— 10 — Wir ſtehen, meine Herren, mit dieſer unſerer Trauer nicht allein. Von allen Seiten, von den Reichs⸗ und Staatsbehörden ſind uns ſehr zahlreiche und ſehr warme Beileidskundgebungen zugegangen, die ich nicht alle verleſen kann, die ich aber hier auslege. Nur das Telegramm unſeres Königs möchte ich Ihnen zur Kenntnis bringen: Die Meldung von dem Hinſcheiden des Oberbürgermeiſters Schuſtehrus hat Mich mit herzlicher Teilnahme erfüllt, und ſpreche Ich Meiner getreuen Reſi⸗ denzſtadt Charlottenburg, die der unermüdlichen Tätigkeit ihres verewigten Ober⸗ hauptes außerordentliche Fortſchritte auf allen Gebieten der ſtädtiſchen Verwaltung zu verdanken hat, Mein wärmſtes Beileid aus. Die lautere Perſönlichkeit und die trefflichen Charaktereigenſchaften des Verſtorbenen haben ihn Mir beſonders ſympa⸗ thiſch gemacht, und werde Ich ſeiner hervorragenden Verdienſte ſtets gern gedenken. Wilhelm R.“ Welcher Wertſchätzung der Verſtorbene ſich erfreute, ließen die überaus zahlreichen attenn undgehungen von Behörden und Privatperſonen und die große Zahl der Kranzſpenden (rkennen. Der Reichskanzler ſprach ſein Beileid mit folgenden Worten aus: „Den ſtädtiſchen Körperſchaften der Stadt Charlottenburg ſpreche ich beim Hinſcheiden ihres hochverdienten Oberbürgermeiſters, der ihr mitten in ſeinem raſtloſen und erfolgreichen Schaffen für das Wohl des ihm anvertrauten großen und aufſtrebenden Gemeinweſens entriſſen wurde, mein aufrichtiges Beileid aus. Die mit vorbildlicher Pflichttreue und weitausſchauender Vorausficht gepaarte ſchöpferiſche Tatkraft des Heimgegangenen wird in der Entwicklungsgeſchichte der Stadt Charlottenburg unauslöſchliche Spuren hinterlaſſen. v. Bethmann Hollweg.“ Das Telegramm der Stadt Berlin hatte folgenden Wortlaut: „In aufrichtiger Betrübnis über die ſoeben empfangene Kunde vom Hinſcheiden Ihres bochverdienten lanajährigen Oberbürgermeiſters ſprechen wir den ſtädtiſchen Körperſchaften der Reſtdenzſtadt Charlottenburg unſere herzlichſte Anteilnahme aus. Wir empfinden mit Ihnen den großen Verluſt, den Sie durch die Abberufung des in unermüdlicher erfolgreicher Arbeit für ſeine Stadt treuſorgenden Oberhauptes erleiden. Magiſtrat und Stadtverordnete der Haupt⸗ und Reſidenzſtadt Berlin. Wermuth. Michelet.“ Die Trauerfeier fand am 2. März ſtatt. Am Vorabend der Feier wurde die Leiche nach dem Rathauſe übergeführt, wo ſie am Hauptportal vom Bürgermeiſter, dem Stadtverordneten⸗ vorſteher nud deſſen Stellvertreter empfangen und nach dem Feſtſaal geleitet wurde. Hier erfolgte die Aufbahrung in einem Hain von Palmen und Lorbeer. Der Feſtſaal und das Treppen⸗ haus hatten einen würdigen Trauerſchmuck erhalten. Zur Trauerfeier waren zahlreiche Ein⸗ ladungen ergangen. Seine Majeſtät der Kaiſer und Ihre Majeſtät die Kaiſerin hatten den Ober⸗ präſidenten Herrn von Conrad und den Kabinettsrat Herrn Freiherrn von Spitzemberg als Vertreter entſandt. Ferner waren erſchienen die Herren Miniſter des Innern und der Finanzen, der Herr Staatsſekretär des Reichsjuſtizamts, die Herren Präſidenten des Reichsmilitärgerichts und des Oberverwaltungsgerichts, der Herr Regierungspräſident ſowie Vertreter zahlreicher Reichs⸗, Staats⸗ und Kirchenbehörden, Mitglieder des Herrenhauſes, des Brandenburgiſchen Provinzial⸗ landtages, des Vorſtandes des Deutſchen, Preußiſchen und Brandenburgiſchen Städtetages, des Zweckverbandes Groß⸗Berlin und das geſamte Offizierkorps des Regiments Eliſabeth. Die Reichshauptſtadt, viele Städte und Landgemeinden Groß⸗Berlins, die Städte Thorn und Nord⸗ hauſen ſowie viele Städte der Provinz Brandenburg hatten Abordnungen entſandt. Außerdem beteiligten ſich die Berliner und Charlottenburger Studentenſchaft, die hieſigen Krieger⸗Vereine, Innungen und ſonſtige Vereine. Im übrigen nahmen außer den Mitgliedern der ſtädtiſchen Körperſchaften zahlreiche Vertreter der ſtädtiſchen Beamten⸗, Lehrer⸗ und Arbeiterſchaft und der ſtädtiſchen Ehrenbeamten teil. Eingeleitet wurde die Feier durch einen Geſang des Berliner Domchors. Sodann hielt Pfarrer Dr Luther die zu Herzen gehende Gedächtnisrede: „Gnade ſei mit uns und Friede von Gott unſerm Vater und unſerem Herrn Jeſus Chriſtus. Wir haben hier keine bleibende Statt, ſondern die zukünftige ſuchen wir. Meine Seele iſt ſtille zu Gott, der mir hilft. Selig iſt der Menſch, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt iſt, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. Sei getreu bis in den Tod, ſo will ich dir die Krone des Lebens geben, ſpricht der Herr. Amen. Hochanſehnliche Trauerverſammlung! Es iſt tiefes Leid, das durch unſere Seele zieht in dieſer Stunde und an dieſem Sarge. Freilich, wir müſſen ihn ſo oft ehrfurchtsvoll grüßen, den Allherrſcher, der ſein grauſes Zerſtörungswerk vollendet im Menſchenland. Aber hier haben wir Hoffnung gehabt, weil wir glaubten an die herrliche Lebenskraft, die in dem Manne loderte, den er uns genommen hat. Wie oft ſind unſere Gedanken hinausgeflogen in den letzten Tagen zum Krankenhaus! Wie oft ſind unſere Wünſche himmelwärts geſtiegen in der Hoffnung, daß er bleiben würde im Erdenland, daß auch an ihm wahr werden würde jenes wunderſame Pro⸗ phetenwort: Um den Abend wird es licht ſein. Wie oft haben wir aus tiefſter Seele um das Eine