— 232 ſollten. Der Magiſtrat von Berlin knüpfte an die Einbeziehung der Vororte die Bedingung, daß die Abnehmer des Fleiſches an den entſtehenden Koſten im Verhältnis zur Größe ihres Be⸗ zugsanteils ſich beteiligten, er geſtand andererſeits dieſen Gemeinden das Recht des Rücktritts unter den gleichen Bedingungen zu, die er ſelbſt ſeinen Lieferanten gegenüber ſich vertragsmäßig hatte zuſichern laſſen. Die entſtehenden Untoſten ſollten ſich hauptſächlich zuſammenſetzen aus den Ausgaben für die Errichtung eines einfachen Schlachthauſes in Warſchau, die auf etwa 20000 ℳ veranſchlagt waren, und aus den Ausgaben für einen Tierarzt und zwei Kaſſenbeamte, die den Lieferanten beizugeben waren, ferner aus dem Schaden, welcher beim Transport des lebenden Viehs bis zur Schlachtung und bei der Beanſtandung nach dem Schlachten entſtand. Charlottenburg meldete einen Anteil von 240 Zentnern für die Woche an und behielt ſich vor, dieſes Fleiſch im ganzen vom Zentralviehhof nach Charlottenburg auf eigene Koſten zu entnehmen und hier an die Verbraucher mittelbar oder unmittelbar abzugeben. Während Berlin zunächſt den Verkauf in ſeinen Markthallen durch eigens angeſtellte Verkäufer unter beſtimmten Bedingungen bewerkſtelligte, wurde hier beſchloſſen, das Fleiſch durch Vermittlung der Schlächter an die Verbraucher abzugeben. Die Fleiſcher erklärten ſich grund⸗ ſätzlich bereit, den Vertrieb zu übernehmen; ſie wählten eine Kommiſſion von / Mitgliedern, die faſt alle kein Geſchäft mehr hatten und der ſtädtiſchen Verwaltung bei der Beratung rein fach⸗ männiſcher Fragen ſich zur Verfügung ſtellten und bei der Abnahme des Fleiſches, bei der Be⸗ ſtimmung des Preiszuſchlages und der Kontrolle mitzuwirken bereit waren. Der ſo organiſierte Fleiſchverkauf begann am 22. Oktober 1912. Es wurde durch⸗ 1½. zweimal wöchentlich das Fleiſch auf dem Zentralviehhof in Berlin empfangen; der erkauf an die hieſigen Schlächter fand im ſtädtiſchen Fleiſchſchauamt ſtatt. Bis zum Schluſſe des Kalenderjahres ſind an ſie wöchentlich durchſchnittlich 150 bis 200 Zentner Fleiſch abgegeben worden. Die neue Einrichtung konnte ſchnell eingeführt werden; wenn hierbei ſtörende Zwiſchen⸗ fälle durch Fleiſcher oder Käufer ausblieben, ſo hat hierzu die ehrenamtliche Mitarbeit der Kom⸗ miſſion der Fleiſcherinnung ſehr viel beigetragen, welche ſich den freiwillig übernommenen Aufgaben ſtets bereitwilligſt unterzog und der die ſtädtiſche Verwaltung für ihren ſachverſtändigen Rat zu großem Dank verpflichtet iſt. Mit Beginn des Jahres 1913 ließ der Bezug durch die Schlächter weſentlich nach und ſank mit Ende Januar auf 50— 60 Zentner in der Woche. Die Zahl der Fleiſch abnehmenden Schlächter fiel von urſprünglich etwa 60 ſchließlich auf 12—15. Die Fleiſcher erklärten bei den wiederholten Prüfungen der Sachlage den Rückgang damit, daß die Nachfrage des Publikums nach ruſſiſchem Fleiſch faſt vollſtändig aufgehört habe. Tatſächlich aber hatten die Schlächter durch ihr