu erreichen. Nach dem Unterſtützungswohnſitz waren 7669 Perſonen, d. h. 71,67 vom Hundert, in Charlottenburg ortsangehörig, während 1053 ihren Unterſtützungswohnſitz anderwärts und 439 Un⸗ terſtützte keinen Unterſtützungswohnſitz erworben hat ten und daher landarm waren. Bei den Pflege⸗ kindern, deren Zahl von 1519 im vorigen Jahre auf 1614 angewachſen iſt, waren 63,38 gegen 62,08 vom Hundert im Vorjahre in Charlottenburg ortsa ngehörig. Unter den Unterſtützten überwiegt auch in dieſem Jahre das weibliche Element gegen⸗ über dem männlichen. 1123 männlichen Unterſtützten mit und ohne Angehörige ſtehen 3954 Ehepaare und 5623 weibliche Perſonen mit und ohne Angehörige gegenüber. Eheverlaſſene Frauen ſind im Laufe des Jahres in irgend einer Form im ganzen 400 unterſtützt worden. Von den bisher gegebenen Strafbeſtimmungen iſt gegen die Ehemänner in zahlreichen Fällen und nicht ohne Erfolg Gebrauch ge⸗ macht worden. Das am 1. Oktober 1912 in Kraft tretende neue Geſetz, das die Anwendung des Arbeits⸗ zwanges in dieſen Fällen ermöglicht, wird vielleicht eine weitere Beſſerung zur Folge haben. Bei den laufend gewährten Unterſtützungen überwiegen die weiblichen Unterſtützten noch mehr als bei den Unterſtützungen im allgemeinen: 302 männlichen Perſonen ſtehen hier 859 Ehepaare und nicht weniger als 3166 weibliche Perſonen mit Angehörigen oder ohne ſolche gegenüber. Bei den Urſachen der Unterſtützung überwiegen auch in dieſem Jahre Krank⸗ heit und Tod des Ernährers allein oder in Verbindung mit anderen Urſachen. Bei 4914 laufend gewährten Unterſtützungen lagen ſie in nicht weniger als 39068 Fällen vor, und auch bei den in 37 333 Fällen gewährten Sonderunterſtützungen entfallen auf dieſe Urſachen nicht weniger als 25 962. Wie in den früheren Jahren entfällt auch diesmal ein ſehr erheblicher Betrag der Geſamt⸗ aufwendungen, nahezu ein Drittel, mit 778 000 ℳ auf bare Unterſtützungen aus Armen⸗ mit teln. Aus Stiftungsmitteln ſind im abgelaufenen Jahre durch die Armenverwaltung 26