251 — 2 Außer den in den früheren Kurſen durchgeführten Belehrungen über richtige Er⸗ nährung, Sparſamkeit bei der Verwendung von Rohſtoffen und in der Arbeit, über Behandlung und Vorteile der Kochkiſte, des Gasherdes und des Geſchirrs, war für zwei Abende Obſt⸗ und Gemüſeverwertung als Aufgabe geſtellt; der dritte Abend galt wieder den Seefiſchen. 2 Die Teilnehmerinnen gehörten auch diesmal hauptſächlich der weniger bemittelten Be⸗ völkerung und dem kleinen Mittelſtande an. Zumeiſt waren es Hausfrauen; mehrmals kamen Mutter und Tochter zugleich. Luſt zur Arbeit und zum Lernen konnte bei faſt allen Teilnehme⸗ rinnen beobachtet werden, auch wurde den Lehrerinnen großes Vertrauen entgegengebracht, ſo daß zwiſchen ihnen und den Schülerinnen überall ein gutes Einvernehmen herrſchte. Von der Einrichtung der Entnahme von Rohſtoffen — in der Regel im Gewichte bis zu 2 Pfd. von jeder Sorte — haben die Fräuen gern Gebrauch gemacht. Die Kurſe haben rund 1500 ℳ gekoſtet. Von der Abhaltung neuer Kurſe wird bis auf weiteres abgeſehen, weil die zuletzt nach⸗ laſſenden Meldungen zeigten, daß zurzeit dem Bedürfnis genügt war. Die Volkskaffee⸗ und Speiſehalle. Die am 14. April 1912 im Hauſe Grünſtraße 16 eröffnete Speiſehalle hatte ſich eines ſehr regen Beſuches zu erfreuen, ſo daß die von der Stadt zur Verfügung geſtellte Garantieſumme von 5000 % nicht beanſprucht wurde. Die Anregung der Deputation, auch im Norden der Stadt eine Halle zu errichten, konnte nicht verwirklicht werden, weil die Volkskaffee⸗ und Speiſehallen⸗Geeſellſchaft die Tätigkeit der dort vielfach beſtehenden Fabrikkantinen zu berückſichtigen hatte und infolgedeſſen eine er⸗ hebliche Garantie von der Stadt forderte. Da dieſer Forderung nicht entſprochen werden konnte, nahm die Geſellſchaft von der Errichtung einer Speiſehalle im Norden der Stadt Abſtand. Die Zweigſtelle der Volksküche des Vaterländiſchen Frauen⸗ Vereins. Die Einrichtung der Zweigſtelle der Volksküche des Vaterländiſchen Frauen⸗ Vereins im Hauſe Neue Chriſtſtr. 5 war als eine Maßnahme zur Linderung vorüber⸗ gehender Teuerungszuſtände gedacht. Es wurde dem Vaterländiſchen Frauen⸗Verein zum Betrieb dieſer Einrichtung eine Beihilfe von 1000 % zunächſt auf ein Jahr nud zwar bis 1. Oktober 1912 bewilligt. Die Zweigſtelle hatte ſich zwar bald nach der Errichtung eines regen Zuſpruchs zu erfreuen, nach Eröffnung der Speiſehalle in der Grünſtraße nahm jedoch die In⸗ anſpruchnahme merklich ab, ſo daß der Betrieb nur unter Aufwendung erheblicher Zuſchüſſe möglich war. Sie wurde daher am 1. April 1913 geſchloſſen, nachdem dem Vaterländiſchen Frauen⸗Verein noch eine Beihilfe von 500 % für das Halbjahr Oktober 1912,April 1913 be⸗ willigt worden war. Als neue und zugleich wichtigſte Maßnahme zur Bekämpfung der Fleiſchteuerung iſt im Berichtsjahre der Verkauf des ausländiſchen Fleiſches zu bezeichnen. Nachdem die Königliche Staatsregierung in dem Erlaß vom 28. September 1912 für große Städte die Einfuhr von friſchem Rind⸗ und Schweinefleiſch aus beſtimmten Ländern zu⸗ gelaſſen und der Bundesrat für Gemeinden, welche ſich bereit erklärten, friſches und gefrorenes Fleiſch aus dem Ausland für eigene Rechnung zu beziehen und zu angemeſſenen Preiſen an die Verbraucher abzugeben, eine Herabſetzung der Eingangszölle bewilligt hatte, beantragte der Ma⸗ giſtrat Berlin ſofort beim Miniſter für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten die Genehmi⸗ gung zum Bezug dieſes Fleiſches. In dieſes Geſuch hatte Berlin in dankenswerter Weiſe auch die Vororte eingeſchloſſen. Das Miniſterium erteilte bereits am 3. Oktober grundſätzlich die nach⸗ geſuchte Genehmigung zur Einfuhr von friſchem Rindfleiſch aus dem europäiſchen Rußland und von friſchem Schweinefleiſch aus Rußland, Serbien, Rumänien und Bulgarien. Die Einfuhr von lebenden Schlachtrindern aus den Niederlanden wurde nur für den Weſten Deutſchlands geſtattet, dagegen für Berlin und deſſen Vororte abgelehnt. Die Genehmigung zur Einfuhr wurde an die Bedingung geknüpft, daß die Stadtverwaltungen das Fleiſch ohne jeden Gewinn für die Stadtkaſſe lediglich zum Selbſttoſtenpreiſe entweder an die Verbraucher ſelbſt oder an Schlächter oder ſonſtige Fleiſchverkäufer zum Zwecke des unmittelbaren Weiterverkaufs abgeben. Zu den Selbſtkoſten ſollten nur die Erſtehungskoſten, nicht aber etwaige anteilige Verwaltungs⸗ koſten gerechnet werden. Beim unmittelbaren Verkauf durch die Städte durften noch die Ver⸗ triebskoſten, beim Verkauf durch Fleiſcher konnte ein dieſen zugebilligter, der Sachlage angemeſſener Gewinn den Selbſtkoſten zugeſchlagen werden. Die Verkaufspreiſe und Verkaufsſtellen waren öffentlich bekanntzumachen, die Innehaltung der Preiſe im Kleinhandel mußte angemeſſen über⸗ wacht werden. Die ſtädtiſchen Körperſchaften waren zwar der Überzeugung, daß die von der Regierung vorgeſchlagenen Maßnahmen als ein ausreichendes Mittel zur Minderung einer auch nur vor⸗ übergehenden Fleiſchnot nicht angeſehen werden konnten, ſie hielten es aber trotzdem für not⸗ wendig, zu verſuchen, ob und inwieweit die erteilte Genehmigung für die Bevölkerung nutzbar zu machen ſei, und ſtellten zur Durchführung dieſer Maßnahme einen Betrag bis zu 100 000 % aus dem Dispoſitionsfonds zur Verfügung. Es wurde beſchloſſen, gemeinſam mit Berlin den Bezug und die Abgabe des Fleiſches vorzunehmen. Inzwiſchen hatte der Magiſtrat Berlin bereits Schritte zum Bezug von Fleiſch aus dem Ausland getan und ſich bereit erklärt, Charlottenburg an den eintreffenden Waren zu be⸗ teiligen. Da wegen der politiſchen Wirren die Balkanländer als Bezugsquellen fortfielen und nur noch Rußland in Betracht kam, wurde ein Lieferungsabkommen geſchloſſen, nach dem vom 1. November ab allwöchentlich 3000 Zentner friſches Fleiſch und zwar Rind⸗ und Schweinefleiſch zu gleichen Teilen in guter Mittelqualität im Zentralviehhof zu Berlin zur Abgabe kommen 32