— 270 — Der Beſchluß zu 2 ſollte auch für Charlottenburg die Errichtung einer Halle der Geſellſchaft für Kaffee⸗ und Speiſehallen ermöglichen. Dieſe Hallen haben ſich in Berlin ſeit langen Jahren außerordentlich bewährt, weil ſie infolge ihrer zweckmäßigen Organiſation beim Einkauf der Nahrungsmittel und bei der Zubereitung, Zuſammenſetzung und Abgabe der hergeſtellten Speiſen für niedrige Preiſe reichliche und wohlſchmeckende Gerichte aller Art in kalter und warmer Form mittags und abends abgeben. Die Geſellſchaft iſt auf der wirtſchaftlichen Grundlage aufgebaut, daß ſie ſich ſelbſt erhält und noch das für den Betrieb in Anteilen zur Verfügung geſtellte Anlage⸗ kapital verzinſt. Schon jetzt werden im geringen Umfange auch Speiſen nach außen abgegeben. Die Deputation, welche die Anlage und den Betrieb einer Halle in Berlin eingehend beſichtigte, war der Anſicht, daß, wenn eine Zweigſtelle dieſer Geſellſchaft in Charlottenburg in den Dienſt der Bekämpfung von Teuerungszuſtänden treten ſolle, der Schwerpunkt des Betriebes aus den oben genannten Gründen auf die Abgabe der Speiſen nach außer gelegt werden müſſe. Der Hauptbeſtandteil der Zweigſtelle ſollte alſo die Zentralküche ſein, welche jenen Arbeiter amilien, die aus wirtſchaftlichen und anderen Gründen bei Einzeleinkauf und Einzelherſtellung ihrer Mahlzeit in den Teuerungszeiten dauernd ſchlecht verſorgt ſind oder nur abends kochen können, eine preiswerte, wohlſchmeckende und vollwertige Mahlzeit fertig hergeſtellt mittags und abends bietet. Natürlich ſollten, aber in kleinerem Umfange als bis⸗ her, dieſer Küche Räume, nach Geſchlechtern getrennt, zur ſofortigen Verzehrung der Speiſen an Ort und Stelle angegliedert ſein und zwar, ebenſo wie in Berlin. ohne Zwang zum Genuß alkoholiſcher Getränke, von denen überhaupt nur leichte Biere neben Milch, Kaffee, Kakao uſw. vorrätig gehalten werden. 2 Der Vorſtand der Geſellſchaft war durchaus bereit, unſere Vorſchläge anzunehmen und zwar unter ſtrenger Feſthaltung des Grundſatzes der ſelbſtändigen Erhaltung der Speiſe⸗ hallen. Da ſich aber erſt nach Jahresfriſt überſehen laſſen konnte, ob die neue Form wirt⸗ ſchafrlich iſt und namentlich die Beſchaffung von Geſchirr zur Abgabe der Speiſen nach außen größere einmalige Ausgaben beanſpruchte, ſo bedurfte es zur Erfüllung der Bedingungen der Geſellſchaft der Uebernahme einer einjährigen Garantie der Stadt bis zur Höhe von 5000 ℳ. Die Halle wurde am 14. April 1912 im Hauſe Grünſtraße 16 eröffnet: ſie erfreut ſich eines außerordentlich guten, ſtets ſteigenden Beſuchs, ſo daß vorausſichtlich die Garantie der Stadt überhaupt nicht in Anſpruch genommen werden wird. Am 28. April fand die Eröffnungs⸗ feier der Halle ſtatt, an der ſich die Maaiſtratsmitglieder, Stadtverordneten und die ſtädtiſchen Ehrenbeamten, ſowie die Damen des Vereins „Jugendheim“ und der Volksküche beteiligten. Während die genannten beiden Beſchlüſſe als Einrichtungen zur Bekämpfung der Folgen einer länger dauernden Teuerungslage gedacht ſind, bezweckte der folgende Beſchluß, „der Abteilung Volksküchen des Vaterländiſchen Frauen⸗ vereins vom Roten Kreuz in Charlottenburg für den Betrieb der in der Neuen Chriſtſtraße 5 errichteten Zweiaſtelle eine Beihilfe von 1000 ℳ für ein Jahr zu bewilligen“, eine Maßnahme zur Linderung vorübergehender Mißſtände. Denn das⸗ jenige Mittel ſchien am zweckmäßigſten. welches ſeit geraumer Zeit bei allen Teuerungs⸗ notſtänden ſich bewährt hat: die Errichtung von Speiſeanſtalten, in denen gegen Zahlung eines geringen Betrages und bei unentgeltlicher Abgabe an Arme und Hungernde, ſchmackhafte und ernährende Speiſen, meiſt in Brei⸗ und Suppengeſtalt, zu oder unter dem Selbſtkoſtenpreiſe abgegeben werden. Die Abteilung des Vaterländiſchen Frauen⸗ vereins für Volksküchen hatte für ihre Volksküche im Cecilienhauſe ſchon im Oktober eine ſtarke Steigerung der Beſucher feſtgeſtellt und ungefähr gleichzeitig mit dem Beſchluß der Devutation deshalb die Errichtung einer Zweigſtelle in der Neuen Chriſtſtraße beſchloſſen, welche ihre Speiſen von der Zentralküche der Hauptſtelle erhält, im übrigen aber genau fo, wie die dortige Volksküche verwaltet wird und in einem Laden einfach und freundlich einae⸗ richtet worden iſt. Die Verwaltung der Volksküchen hat in der Hauptſtelle wie in der Zweig⸗ ſtelle die Abgabe von Speiſen nach außen, für die übrigens bisher ſchon ein gewiſſes Bedürfnis beſtand, im größeren Umfange durchgeführt und auch den Betrieb dahin zu erweitern aeſucht, daß ſür warmes Abendbrot geſorgt wird. Der Vorſtand der Volksküchen erklärte ſich ſchließ⸗ lich bereit, dieſe Anſtalten in bezug auf die zweckmäßige Beſchaffung der verwendeten Roh⸗ ſtoffe einer ſtändigen Beratuna und Kontrolle durch einen ſachverſtändigen Beauftragten des Magiſtrats zu unterwerfen. Die Höhe der Gegenleiſtung wurde auf Grund der vorgeleaten Berechnung auf 1000 %ℳ feſtgeſetzt und zwar nur auf ein Jahr, da es ſich um eine Not⸗ memen ſet“ handelt, deren Weiterbeſtehen einer beſonderen Beratung vorbehalten Hleiben ſoll. Wenn in Uebereinſtimmung mit der Devutation als vorübergehende Maßnahmen zur Bekämpfung eines eintretenden Teuerungsnotſtandes nur die Errichtung einer Zweigſtelle der Volksküche beſchloſſen iſt, ſo folgt daraus nicht, daß dies die einzige Maf nahme überhaupt, ſondern nur, daß es die einzige neu zu ſchaffende war. Im übrigen wurden für Notſtands⸗