— 16 — Zu Ehren des ſcheidenden Bürgermeiſters Matting fand am 28. September 1912 in den Feſtſälen des Rathauſes ein Abſchiedsmahl ſtatt, an dem außer den Mitgliedern der ſtädtiſchen Korperſchaften Abordnungen von ſtädtiſchen Beamten, Direktoren und Ober⸗ lehrern der höheren Lehranſtalten ſowie Rektoren, Lehrern und Lehrerinnen der Gemeinde⸗ ſchulen und Fortbildungsſchulen teilnahmen Als ſichtbares Zeichen dauernden Andenkens an Bürgermeiſter Matting beſchloſſen die ſtädtiſchen Körperſchaften, ſein Bildnis für das Rathaus von Künſtlerhand herſtellen zu laſſen. Am 30. Oktober 1912 wählte die Stadverordneten-Verſammlung den Stadt⸗ ſyndikus Dr. Maier zum Nachfolger Mattings. Die Wahl wurde durch Königlichen Erlaß vom 11. Dezember 1912 beſtätigt. Dr. Maier wurde am 17. Dezember 1912 durch Oberbürgermeiſter Schuſtehrus in ſein Amt mit folgenden Worten eingeführt: „Mein ſehr geehrter Herr Kollege! Seine Majeſtät der Kaiſer und König hat die von der Stadtverordnetenverſammlung auf Sie gefallene Wahl als Bürgermeiſter der Stadt Charlottenburg zu beſtätigen geruht, und es liegt mir nunmehr heute ob, Sie in Ihr neues Amt einzuführen. Sie haben, mein ſehr geehrter Herr Kollege, mehr als neun Jahre als Stadtſyndikus unſerer ſtädtiſchen Charlottenburger Verwaltung Ihr Amt geführt, und Sie haben ſich in dieſer Zeit in hohem Maße das Vertrauen der Stadtverordnetenverſammlung zu erringen gewußt. In welch hohem Maße, davon zeugt Ihre Wahl zum Bürgermeiſter und die Art, wie ſie vollzogen worden iſt. Ein Bürger⸗ meiſter nimmt in einem Magiſtratskollegium eine über die der übrigen Mitglieder hervorragende Stellung ein. Ein Bürgermeiſter muß, wenn er recht wirken ſoll, neben dem allſeitigen Vertrauen auch eine gewiſſe Autorität im Magiſtratskollegium beſitzen Wenn ein Mann neu und fremd in das Kollegium eintritt, ſo hat er ſich dieſe Autorität und dieſes Vertrauen zu erringen. Das haben Sie, mein lieber Herr Kollege, nicht mehr nötig; denn Sie beſitzen dieſes Vertrauen und dieſe Autorität in unſerm Magiſtratskollegium bereits in hohem Maße, Sie haben ſie ſich erworben in den neun Jahren Ihrer Tätigkeit als Syndikus durch Ihre Arbeit, die gegründet iſt auf hervorragende Kenntniſſe, nicht nur auf dem Gebiete des Rechts, ſondern auch auf dem Gebiete der Verwaltung. Sie haben ſie ſich erworben durch die Art Ihrer Arbeit, durch die objektive, ſachliche, ruhige, überlegte Art Ihrer Arbeit, die Sie immer mit weitem Blick die Dinge, die Ihnen in der Hand lagen, beurteilen ließ, und Sie haben ſie endlich erworben durch die Art Ihres Weſens, durch Ihren Charakter. Das hohe Vertrauen, das Ihnen die Stadtverordnetenverſammlung bei Ihrer Wahl entgegen⸗ gebracht hat, begrüßt Sie auch im Magaiſtrat, und ich kann im Namen des Magiſtrats und ſeiner Mit⸗ glieder die Ueberzeugung ausſprechen, die uns allen tief im Herzen wohnt, daß, wie Sie Ihr Amt als Syndikus ſegensreich geführt haben, Sie ſo auch Ihr Amt als Bürgermeiſter zum Segen der Stadt Char⸗ lottenburg und ihrer Bürgerſchaft, zum Segen des Magiſtrats und der Stadtverordneten führen werden. In dieſem Sinne heiße ich Sie im Namen der Verwaltung innig willkommen und begrüße Sie herzlich. Indem ich Ihnen die Abſchrift der Beſtätigungsurkunde Seiner Majeſtät des Kaiſers, das Schreiben des Herrn Regierungspräſidenten hierüber und die Anſtellungsurkunde der Stadt Charlotten⸗ burg überreiche, vervflichte ich Sie auf Ihr Amt un ter Hinweis auf den von Ihnen geleiſteten Amtseid. Und endlich, mein lieber Herr Kollege, lege ich Ihnen das Zeichen Ihrer neuen Würde, das Seine Majeſtät der Kaiſer dem Bürgermeiſter ſeiner Reſidenzſtadt Charlottenburg verliehen hat, dieſe Kette, um Ihre Schultern. — Es iſt eine ſchwere Laſt, die mit dieſer Kette auf den Schultern des Mannes ruht, der ſie trägt. Mögen Sie ſie immer gerne und freudig und mit Kraft tragen, und möge ſie Ihnen nie zu ſchwer werden!