— 181 — 15. Das Ledigenheim. Nach dem Geſchäftsbericht der Volkshotel⸗Aktien⸗Geſellſchaft „Ledigenheim“ iſt das Betriebsergebnis des verfloſſenen Berichtsjahres, trotz eines durch Kursrückgang von Effekten entſtandenen größeren Verluſtes (2437,50 %ℳ), als durchaus günſtig zu bezeichnen. Gegen das Vorjahr ergibt ſich noch ein Mehrertrag von 657 cf. Das Haus war vom 1. Jannar bis 31. Dezember 1912 dauernd beſetzt. Einige Zimmer wurden auch auf Tage und Wochen vermietet. Im Betriebsjahre 1912 wohnten 878 Mieter im Heim, davon 11 bereits ſeit deſſen Eröff⸗ nung, 234 über ein Jahr, 134 6 bis zu 12 Monaten, 223 2 bis 5 Monate, 75 einen Monat, 144 mehr als einen Tag bis zu einem halben Monat und 57 einen Tag. Die Mieter ſetzten ſich vorwiegend aus gelernten Arbeitern und Handwerkern (366), ungelernten Arbeitern (114) und Handlungsgehilfen (185) zuſammen; doch befanden ſich auch Beamte, Studenten, Ingenieure u. a. darunter. Die meiſten der Mieter (580) ſtanden im Alter von 21—40 Jahren, 108 waren noch nicht 20 Jahre alt, während 174 über 40 bis zu 70 Jahren und 16 über 70 Jahre waren. E. Wohnungsamt. 1. Die Wohnungsaufſicht. In dem vor einem Jahr veröffentlichten erſten Bericht über die Ergebniſſe der Wohnungsaufſicht konnte eingangs erwähnt werden, daß die Hoffnungen und Erwartungen, welche man mik der Tätigkeit des Wohnungsamts bei ſeiner Einrichtung verknüpft hatte, nicht ent⸗ täuſcht worden ſeien. Die gleiche Feſtſtenung kann auch im Eingang dieſes vorliegenden, zweiten Berichts gemacht werden. Es erſcheint um ſo wichtiger, das ausdrücklich feſtzuſtellen, als nunmehr nach einem Zeitraum von zwei Jahren hinreichende Erfahrungen geſammelt worden ſind und ſo viel Uberſicht gewonnen iſt, um der Zuverſicht Ausdruck verleihen zu dürfen, daß einer ruhigen, ſtetigen Weiterarbeit und Weiterentwicklung des Wohnungsamts und der Woh⸗ nungsaufſicht im beſonderen unüberwindliche Hinderniſſe nicht mehr in den Weg treten werden. Sowohl in den Kreiſen der Mieter als auch in den Kreiſen der Hauseigentümer iſt das Ver⸗ trauen zum Wohnungsamt und auf die Sachlichkeit ſeiner Arbeit weiter geſtiegen. So haben im Berichtsjahre 68 Mieter (gegen 32 im Vorjahre) und 21 (12) Vermieter das Amt um ſein Eingreifen erſucht. In einem Falle ging ein Hausbeſitzer das Wohnungsamt in einem Streit⸗ fall mit einem Mieter um ſeine Vermittlung an; der Fall konnte zur Zufriedenheit beider Teile erledigt werden. Auch die Zahl der Fälle, in denen ſich Perſonen, Mieter ſowohl wie Vermieter, Rat ſuchend oder Auskunft erbittend an das Wohnungsamt wendeten, iſt im Berichtsjahre gans bedeutend geſtiegen. Nach allem erſcheint der Schluß nicht unberechtigt, daß auch in denjenigen Kreiſen, welche ſich dem Wohnungsamt von vornherein vollſtändig ablehnend gegenüberſtellen zu müſſen glaubten, der Widerſtand mehr und mehr ſchwindet. Es kann eben ſelbſt in dieſen Kreiſen nicht geleugnet werden, daß das Wohnungsamt nicht irgendwie einſeitig oder vor⸗ eingenommen, ſondern vollkommen objektiv vorgeht, und in denjenigen Fällen, in denen es Auflagen zu machen ſich veranlaßt ſieht, ſtets die berechtigten Intereſſen der Betroffenen, ſoweit es ſich irgend mit ſeinen Aufgaben verträgt, berückſichtigt. So kann denn erfreulicherweiſe feſt⸗ geſtellt werden, daß auch im abgelaufenen Jahre die Eigentümer ſich in überwiegender Zahl freiwillig bereit erklärt haben, den Wuͤnſchen des Wohnungsamts Rechnung zu tragen, und daß auch die Mieter den Anregungen des Wohnungsamts in der großen Mehrzahl aller Fälle, in denen die Abſtellung des Mangels erfolgen konnte, freiwillig Folge geleiſtet haben. Wie im Vorjahre, ſo überwiegen auch wieder im Berichtsjahre bei weitem diejenigen Mängel, welche ſich auf die Art der Benutzung der Wohnungen beziehen, die alſo dem Woh⸗ nungsinhaber zur Laſt fallen. Seinem oberſten Grundſatz, durch Erziehung zu wirken, folgend, hat das Wohnungsamt daher 5 das Verſtändnis für den Wert einer geſunden, gut gehaltenen und verſtändig benutzten ohnung ſchon bei der IJugend erwecken zu ſollen. Es hat darum durch Vermittlung der Schuldeputation und der Deputation für die Fort⸗ bildungsſchulen mehrere hundert Druckſtücke, welche in überſichtlicher Form das Wichtigſte über die Organiſation der Wohnungspflege in Charlottenburg ſowie die Grundſätze über die Be⸗ chaffenheit und die Art der Benutzung der Wohnungen enthalten, an die Lehrer der Gemeinde⸗ chulen und der Fortbildungsſchulen für männliche und weibliche Perſonen zur Beſprechung in den Unterrichtsſtunden verteilt. Schon in dem vorjährigen Bericht iſt darauf hingewieſen worden, daß das in den Grundſätzen des Wohnungsamts vorgeſehene Zuſammenarbeiten mit den übrigen ſtädtiſchen und privaten Fürſorge⸗ und Wohlfahrtseinrichtungen, das auch im Berichtsjahre wieder zu ſehr erfreulichen Ergebniſſen geführt hat, zum weiteren Ausbau nötige. So ſind die Grundſätze der Deputation für die Waiſenpflege für die Vergebung von Pflegeſtellen mit den Grundſätzen des Wohnungsamts in Übereinſtimmung gebracht worden. Ebenſo iſt das Zuſammenarbeiten des Wohnungsamts mit dem ſtädtiſchen Fürſorgeamt für Lungenkranke und mit der Lungen⸗ kranken⸗Fürſorge vom Roten Kreuz geregelt worden, wobei beſonders dem Ubelſtande des Ein⸗ greifens von zwei verſchiedenen Seiten her vorgebeugt wurde. Uber die allgemeine Tätigkeit iſt endlich noch zu berichten, daß das Wohnungsamt in mehreren Fällen um Gutachten über einſchlägige Fragen (z. B. über die Anrechnung von Flächen von Küchenbalkonen auf die bebaute Fläche, über die Anlage von Aborten in Bade⸗ räumen uſw.), zum Teil auch von auswärtigen Verwaltungen, angegangen worden iſt.