— 248 — Stillunterſtützungen haben 2289 Mütter mit einem durchſchnittlichen Koſtenbetrage von 13,73 %ℳ erhalten. Die Bewilligung von Stillbeihilfen für die Zeit des Wochenbettes wurde, ſofern die Prüfung durch die Schweſter erfolgt und die Frage der Bedürftigkeit unterſucht iſt, für zu⸗ läſſig erachtet, falls nicht vom Hauspflegeverein oder vom Eliſcbeth⸗Frauen⸗Verein Wochen⸗ ſuppen gewährt werden. Es iſt ferner geſtattet worden, den Angehörigen von aktiven Militär⸗ perſonen Stillbeihilfen zu bewilligen. Am Schluß des Berichtsjahres 1910 waren d re i weſentliche Neuerungen beſchloſſen worden: der Erſatz der paſteuriſierten Milch durch die Verabreichung roher, von den hieſigen Molkereibeſitzern bezogener und ihrer Gewinnung nach tierärztlich über⸗ wachter Milſch, die Angliederung einer Säu glingskrippe an die Fürſorgeſtelle IVv in der Nehringſtraße, und die Ausdehnung der Säuglingsfürſorge cuf das vorſchulpflichtige Alter von 1—6 Jahren. Die Organiſation der letzten zwei neuen Einrichtungen iſt in dem Berichte des Vorjahres ausführlich dargeſtellt worden. Die Ergebniſſe des erſten Beobachtungsjahres ſind die folgenden. Der Übergang von der paſteuriſierten Milch zur Verabreichung roher Mil ch für die künſtliche Ernährung der Säuglinge wurde von der Deputation für Geſundheits⸗ pflege nach langen Beratungen, Anfragen und Beſichtigungen auf Grund der günſtigen Er⸗ fahrungen anderer Städte wegen der durch die lange Lagerzeit der paſteuriſierten Milch entſtehenden Nachteile beſchloſſen und zur Vermeidung von Mißſtänden während der Sommerhitze erſt zum 1. Oktober 1911 vollzogen. Die Lieferung wurde dem Verein Char⸗ lottenburger Molkereibeſitzer zum Preiſe von 32 Pf. für den Liter übertragen. Über die Gewinnung und Lieferung der Milch ſind zwiſchen der Stadt und den Molkereibeſitzern Ver⸗ träge abgeſchloſſen worden. Seit dem 1. April 1912 wird auch die zur Herſtellung trink⸗ fertiger Portionen erforderliche Milch nicht mehr von der Firma Hellersdorf in Berlin, ſonden von den hieſigen Molkereibeſitzern zu dem bisherigen Preiſe von 30 Pf. für den Liter bezogen. Die Uberwachung in den Kuhſtällen wird unter Aufſicht des Leiters des Fleiſch⸗ ſchauamts von dem Tierarzt Dr Windrath gegen eine von der Stadt zahlbare Jahresent⸗ ſchädigung von 600 ℳ ausgeübt. Die laufende Unterſuchung der Milch liegt wie bisher in den Händen des ſtädtiſchen Unterſuchunasamtes für anſteckende Krankheiten und des Ober⸗ apothekers im Krankenhauſe Weſtend. Dieſer Ubergang von der paſteuriſterten zur rohen Milch vollzog ſich ohne Schwierigkeiten und hat für die Ernährung der Säuglinge bisher keinen Anlaß zu irgend welchen Bedenken gegeben. Die der Fürſorgeſtelle Iv, Nehringſtraße 11, für zehn Kinder angegliederte S ä u g⸗ lingskrippe wurde am 20. Mai 1911 eröffnet; ſie war von vornherein voll belegt. Da in dem Bezirke dieſer Fürſorgeſtelle dem Bedürfniſſe mit dieſen 10 Betten nicht entſprochen werden konnte, wurde die Krippe am 1. April 1912 auf 15 Betten erweitert. Das Ziel, möglichſt Säuglinge von ſolchen ledigen Müttern aufzunehmen, die tags⸗ über auf Arbeit gehen und ihr Kind ſelbſt ſtillen, iſt bisher nicht erreicht worden, es haben vielmehr auch Flaſchenkinder und einige Kinder von verheirateten Müttern aufgenommen werden müſſen. Auf Antrag des Eliſabeth⸗Frauen⸗Vereins wurde genehmigt, daß die Verabreichung einer Beikoſt auf ſtädtiſche Koſten an die in der Krippe vorhandenen Säuglinge ausnahms⸗ weiſe und auf jeweilige ärztliche Verordnung hin erfolgen darf. Schon die Erfahrungen des erſten Jahres lehrten, daß dieſe neue Form der Krippe ſich bewährt hat und eine Lücke in der Säuglings⸗ und Mütterfürſorge auszufüllen geeignet iſt, da ſie ledigen und eheverlaſſenen, wie überhaupt arbeitenden Müttern das Zuſammen⸗ bleiben mit ihrem Säuglinge geſtattet. Leider hat bisher die Ausdehnung der Einrichtung in dem an ſich ſchon an Krippen armen raſch gewachſenen Charlottenburg, in dem ſich zu⸗ 908 die Einrichtung von Fabrikſtillſtuben nicht durchführen läßt, noch nicht ermöglicht werden önnen. 24 Die dritte und wichtigſte Einrichtung des Vorjahres, die A u s d ehnung der Fürſorge auf die Kleinkinder, die auf eine Anregung von Tugendreich von Stadtrat Samter zu Ende 1910 organiſiert wurde, hat ſich im Berichtsjchre 1911 glän⸗ zend bewährt. Wie der Bericht und die Tabellen beweiſen, hat ſie ſofort bei der Be⸗ völkerung und nicht bloß bei den durch die Generalvormundſchaft und die ſtädtiſche Waiſen⸗ verwaltung überwieſenen und den Muüttern der ſchon in Säuglingsfürſorge gewieſenen Kinder Anklang gefunden. Iſt es auch gegenwärtig nicht möglich, zahlenmäßige Unterlagen für den Nutzen dieſer Einrichtung zu geben, ſo lehrt doch der Beſuch der Sprechſtunden, daß in zahl⸗ reichen Fällen die Rachitis rechtzeitig beraten wurde, Krankheiten der Sinnesorgane, be⸗ ſonders von Auge und Ohr, frühzeitig erkannt und behandelt werden, Überweiſungen in Er⸗ holungsſtätten bei Erkrankungen des Lymphapparates und bei Skrofuloſe in einem früheren Stadium veranlaßt werden. Die Einrichtung, weiter gepflegt, verſpricht die häufigen Fälle von Schulkindererkrenkungen der Sinnesorgane, der Wirbelſäule, der Drüſen, die der Schule 1 5 im 7 14. wenig mehr zu ändernden Stadium zugehen, herabzuſetzen. Über le, Inanſpruchnahme dieſer Fürſorgeſprechſtunden, die in den Räumen der Säuglingsfürſorge⸗ ſtellen zu beſtimmten Tagen von deren Arzten und Schweſtern abgehalten werden, geben die folgenden, wegen der Wichtigkeit der Frage ſchan im Tert abgedruckten Tabellen Aufſchluß: