— 193 — belegt geweſen. In den Einzelwohnungen des Obdachs haben 58 Familien mit 162 Angehörigen (gegen 39 mit 109 im Vorjahre) Aufnahme gefunden, in dem gemeinſamen Familienobdach mit Verpflegung, in das die exmittierten Familien in der Regel zunächſt für die erſten 4 Wochen aufgenommen werden, haben insgeſamt 143 Familien mit 406 Perſonen und 12 297 Verpflegungstagen (gegen 7511 im Vorjahre) Aufnahme erhalten. Noch ſtärker iſt die Inanſpruchnahme des Nachtobd achs gewachſen, obwohl nur ſolche Perſonen hier Aufnahme finden, die durch eine amtliche Beſchei⸗ nigung den Nachweis erbringen, daß ſie unmittelbar vorher in Charlottenburg gewohnt haben und hier obdachlos geworden ſind. Während im Vorjahre 3964 Männer aufgenommen wurden, ſtieg die Zahl der Männer im Berichtsjahre auf nicht weniger als 8100. Die tägliche Durch⸗ ſchnittsbewegung ſtellte ſich für das Nachtobdach auf 2,19 Männer und 1,21 Frauen, der Verpflegungsſatz im Familienobdach für den Tag und Kopf auf 59 Pfg., beim Nachtobdach für Morgen⸗ und Abendkoſt auf 20 Pfg. In der im Obdach eingerichteten beſonderen Abteilung für IJugendliche, die auf Veranlaſſung des Jugendgerichts oder der Jugendgerichtshilfe aufgenommen werden, fanden 9 männ⸗ liche und 1 weiblicher Jugendlicher mit insgeſamt 447 Verpflegungstagen Aufnahme. Sie wurden durch die Jugendgerichtshilfe ihren Angehörigen zugeführt oder in Stellung gebracht. Die ſtarke Belegung aller Räume des Obdachs ließ es notwendig erſcheinen, Vorkehrungen zu treffen, um den Ausbruch anſteckender Krankheiten und die dadurch möglicherweiſe eintretende In⸗ fizierung der ganzen Anſtalt nach Möglichkeit zu verhindern. Auf Antrag des Stadtarztes Hörder, dem bei ſeiner Wahl zum Stadtarzt auch die hygieniſche Überwachung des ſtädtiſchen Obdachs als Hausarzt dieſer Anſtalt übertragen wurde, wurde deshalb im Berichtsjahre eine kleine Beobachtungs⸗ abteilung eingerichtet, in die alle einer anſteckenden Krankheit verdächtigen Kinder zunächſt über⸗ wieſen werden. Auch die von der Stadt eingerichtete und vom Berliner Frauenverein gegen Alkoholismus E. V. für Rechnung der Stadt betriebene ſt ädtiſche Wärmehalle, die im Laufe des Jahres von ihrem bisherigen Platz nach dem Charlottenburger Ufer 49 verlegt wurde, iſt außerordentlich ſtark in Anſyruch genommen worden. Sie konnte im Berichts jahre erſt am 24. Dezember eröffnet werden, weil ſie, an der neuen Stelle nahezu fertiggeſtellt, im Innern ausbrannte, und iſt nur bis zum 17. März 1913 in Betrieb geweſen. Nach den vorgenommenen Zählungen iſt ſie in dieſer kurzen Zeit von an⸗ nähernd 10 000 PNerſonen beſucht geweſen. Die Geſamtausgaben für den Betrieb haben 1836,32 M. betragen, während an Marken für Speiſen und Getränke 846,87 M. vereinnahmt wurden, ſo daß wäh⸗ rend der Betriebszeit ein ſtädtiſcher Zuſchuß von 989,45 M. erforderlich war. Einſchließlich 1909 Frei⸗ portionen ſind insgeſamt 28 240 Portionen der verſchiedenſten Lebensmittel verabreicht worden. 12 Auf dem Gebiete der ärztlichen Verſorgung der Armen iſt folgendes hervor⸗ zuheben. Die Inanſpruchnahme der Stadtärzte zeigt gegen das Voriahr eine kleine Verminderung, deren Gründe ſich, zumal ſich die Bevölkerung um etwa 10 000 erhöht hat und die Armenpflege im übrigen auf allen Gebieten ſonſt erhöht in Anſpruch genommen worden iſt, nicht klar erſehen laſſen. Während im Vorjahre 9812 Kranke in die Behandlung der Stadtärzte kamen, iſt die Zahl im Berichtsjahre auf 9690 herabgeſunken, und ebenſo hat ſich die Zahl der Beſuche von 6200 auf 6093 vermindert. während die der Konſultationen in der Sprechſtunde von 34 136 auf 35 071 geſtiegen iſt. Der Stadtaugenarzt iſt dagegen von 819 Perſonen (gegen 638 im Vorjahre) in Anſpruch genommen worden. Auf Grund des mit den hieſigen Krankenkaſſen ſeit einer Reihe von Jahren getroffenen Abkommens ſind im Berichtsjahre 173 (im Vorjahre 135) ausgeſteuerte, aber noch nicht wiederhergeſtellte Kaſſenmitglieder zur unentgeltlichen Weiterbehandlung an die Stadtärzte überwieſen worden, von denen 88 davon Gebrauch gemacht haben. An Koſten für Medikamente ſind für ſie 148,92 ℳ entſtanden. Während es bisher den Stadtärzten überlaſſen war, Spezialärzte aus allen Gebieten nach ihrem pflichtmäßigen Ermeſſen zuzuziehen, wenn dieſe bereit waren, zu den Mindeſtſätzen der Medizinaltare zu behandeln, iſt mit dem Schluß des Berichtsjahres hier eine Anderung inſofern eingetreten, als ein feſt beſoldeter Spezialarzt für Hals⸗ Naſen⸗ und Ohrenleiden angeſtellt worden iſt. 7 Von Neuerungen auf ſozial⸗ärztlichem Gebiet iſt außer den ſchon erwähnten nur noch hervorzuheben, daß die ärztliche Aufſicht über die ſtädtiſchen Pflegekinder, Haltekinder und unter Generalvormundſchaft ſtehenden Mündel bis zum vo llendeten 2. Lebensjahre aus⸗ ſchlie ßlich den Säuglingsfürſorgeſtellen übertragen worden iſt, deren Schweſtern für dieſe ganze Zeit an die Stelle der ehrenamtlichen Waiſenpflegerinnen treten. Nach Schluß des Berichtsjahres iſt ferner angeordnet worden, daß alle in Heilſtätten zu überweiſenden Kinder vor der Entſendung in Heilſtätten zahnärztlich in der ſtädtiſchen Schulzahnklinik behandelt werden. Die Stadtärzte ſind auch im Berichtsjahre zu regelmäßigen Beſprechungen unter Leitung des Dezernenten zuſammengetreten, in denen über gewiſſe Punkte allgemeine Grundſätze vereinbart und alle Arzte intereſſierende Fragen beſprochen worden ſind. Auch in dem Berichtsiahre hat die Armenverwaltung auf dem Gebiet der Kranken⸗ haus⸗ und Heilſtättenbehandlung eine umfaſſende Tätigkeit entwickelt. In den ſtädtiſchen Kran kenhäuſern ſind für Rechnung der Armenverwaltung 3850 Perſonen mit einem Geſamtaufwand von 374 746 M. aufgenommen worden. Die Berechnung erfolgt in der Weiſe, daß alle Koſten, die nicht von anderer Seite gedeckt werden, als Armenkoſten angeſehen und auf den Armenetat übernommen werden. Im Krankenhaus Nor dend (für lungenkranke Frauen) ſind für Rechnung der Armenverwaltung 151 Frauen mit einem Koſtenaufwand von 56 082,60 M. ver⸗ pflegt worden, in der Charlottenburger Säuglingsklinik 27 Säuglinge, die 39 180 M. Koſten verurſacht haben, im Kaiſerin Auguſte⸗Viktoria⸗Haus 284 Säuglinge und Mütter mit 32 775,25 M. Koſten. Im Säuglingsheim Weſtend ſtehen der Verwaltung auf Grund des der Anſtalt von der Stadt gewährten Zuſchuſſes 9000 freie Verpflegungstage für Mütter und Säuglinge zur Verfügung, die voll in Anſpruch genommen worden ſind. In dem Heim für erblich belaſte te Kinder in Friedrichshagen, dem Säuglinge zu einem Aufenthalt bis zum vollendeten 4. Jahre über⸗ wieſen werden, haben ſich drei Kinder für unſere Rechnung befunden, die im Berichtsjahre einen Koſten⸗ 25