— 239 — XIy. Die öffentliche Geſundheitspflege. 1. Die ſtädtiſche Krankenpflege. Allgemeines. Die ſtete Zunahme der Patienten 1. und II. Klaſſe in dem Krankenhaus Weſtend, die bisher in die allgemeinen Krankenabteilungen aufge⸗ nommen und in den dort vorhandenen kleineren Zimmern untergebracht werden mußten, hat zu großen Schwierigkeiten und erheblichen Mißſtänden geführt. Es iſt deshalb der ur⸗ ſprüngliche Plan, für dieſes Krankenhaus auf dem öſtlichen, von der Spandauerberg⸗Straße und dem Neuen Fürſtenbrunner Wege begrenzten Geländeteil ein beſonderes Klaſſen⸗ patientenhaus zu erbauen, wieder aufgenommen worden. Nach langwierigen gründ⸗ lichen Beratungen wurde durch Gemeindebeſchluß vom 17. Mai/15. November 1911 dem vorgelegten Vorentwurf für einen ſolchen Pavillon, deſſen Koſten überſchläglich auf 540 000 ℳ berechnet ſind, unter Vorbehalt der Vorlage eines ſpeziellen Bauentwurfs die Zuſtimmung erteilt. Da die Stadtgemeinde mit dem Neubau nicht in Wettbewerb mit den in Groß⸗Berlin zahlreich vorhandenen Privatſanatorien treten, ſondern lediglich eine aus⸗ reichende Fürſorge für die Krankenhausbedürfniſſe des Mittelſtandes treffen will, ſo ſind in dem Pavillon nur Zimmer für Patienten II. Klaſſe — im ganzen 50 Plätze — vorgeſehen worden. Im Zuſammenhang mit dem Bauplan ſind gleichzeitig auch die Aufnahmebe⸗ dingungen für die Klaſſenpatienten der ſtädtiſchen Krankenhäuſer ſowie die Frage der Hono⸗ rarzahlung dieſer Patienten für die ärztliche Behandlung erneut erörtert und durch den vorgedachten Gemeindebeſchluß in folgender Weiſe geregelt worden: 1. Nach Fertigſtellung des Pavillons für Kranke II. Klaſſe auf dem Gelände des Kranken⸗ hauſes Weſtend werden von den in dieſes Haus aufgenommenen Kranken und deren Begleit⸗ perſonen folgende Kurkoſtenſätze erhoben. 2) Einheimiſche (Erwachſene und Kinder) 9 ℳ für den Tag, b) Auswärtige (Erwachſene und Kinder) 14 ℳ für den Tag, c) Begleitperſonen (Erwachſene und Kinder), deren Zulaſſung nur in dringlichen Fällen und, der der Platz nicht von Kranken in Anſpruch genommen wird, geſtattet iſt, 7,50 ℳʒ für en Tag. In dieſen Sätzen ſind alle Nebenkoſten auch das Honorar der leitenden Aerzte, ein⸗ geſchloſſen. Eine Ermäßigung des Kurkoſtenſatzes für Einheimiſche auf 7,50 ℳ für den Tag triti ein, wenn der Patient nachweiſt, mit einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 4500 zur Einkommenſteuer veranlagt zu ſein. Die Feſtſetzung dieſer Kurkoſtenſätze erfolgt zunächſt nur für einen Zeitraum von 2 Jahren, gerechnet von dem Tage der Eröffnung des Pavillons ab. II. Für die Zwiſchenzeit bis zur Eröffnung des neuen Pavillons und zwar vom 1. Januar 1912 ab wird von den Kranken der 11. Klaſſe in den ſtädtiſchen Krantenhäuſern (Weſtend und Kirchſtraße) ein Kurkoſtenſatz von 7,50 für den Tag für Einheimiſche, und von 10,50 für Auswärtige erhoben. Nach Fertigſtellung des Krankenhauſes für Geburtshilfe iſt eine neue Vorlage wegen Feſtſetzung der Kurkoſtenſätze für das Krankenhaus Kirchſtraße zu machen. III. Den leitenden Aersten der ſtädtiſchen Krankenhäuſer wird mit Wirkung vom 1. Januar 1912 ab für die ärztliche Behandlung der Klaſſenpatienten ein beſonderes Honorar gewährt und zu dieſem Zwecke von den für dieſe Patienten eingezahlten Kurkoſtenſätze ein Betrag von 1,50 ℳ für den Kopf und Tag angewieſen und zu einem Fonds angeſammelt. IV. Den Oberärzten im Krankenhauſe Weſtend wird vom 1. Januar 1912 ab für die Behandlung der Klaſſenpatienten neben ihren bisherigen Gebührniſſen ein jährlicher ruhegehaltsfähiger Zuſchuß von je 1000 ℳ gewährt. — Für den ſchon im Bericht für 1909 erwähnten Bau eines beſonderen Kranken⸗ hauſes für Geburtshilfe, Sophie⸗Charlotten⸗Straße 116, ſind die Bauentwürfe des 1. Bauabſchnitts — zwei Krankenpavillons nebſt Entbindungsgebäuden durch Gemeinde⸗ beſchluß vom 18. Mai/24. Mai 1911 genehmigt und die Baukoſten für dieſen Teil mit 820 000 ℳ ſowie die geſamten Grundſtückskoſten mit 740 745 ℳ bewilligt worden. Mit der Ausführung der Bauten iſt ſofort begonnen worden, auch ſoll die Projektierung und In⸗ angriffnahme der für die Anlage noch notwendigen Verwaltungs⸗ und Wirtſchaftsgebäude mit größter Beſchleunigung betrieben werden. Krankenhaus Weſtend. Obwohl in Ausſicht ſteht, daß die im Bau befindlichen beiden Häuſer für Leichtkranke und Geneſende mit zuſammen 120 Krankenbetten am 1. Oktober 1912 in Benutzung genommen werden können, hat der ſtete Platzmangel, der be⸗ ſonders empfindlich wurde, als im Oktober 1911 eine heftige Scharlach⸗ und Diphtherie⸗ Epidemie einſetzte, im Berichtsjahre erſt noch ſofortige beſondere Maßnahmen notwendig ge⸗ macht. Dem Bedürfniſſe entſprechend, ſind nämlich in den vorhandenen Krankenräumen durch Einſchieben neuer Betten die verfügbaren Plätze nach und nach von 662 auf 820 ver⸗