“ Namens der Stadtverordnetenverſammlung begrüßte Stadtverordneten⸗Vorſteher Kaufmann den neuen Bürgermeiſter: „Mein ſehr geehrter Herr Bürgermeiſter! Es iſt mir eine beſondere Freude, daß ich von dieſer Stelle noch die Ehre habe, Sie namens der Stadtverordnetenverſammlung zu begrüßen. In den neun Jahren, die wir zuſammen gearbeitet haben, hat ſich das Verhältnis zwiſchen Ihnen und der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung immer mehr zu einem glücklichen ausgeprägt, und wir haben in dieſer Spanne Zeit mit ſteigender Bewunderung neben Ihren juriſtiſchen Kenntniſſen Ihre allgemeine raſche Auf⸗ faſſungsgabe für alle Dinge, die außerhalb der Juftiz liegen, Ihre klare Vortragsweiſe und Ihre liebens⸗ würdigen Formen des Umgangs beobachtet. Das Verhältnis, das von Anfang an rein geſchäftsmäßig zwiſchen Ihnen und der Stadtverordnetenverſammlung war, hat ſich allmählich zu einem freundſchaft⸗ lichen geſtaltet. Der Ausfall der mit ſo großer Maiorität erfolgten Wahl hat Ihnen den Beweis dafür geliefert, daß Sie auf allen Seiten dieſes Hauſes ſich der gleichen Wertſchätzung zu erfreuen haben. Und wenn ich meinen Begrüßungsworten einen Wunſch hinzufügen darf, ſo iſt es der, daß dieſes Verhältnis ſich nicht nur erhalten, ſondern daß es ſich noch ſteigern möge. Selbſt wenn auch einmal in geſchäftlichen Dingen verſchiedene Auffaſſungen zwiſchen Ihnen und der Stadtverordnetenverſammlung ſich geltend machen ſollten — das kann naturgemäß bei Verwaltungsſachen immer vorkommen —, ſo wird doch die gegenſeitige Wertſchätzung darunter nicht zu leiden haben. Ich begrüße Sie in dieſem Sinne von ganzem Herzen und hoffe, daß das Verhältnis ſich dauernd immer freundſchaftlicher geſtalten möge.“ Bürgermeiſter Dr. Maier antwortete: „Sehr verehrter Herr Oberbürgermeiſter! Ihre herzlichen Worte haben mich aufrichtig erfreut und tief bewegt. Sie haben mir während meiner ganzen Amtsführung ein ſehr reiches Maß an Wohl⸗ wollen zuteil werden laſſen und haben dieſes Maß durch die freundlichen Worte, die Sie an mich ge⸗ richtet haben, heute überhäuft. Die Stellung, die ich künftig einnehmen ſoll, iſt nach ihrer Natur ge⸗ ſchaffen, um Sie zu entlaſten, um Sie zu unterſtützen. Sie ſind dieſe Entlaſtung und Unterſtützung ge⸗ wöhnt durch einen Mann, der heute eine hervorragende Stellung einnimmt. Mein ſehnlichſter Wunſch iſt, daß ich die Lücke, die durch ihn eingetreten iſt, ausfülle und daß ich die Erwartungen, die Sie auf mich ſetzen, in vollem Maße erfülle. Haben Sie herzlichen Dank! 2 2 Sehr verehrter Herr Stadtverordnetnvorſteher! Es iſt mir eine beſondere Genugtuung, daß ich die Ehre habe, noch unter Ihrem Vorſteheramt, das ſie im Begriffe ſind, niederzulegen, eingeführt zu werden in mein neues Amt. Ihr Vertrauen während meiner faſt zehnjährigen Tätigkeit in Char⸗ lottenburg hat mir meine Arbeit und Tätigkeit leicht gemacht und hat mir die Erfolge meiner Tätigkeit mit ſchaffen helfen. Haben auch Sie herzlichen Dank! Ich will hoffen, daß Sie auch ſpäter noch mit mir zuſammen arbeiten und daß das Vertrauensverhältnis, das zwiſchen Ihnen und mir beſtanden hat, auch weiterhin beſtehen möge.