eigenes Verhalten zu dieſem Rückgang in mehr oder weniger großem Umfang beigetragen. Aus zahlreichen Beſchwerden hieſiger Einwohner ging hervor, daß das ruſſiſche Fleiſch bei den meiſten Schlächtern entweder überhaupt nicht käuflich zu haben war, oder daß andere Fleiſcher den Käufern direkt von dem Bezug dieſes Fleiſches abrieten. Daß aber im Gegenſatz zu den falſchen Behauptungen der Fleiſcher eine ſtarke Nachfrage nach dieſem Fleiſche vorhanden war, zeigte ſich bald. Die Stadt ſah ſich nämlich genötigt, die übrig bleibenden Stücke, deren Zahl von Woche zu Woche wuchs, durch die von ihr angenommenen Fleiſcher zer⸗ teilen zu laſſen und durch beſondere Verkäufer in kleineren Stücken von einem oder mehreren Pfunden an die Bevölkerung im Fleiſchſchauamt unmittelbar zu verkaufen. Bei dieſen Verkäufen fanden in den wenigen Stunden eines einzigen Verkaufstages 30 bis 35 Zentner Fleiſch an viele Hunderte von Käufern ſchnellſten Abſatz. Dieſe Beobachtungen veranlaßten eine ſchleunige Anderung des bisherigen Verfahrens; für die Notwendigkeit einer ſolchen ſprach ſchließlich noch folgendes: Nach den Beſtimmungen über die Abgabe des ruſſiſchen Fleiſches war die Stadt für die Einhaltung der Bedingungen über den Verkaufspreis, die getrennte Auf⸗ bewahrung des Fleiſches und andere Vorſchriften verantwortlich; bei den vom Magiſtrat ge⸗ troffenen Maßnahmen der Uberwachung durch die ſtädtiſchen Tierärzte ergab ſich aber ebenſo wie aus zahlreichen Beſchwerden, daß ein ſicheres Urteil, ob die Fleiſcher dieſe Bedingung ein⸗ hielten, mit Sicherheit nicht zu gewinnen war, Da der Magiſtrat Berlin unterm 24. Januar 1913 zur Abnahme der vertraglich ver⸗ pflichteten Menge mit dem Hinweis aufforderte, daß die Stadt für das nicht abgenommene und dadurch etwa verderbende Fleiſch aufkommen müßte, und da die Schlächter uns zuletzt faſt voll⸗ ſtändig im Stich gelaſſen hatten, wurde nach Prüfung der Rechtslage beſchloſſen, der Konſum⸗ genoſſenſchaft Berlin und Umgegend den Verkauf des Fleiſches auf der Grundlage eines beſonderen Vertrages zu übertragen. Gleichzeitig wurde der Wochenbedarf für Charlottenburg von 240 auf 120 Zentner herabgeſetzt. Inzwiſchen hatte auch der Magiſtrat Berlin die Konſum⸗ genoſſenſchaft zum Verkauf des ausländiſchen Fleiſches herangezogen, und ſpäter folgten dieſer Maßnahme noch andere Vororte. Die Konſumgenoſſenſchaft hat dann auch bis Ende April 1913 in 6 Verkaufsſtellen durchſchnittlich 250— 300 Zentner Fleiſch wöchentlich verkauft. Mit Eintritt der wärmeren Jahreszeit ſank die Verkaufsmenge nach und nach bis auf rund 115 Zentner in der Woche. Bis zum Schluſſe des Berichtsjahres wurden verkauft: 94 474 kg ruſſiſches Rindfleiſch, 107 329 kg ruſſiſches Schweinefleiſch, 10 858 kg ruſſiſches Kalbfleiſch, 439 kg auſtraliſches Hammelfleiſch. Die Stadtgemeinde hat bei dem Fleiſchverkauf bisher 1163,43 ℳ zugeſetzt an Aus⸗ 1 1 0. den Transport, Löhnen für die angenommenen Fleiſcher, Ausgaben für den Ver⸗ trieb uſw.